4.1 Differentialquotienten
Übung 1
Seien (x1, y1), (x2, y2) ∈ ℝ2 mit x1 ≠ x2. Wir definieren g : ℝ → ℝ durch
g(x) = y2x2 − x1 (x − x1) + y1x1 − x2 (x − x2) für alle x ∈ ℝ. (Zweipunktdarstellung einer Geraden oder Lagrangesche Form)
Zeigen Sie, dass g die Gerade durch (x1, y1) und (x2, y2) ist. Interpretieren und visualisieren Sie g als Summe zweier Geraden.
Übung 2
Zeigen Sie, dass eine Funktion f : P → ℝ in p ∈ P genau dann differenzierbar ist, wenn die Funktion g = f − c in p differenzierbar ist, mit einer beliebigen Konstante c. Was bedeutet dies anschaulich?
Übung 3
Sei f : P → ℝ, und sei p ∈ P ein Häufungspunkt von P. Zeigen Sie, dass die folgenden Aussagen äquivalent sind:
(a) | f ist differenzierbar in p. |
(b) | Es gibt eine in p stetige Funktion s : P → ℝ mit f (x) = f (p) + s(x) (x − p) für alle x ∈ P. |
Zeigen Sie weiter, dass in diesem Fall s(p) = f ′(p) gilt.
Übung 4
Folgern Sie aus dem linearen Approximationssatz II, dass jedes reelle Polynom f : ℝ → ℝ differenzierbar ist.
Übung 5
Sei f : ℝ → ℝ eine gerade Funktion, d. h., es gilt f (−x) = f (x) für alle x ∈ ℝ. Zeigen Sie: Ist f differenzierbar im Nullpunkt, so gilt f ′(0) = 0.
Übung 6
Sei f : P → ℝ differenzierbar in p ∈ P. Sei a < f ′(p), und g sei die Gerade durch (p, f (p)) der Steigung a. Zeigen Sie, dass ein ε > 0 existiert mit:
f < g auf ] p − ε, p [ ∩ P,
g < f auf ] p, p + ε [ ∩ P.
Übung 7
Sei f : P → ℝ differenzierbar in p ∈ P. Für alle ε > 0 gebe es x, y in ] p, p + ε [ mit x, y ∈ P und f (x) ≤ f (p) ≤ f (y). Zeigen Sie, dass f ′(p) = 0.
Übung 8
(a) | Sei I ein offenes Intervall, und sei f : I → ℝ differenzierbar an einer Stelle p ∈ I. Zeigen Sie: f ′(p) = limh → 0 f (p + h) − f (p − h)2h. |
(b) | Zeigen Sie, dass der Limes in (a) für die Betragsfunktion abs : ℝ → ℝ und die Stelle p = 0 existiert. |
(c) | Geben Sie eine stetige Funktion f : ℝ → ℝ an derart, dass der Limes in (a) für p = 0 nicht existiert (mit Nachweis). |
Bemerkung
Dies zeigt, dass die symmetrisch differenzierbaren Funktionen auf ℝ eine echte Obermenge der differenzierbaren Funktionen auf ℝ und weiter eine echte Teilmenge der stetigen Funktionen auf ℝ sind.
Übung 9
Geben Sie eine Funktion f : ℝ → ℝ an, sodass für alle p ∈ ℝ gilt:
(a) | Es gibt eine Nullfolge (hn)n ∈ ℕ mit limn| f (p + hn) − f (p)hn | = ∞. |
(b) | Es gibt eine Nullfolge (kn)n ∈ ℕ mit limn f (p + kn) − f (p)kn = 0. |
Verstärkung: Geben Sie eine stetige Funktion f : ℝ → ℝ mit diesen Eigenschaften an.
Übung 10
Sei f : ℝ → ℝ definiert durch
Zeigen Sie, dass f im Nullpunkt differenzierbar ist mit f ′(0) = 1 und dass f in allen anderen Punkten nicht differenzierbar ist.
Übung 11
Sei f : ℝ → ℝ die Indikatorfunktion von ℚ auf ℝ, sodass
f (x) = 1 für alle x ∈ ℚ, f (x) = 0 für alle x ∈ ℝ − ℚ.
Zeigen Sie:
(a) | f ist an keiner Stelle p ∈ ℝ differenzierbar. |
(b) | Ist p rational, so ist f an der Stelle p symmetrisch differenzierbar. |
(c) | Ist p irrational, so ist f an der Stelle p nicht symmetrisch differenzierbar. |
Übung 12
Sei f : P → ℝ eine Funktion, und sei p ∈ P ein Häufungspunkt von P.
Für alle x ∈ P − { p } sei fp, x die durch p und x definierte Sekante von f, also die Gerade durch (p, f (p)) und (x, f (x)). Zeigen Sie, dass die folgenden Aussagen äquivalent sind:
(a) | f ist differenzierbar in p. |
(b) | Für alle gegen p konvergenten Folgen (xn)n ∈ ℕ in P konvergiert die Funktionenfolge (fp, xn)n ∈ ℕ in mindestens einem x ≠ p. |
Zeigen Sie weiter: Gilt (b), so ist der Grenzwert von (fp, xn)n ∈ ℕ die Tangente an f im Punkt (p, f (p)).