Die Körperaxiome

 Die grundlegenden algebraischen Operationen auf den reellen Zahlen sind die Addition und die Multiplikation. Dabei gelten für alle x, y, z  ∈   die folgenden Eigenschaften:

(K1)x + (y + z)  =  (x + y) + z, (Assoziativgesetz für die Addition)
(K2)x + 0  =  x, (Neutralität der Null)
(K3)es gibt ein x′ mit x + x′  =  0, (Existenz additiver Inverser)
(K4)x + y  =  y + x, (Kommutativgesetz für die Addition)
(K5)x · (y · z)  =  (x · y) · z, (Assoziativgesetz für die Multiplikation)
(K6)x · 1  =  x, (Neutralität der Eins)
(K7)x ≠ 0  impliziert  es gibt ein x′ mit x · x′ = 1, (Existenz multiplikativer Inverser)
(K8)x · y  =  y · x, (Kommutativgesetz für die Multiplikation)
(K9)x · (y + z)  =  (x · y)  +  (x · z), (Distributivgesetz)
(K10)0  ≠ 1. (Verschiedenheit der neutralen Elemente)

 Eine Menge K, die mit zwei Operationen +, · und zwei Konstanten 0, 1  ∈  K ausgestattet ist, heißt ein Körper, falls (K1) − (K10) erfüllt sind. Die Aussagen (K1) − (K10) heißen die Körperaxiome. Wir notieren einen Körper in der Form (K, +, ·, 0, 1) oder kurz als K, wenn die Operationen und die Konstanten klar sind. Die reellen Zahlen  bilden einen Körper. Auch  ist ein Körper, nicht aber  (da (K7) verletzt ist). Eine nichttriviale Überprüfung zeigt, dass auch die algebraischen Zahlen 𝔸 einen Körper bilden. Später werden wir mit den komplexen Zahlen  einen weiteren Körper kennenlernen, der  umfasst. Im Ausblick werden wir sehen, dass es auch endliche Körper gibt.

 Die systematische Untersuchung des Körperbegriffs ist Aufgabe der Algebra. Und genügt es, die obige Liste (K1) − (K10) als Essenz der für die rationalen und reellen Zahlen gültigen Rechengesetze anzusehen. Aus den Körperaxiomen ergeben sich alle vertrauten Regeln. Wir können mit ihrer Hilfe zeigen, warum „Minus mal Minus gleich Plus“ gilt, und warum wir durch das neutrale Element der Addition nicht teilen können. Auch die Rechenregeln für das Bruchrechnen und für Potenzen lassen sich beweisen. Wir diskutieren exemplarisch einige Folgerungen aus den Körperaxiomen, um die Idee der axiomatischen Beschreibung mathematischer Strukturen zu illustrieren.

 Im Folgenden sei K ein Körper, und x, x′, x″, y, z, … seien Körperelemente.