„Minus mal Minus gleich Plus“ und die Sonderrolle der Null
Der Leser erinnert sich vielleicht noch an seine ersten Erfahrungen mit der Multiplikation negativer Zahlen. Während (−3) · 5 = −15 in der Regel keine große Hürde darstellt, ist (−3) · (−5) = 15 nicht einfach einzusehen. Die Körperaxiome erlauben einen sehr schönen Beweis, warum Minus mal Minus gleich Plus sein muss, wenn wir möchten, dass die Rechengesetze gelten. Hierbei spielt das Distributivgesetz eine wichtige Rolle. Dies ist nicht überraschend, denn −x gehört zur Welt der Addition, sodass (−x) · (−y) beide Operationen involviert. Und das Distributivgesetz ist die − abgesehen von 0 ≠ 1 einzige! − Verbindung zwischen der Addition und der Multiplikation.
Für jedes x gilt x · 0 = x · (0 + 0) = x · 0 + x · 0. Die Kürzungsregel liefert
x · 0 = 0.(Multiplikation mit Null)
Seien x, y beliebig. Nach dem Distributivgesetz gilt:
x · (− y) + x · y = x · ((−y) + y) = x · 0 = 0,
sodass
x · (− y) = −(x · y).
Analog gilt (− x) · (− y) = − (x · (− y)). Damit erhalten wir
(−x) · (−y) = −(x · (−y)) = −(−(x · y)) = x · y.
Die Ausnahme der Null bei der Division lässt sich aus der Regel „Multiplikation mit Null“ ablesen: Wäre x multiplikativ invers zur Null, so wäre 0 = 0 · x = 1, im Widerspruch zu (K10). Kompakt notiert: Aus der Annahme 1 = 0 · x folgt
1 = 0 · x = (0 + 0) · x = 0 · x + 0 · x = 1 + 1,
also 0 = 1 nach der Kürzungsregel. Wollen wir also, dass 0 + 0 = 0, 0 ≠ 1 und das Distributivgesetz gelten, so kann die Null kein multiplikatives Inverses besitzen. Damit ist 0−1 nicht definiert. Weiter ist für jedes x auch x/0 = x · 0−1 nicht definiert. Positiv formuliert: Es ist schön, dass nur die Null eine Ausnahme darstellt und wir durch alle anderen Zahlen teilen können!
Die Elementarexegese von Strukturaxiomen wie (K1) − (K10) ist für Anfänger erfahrungsgemäß nicht einfach, und das zugehörige Training wird traditionell auch eher innerhalb der „Linearen Algebra“ absolviert. Insgesamt sind die Körperaxiome eine Errungenschaft. Wir brauchen keine Axiome für die Subtraktion und Division, diese Operationen sind höchst elegant in (K3) und (K7) integriert. Alle vier Grundrechenarten sind in zehn Axiomen eingefangen. Die Frage der Division durch 0 haben wir ohne „1/0 wäre unendlich groß“ und ohne den Graphen der Funktion f mit f (x) = 1/x für alle x ≠ 0 beantwortet. Die Argumentation stellt der Didaktik eine Grundlage zur Verfügung. Es ist die Antwort der Mathematik.