Die Unendlichkeitssymbole und uneigentliche Konvergenz

 Die Folgen (n)n  ∈  , (− n)n  ∈   und ((−1)n n)n  ∈   divergieren, weisen aber ein unterschiedliches anschauliches Divergenzverhalten auf: Die erste Folge strebt gegen plus unendlich, die zweite gegen minus unendlich, die dritte weder gegen plus noch minus unendlich. Dies wollen wir nun noch präzisieren. Generell ist es oft nützlich, die reellen Zahlen  um zwei symbolische Werte ∞ und − ∞, die formal nichts anderes sind als zwei beliebige neue Zeichen, zu erweitern.

Definition (erweitertes Kontinuum)

Wir setzen:

 =    ∪  { −∞, ∞ }, (erweitertes Kontinuum)

−∞  <  ∞,  −∞  <  x,  x  <  ∞ für alle x  ∈  ,
x  +  ∞  =   ∞,  x  −  ∞  =  −∞,  für alle x  ∈  ,
x/∞  =  x/−∞  =  0, für alle x  ∈  ,
x  ·  ∞  =  ∞,  x  ·  −∞  =  −∞, für alle x  ∈  ] 0, ∞ ],
x  ·  ∞  =  −∞,  x  ·  −∞  =  ∞, für alle x  ∈  [ − ∞, 0 [.

sup(∅)  =  −∞,  inf (∅)  =  ∞.

sup(X)  =  ∞ für alle nach oben unbeschränkten X ⊆ ,
inf (X)  =  −∞ für alle nach unten unbeschränkten X ⊆ .

 Die erweiterten reellen Zahlen bilden mit dieser Arithmetik keinen Körper. Speziell sind ∞ − ∞, −∞ + ∞, ∞ · 0 und −∞ · 0 nicht definiert. Der Leser beachte, dass sup(X) und inf (X) für alle Teilmengen von und damit für alle Teilmengen von  erklärt ist. Die Werte für ∅ sind natürlich, da −∞ die kleinste obere Schranke von ∅ und ∞ die größte untere Schranke von ∅ in  ist.

 Wir erweitern nun unsere Grenzwertdefinition nach :

Definition (uneigentliche Konvergenz, bestimmte Divergenz)

Eine Folge (xn)n  ∈   in heißt

(a)

uneigentlich konvergent oder bestimmt divergent gegen ∞, in Zeichen limn xn = ∞, falls

∀k ∃n0 ∀n ≥ n0 xn ≥ k,

(b)

uneigentlich konvergent oder bestimmt divergent gegen −∞, in Zeichen limn xn = − ∞, falls

∀k ∃n0 ∀n ≥ n0 xn ≤ − k.

Beispiele

(1)

limn 2n  =  ∞,  limn − 2n  =  −∞,  limn ≥ 1 (1/n + ∞)  =  limn ∞  =  ∞.

(2)

limn (−2)n existiert weder eigentlich noch uneigentlich.

 Die Limesregeln gelten auch für Folgen in , sofern die Ausdrücke definiert sind. So gilt zum Beispiel:

limn xn  =  ∞  und  limn yn  =  −∞  impliziert  limn xn yn  =  −∞.

Beispiele

(1)

−∞ · −∞  =  (limn −n) (limn −n)  =  limn (− n)2  =  limn n2  =  ∞.

(2)

Gilt limn xn = ∞ mit xn ≠ 0 für alle n, so gilt limn 1/xn = 0.

(3)

Gilt limn xn = 0 mit xn > 0 für alle n, so gilt limn 1/xn = ∞.

Das Unendlichkeitssymbol in

 Für die komplexen Zahlen ist mangels einer linearen Ordnung eine Unterscheidung in +∞ und −∞ nicht mehr sinnvoll. Man betrachtet hier nur noch einen symbolischen Wert ∞ und definiert

 =    ∪  { ∞ }, (erweiterte komplexe Zahlenebene)

eine geeignete Arithmetik für in Anlehnung an die von sowie

limn zn  =  ∞,  falls  ∀k ∃n0 ∀n ≥ n0 |zn| ≥ k

für eine Folge (zn)n  ∈   in .

Beispiele

(1)

limn (2 i)n  =  limn n  =  limn −n  =  limn (−1)n n  =  ∞.

(2)

limn (−1)n und limn in existieren nicht in .

 Die für  und  unterschiedliche Bewertung von Folgen wie ((−1)n n)n  ∈   führt aber in der Regel nicht zu Fehlern. Wer unzweideutige Notationen bevorzugt, kann mit drei verschiedenen Unendlichkeitssymbolen arbeiten:

+∞, −∞  für  ,  ∞  für  .

In jedem Falle gilt nicht mehr, dass  ⊆ .

 Die erweiterte komplexe Zahlenebene kann man sich als Zahlenkugel vorstellen. Wir diskutieren dies in den Ergänzungen E4.