Teilfolgen

 Zuweilen ist es von Interesse, von einer Folge (xn)n  ∈   nur jedes zweite Glied zu betrachten. Allgemeiner können wir unendlich viele „interessante“ Indizes vorgeben und dann die Folge auf diese Indizes reduzieren. Formal können wir diese Ausdünnung wie folgt fassen:

Definition (Teilfolge einer Folge)

Sei (xn)n  ∈   eine Folge, und sei (in)n  ∈   eine streng monoton steigende Folge in . Dann heißt die Folge (yn)n  ∈   mit

yn  =  xin  für alle n

die durch die Indexfolge (in)n  ∈   definierte Teilfolge von (xn)n  ∈  .

 Die durch eine streng monoton steigende Indexfolge (in)n  ∈   definierte Teilfolge können wir einfach notieren als (xin)n  ∈  . Üblich ist daneben auch die Notation (xi(n))n  ∈  , die aus Gründen der besseren Lesbarkeit einen doppelten Index vermeidet. Nutzen wir, dass Folgen Funktionen sind, so können wir schreiben:

(yin)n  ∈    =  (xn)n  ∈    ∘  (in)n  ∈  .

Die Teilfolgen von (xn)n  ∈   entstehen also durch die Verknüpfung der Folge mit einer streng monotonen Folge in .

Beispiele

(1)

(1/2, 1/3, 1/4, …) ist eine Teilfolge von (1, 1/2, 1, 1/3, 1, 1/4, 1, …). Die definierende Indexfolge (1, 3, 5, 7, …) ist eindeutig bestimmt.

(2)

(1, 1, 1, …) ist eine Teilfolge von (1, −1, 1, −1, …). Es gibt unendlich viele definierende Indexfolgen, etwa (0, 2, 4, …) oder (0, 4, 8, 16, …).

(3)

(2, 1, 3, 4, 5, …) ist keine Teilfolge von (1, 2, 3, 4, …).

(4)

(1, 1, 2, 3, 4, …) ist keine Teilfolge von (1, 2, 3, 4, …).

(5)

(n2)n  ∈   ∘ (2i)i  ∈    =  (4n2)n  ∈    =  (0, 4, 16, 36, 64, …).

 In den Beispielen (1) und (2) konvergiert die Teilfolge in , während die ursprüngliche Folge divergiert. Der Grenzwert der Teilfolge ist ein Punkt, in dessen Nähe die Folge immer wieder zurückkehrt. Diese Anschauung motiviert die folgende allgemeine Definition:

Definition (Häufungspunkt einer Folge)

Ein x  ∈   heißt Häufungspunkt einer Folge (xn)n  ∈   in , falls es eine Teilfolge (yn)n  ∈   von (xn)n  ∈   gibt mit x = limn yn.

Beispiele

(1)

Die Folge ((−1)n)n  ∈   hat genau die Häufungspunkte 1 und −1.

(2)

Für alle k  ∈   und x  ∈   gilt: x ist genau dann ein Häufungspunkt von x0, x1, x2, …, wenn x ein Häufungspunkt von xk, xk + 1, xk + 2, … ist. Endliche Anfangsstücke sind wie bei Grenzwerten unerheblich.

(3)

Die Folge

0,  1,  0,  −1,  2,  1,  0,  −1,  −2,  3,  2,  1,  0,  −1,  −2,  −3,  …

hat genau die ganzen Zahlen als Häufungspunkte.

(4)

Die Folge

110,  …,  910,   1100,  …,  99100, 

11000,  …,  9991000,  …,  …,  …

hat genau die Zahlen des reellen Intervalls [ 0, 1 ] als Häufungspunkte. Ist x = 0,d1d2d3… in Dezimaldarstellung, so ist (yn)n  ∈   mit

yn  =  0,d1…dn  für alle n  ∈  

eine gegen x konvergente Teilfolge der Folge.

 Eine Folge kann also abzählbar unendlich viele und sogar überabzählbar viele Häufungspunkte besitzen.

 Es ist instruktiv, Häufungspunkte analog zu Grenzwerten in der ε-Sprache zu formulieren:

Satz (Charakterisierung der Häufungspunkte)

Seien (xn)n ∈  eine Folge in  und x  ∈  . Dann sind äquivalent:

(a)

x ist ein Häufungspunkt von (xn)n ∈ .

(b)

∀ε > 0 ∀n0 ∃n ≥ n0 |xn − x| < ε. (Häufungspunktbedingung für x)

Beweis

(a) impliziert (b):

Nach Voraussetzung gibt es eine streng monoton steigende Folge (in)n  ∈   in  mit x = limn xin. Zum Beweis von (b) seien ε > 0 und n0 beliebig. Dann gibt es ein n1 ≥ n0, sodass

|x − xin|  <  ε  für alle n ≥ n1.

Also gilt |xn − x| < ε für den Index n = in1 ≥ n1 ≥ n0.

(b) impliziert (a):

Wir setzen i0 = 0 und definieren rekursiv:

in + 1  =  „das kleinste i > in mit |x − xi| < 1/2n“.

Ein solches i existiert nach Voraussetzung (b). Dann ist (in)n  ∈   eine streng monoton steigende Folge in  und nach Konstruktion gilt limn xin = x.

analysis1-AbbID42

Im Gegensatz zur Konvergenzbedingung kann die Häufungspunktbedingung für verschiedene x und y gültig sein.

 Der Vergleich

∀ε > 0 ∃n0 ∀n ≥ n0 |xn − x| < ε (Konvergenzbedingung für x)

∀ε > 0 ∀n0 ∃n ≥ n0 |xm − x| < ε (Häufungspunktbedingung für x)

illustriert die logische Bauart der beiden Begriffe. Die Konvergenzbedingung impliziert rein logisch die Häufungspunktbedingung (was man natürlich auch direkt an der Definition über Teilfolgen ablesen kann).