Ausblick: Allgemeine Doppelsummen
Bislang haben wir nur doppelt indiziert Summen ∑n, m xn, m betrachtet, in denen die Summanden xn, m die Produktform xn yn besaßen. Nun wollen wir beliebige Summanden xn, m zulassen und der Frage nach der Existenz von
s = ∑n, m xn, m
in der oben diskutierten Bedeutung nachgehen. Dabei lassen wir auch zwei neue Aufzählungen von ℕ2 zu, die ℕ2 zeilen- bzw. spaltenweise durchlaufen:
Bei diesen Aufzählungen bilden wir also unendlich viele unendliche Zwischensummen der Form
∑n xn, m für ein festes m bzw. ∑m xn, m für ein festes n,
und unsere Summen haben insgesamt die Form
∑m ∑n xn, m bzw. ∑n ∑m xn, m.
Haben die Summanden xn, m die Produktform xn ym, so sind diese Zwischensummen nicht besonders aufregend, da sich dann ym bzw. xn aus der Summe herausziehen lässt. Im allgemeinen Fall sind derartige sektionsweise gebildeten Summen jedoch komplizierter. Sie sind die diskrete Version einer Methode, mit der wir in der „Analysis 2“ mehrdimensionale Integrale berechnen werden.
Die beiden folgenden Sätze erweitern unsere Resultate auf den neuen Rahmen. Wir beginnen mit dem Fall nichtnegativer Summanden.
Satz (Summationssatz für nichtnegative Summanden)
Sei (xn, m)n, m ∈ ℕ eine ℕ2-Folge in [ 0, ∞ [. Seien
sn = supi, j ≤ n xi, j für alle n, s = supn sn ≤ ∞.
Dann gilt
∑n, m xn, m = ∑n ∑m xn, m = ∑m ∑n xn, m = s.
Beweis
Sei g : ℕ → ℕ2 bijektiv. Für alle k sei
ck = ∑i ≤ k xg(i).
Für alle k gilt ck ≤ sn, falls { g(0), …, g(k) } ⊆ A(n) = { 0, …, n }2, und für alle n gilt sn ≤ ck, falls A(n) ⊆ { g(0), …, g(k) }. Damit ist
∑k g(k) = supk ck = supn sn = s.
Dies zeigt, dass ∑n, m xn, m = s.
Für die anderen Summen seien
sn, m = ∑i ≤ n, j ≤ m xi, j = ∑i ≤ n ∑j ≤ m xi, j = ∑j ≤ m ∑i ≤ n xi, j für alle n, m.
Dann gilt
sn ≤ ∑i ≤ n ∑m xi, m = supm sn, m ≤ supm sm = s für alle n,
sm ≤ ∑j ≤ m ∑n xn, j = supn sn, m ≤ supn sn = s für alle m.
Damit ist ∑n ∑m xn, m = ∑m ∑n xn, m = s.
Analoges gilt für Summanden xn, m ≤ 0. Für beliebige Summanden gilt:
Satz (Summationssatz für reelle Summanden)
Sei (xn, m)n, m ∈ ℕ eine ℕ2-Folge in ℝ derart, dass
t = supn tn < ∞, wobei tn = ∑i, j ≤ n |xi, j| für alle n.
Dann konvergiert ∑n, m xn, m. Weiter gilt |∑n, m xn, m| ≤ t und
∑n, m xn, m = ∑n ∑m xn, m = ∑m ∑n xn, m.
Beweis
Wir zerlegen die Folge in zwei Folgen und verwenden den obigen Summationssatz. Hierzu setzen wir:
un, m = max(0, xn, m) ≥ 0, vn, m = − min(0, xn, m) ≥ 0 für alle n, m,
s = ∑n, m un, m, s′ = ∑n, m vn, m.
Dann gilt s + s′ = t. Ist g : ℕ → ℕ2 bijektiv, so gilt
∑k xg(k) = ∑k (ug(k) − vg(k)) = ∑k ug(k) − ∑k vg(k) = s − s′
= ∑n ∑m un, m − ∑n ∑m vn, m = ∑n ∑m (un, m − vn, m) = ∑n ∑m xn, m.
Analoges gilt für ∑m ∑n xn, m.
Unser Produktsatz für absolut konvergente Reihen ist ein Spezialfall dieses Satzes: Sind ∑n xn und ∑n yn absolut konvergente Reihen, so sei xn, m = xn ym für alle n, m. Dann gilt
t = (∑n |xn|) (∑m |ym|) < ∞.
Nach dem Satz gilt also
∑n, m xn ym = ∑m ∑n xn ym = ∑m (ym ∑n xn) = (∑n xn) (∑m ym).
Beispiel
Für den zweiten Summationssatz ist es nicht ausreichend, dass ∑n, m xn, m zeilen- und spaltenweise aus absolut konvergenten Reihen besteht. Ein Gegenbeispiel liefert
xn, n = (−1)nn + 1 für alle n, xn, m = 0 für alle n ≠ m.
… | … | … | … | … | … |
0 | 0 | 0 | 0 | 15 | … |
0 | 0 | 0 | − 14 | 0 | … |
0 | 0 | 13 | 0 | 0 | … |
0 | − 12 | 0 | 0 | 0 | … |
1 | 0 | 0 | 0 | 0 | … |
Man kann nun auch noch Summen ∑n, m xn, m betrachten, bei denen die negativen Summanden in ihrer Summe beschränkt, die positiven in ihrer Summe auch unendlich sein können. Anstatt hier weitere Sätze zu formulieren, halten wir zusammenfassend fest:
Reelle Zahlen xn, m können in beliebiger Art und Weise zu
∑n, m xn, m ∈ ℝ ∪ { − ∞, ∞ } aufsummiert werden,
falls dabei keine Ausdrücke der Form ∞ − ∞ entstehen können.