Bedingungen für gleichmäßige Konvergenz
Eine natürliche Frage an dieser Stelle ist:
Unter welchen Bedingungen konvergiert eine punktweise
konvergente Funktionenfolge oder Funktionenreihe gleichmäßig?
Unser Beispiel (2) oben zeigt, dass die Konvergenz im Allgemeinen selbst dann nicht gleichmäßig ist, wenn die Glieder der Funktionenfolge stetig und auf einem kompakten Intervall definiert sind. Auch eine stetige Grenzfunktion garantiert, wie wir in den Übungen sehen werden, immer noch nicht die gleichmäßige Konvergenz. Erst im Zusammenspiel mit einer Monotonieeigenschaft sind diese Voraussetzungen stark genug, die gleichmäßige Konvergenz zu erzwingen. Dies ist die Aussage des Satzes von Dini, den wir im Ausblick beweisen werden. Er wird in der elementaren Analysis nicht gebraucht, doch möchten wir ihn dem Leser dennoch ans Herz legen, zumal er zur Konstruktion instruktiver Gegenbeispiele einlädt, die den Unterschied zwischen punktweiser und gleichmäßiger Konvergenz verdeutlichen. Für den weiteren Aufbau der Analysis ist jedoch ein Satz über die gleichmäßige Konvergenz von Funktionenreihen zunächst wichtiger:
Der Konvergenzsatz von Weierstraß
Der folgende Satz liefert in vielen Fällen die gleichmäßige Konvergenz einer Funktionenreihe ohne große Mühe:
Satz (Konvergenzsatz von Weierstraß, Weierstraßscher Konvergenztest)
Sei (fn)n ∈ ℕ eine Folge von beschränkten Funktionen auf P derart, dass ∑n ∥ fn ∥ < ∞. Dann konvergiert ∑n fn absolut und gleichmäßig gegen eine Funktion f : P → ℝ.
Beweis
Für alle x ∈ P und n ∈ ℕ gilt |fn(x)| ≤ ∥ fn ∥. Nach dem Majorantenkriterium existiert also
f (x) = ∑n fn(x) für alle x ∈ P.
Die Reihe ∑n fn konvergiert punktweise gegen f : P → ℝ, und die Konvergenz ist absolut. Wir zeigen, dass die Konvergenz gleichmäßig ist. Sei hierzu ε > 0. Da ∑n ∥ fn ∥ konvergiert, gibt es ein n0 mit
∑k > n0 ∥ fk ∥ < ε.
Dann gilt für alle n ≥ n0 und alle x ∈ P:
|f (x) − ∑k ≤ n fk(x)| = |∑k > n fk(x)| ≤ ∑k > n ∥ fk ∥ ≤ ∑k > n0 ∥ fk ∥ < ε.
Die Funktionen fn sind hier nicht als stetig vorausgesetzt. Sind sie stetig, so ist ihr Limes f aufgrund der gleichmäßigen Konvergenz ebenfalls stetig.
Sind die Supremumsnormen nicht leicht zu berechnen, so genügt es, sn zu finden mit ∥ fn ∥ ≤ sn und ∑n sn < ∞. Dies impliziert ∑n ∥ fn ∥ < ∞.
Eine Paradeanwendung des Satzes ist:
Korollar (gleichmäßige Konvergenz der Exponentialreihe)
Sei [ a, b ] ein kompaktes Intervall. Dann konvergiert die Exponentialreihe ∑n xn/n! gleichmäßig auf [ a, b ] gegen exp | [ a, b ].
Beweis
Sei s = max(|a|, |b|). Dann gilt, mit der Supremumsnorm auf [ a, b ], dass
∑n ∥ xn/n! ∥ ≤ ∑n sn/n! = exp(s).
Da die Summanden der Exponentialreihe stetig sind, ergibt sich ein neuer Beweis für die Stetigkeit der Exponentialfunktion.
Analog folgt aus dem Satz von Weierstraß, dass die geometrische Reihe ∑n xn auf jedem kompakten Intervall [ a, b ] ⊆ ] −1, 1 [ gleichmäßig gegen die Funktion f : [ a, b ] → ℝ mit
f (x) = (1 − x)−1 für alle x ∈ [ a, b ]
konvergiert. Dagegen konvergiert die Reihe auf ] −1, 1 [ nicht mehr gleichmäßig. Allgemein spielt der Satz von Weierstraß bei der Untersuchung von Potenzreihen der Form ∑n an (x − p)n eine wichtige Rolle. Diese Reihen werden wir in den Kapiteln 4. 6 und 4. 7 genauer untersuchen.
zur Konvergenz der geometrischen Reihe ∑n xn gegen (1 − x)−1 auf ] −1, 1 [