Drei hinreichende Kriterien für lokale Extrema
Im Folgenden sei I ein reelles Intervall (eines beliebigen Typs). Der Monotoniesatz liefert:
Satz (hinreichendes Kriterium für lokale Extrema, I)
Sei f : I → ℝ, und sei p ∈ I. Weiter sei f stetig in p und links und rechts von p differenzierbar. Dann gilt:
(a) | Ist f ′ ≥ 0 links von p und f ′ ≤ 0 rechts von p, so hat f bei p ein lokales Maximum. |
(b) | Ist f ′ ≤ 0 links von p und f ′ ≥ 0 rechts von p, so hat f bei p ein lokales Minimum. |
Gelten in (a), (b) stärker >* statt ≥ sowie <* statt ≤, so ist das Extremum jeweils strikt. Speziell führt ein Vorzeichenwechsel von f ′ an einem kritischen Punkt p zu einem strikten Extremum.
Beweis
zu (a): Nach dem Monotoniesatz ist f links von p monoton steigend und rechts von p und monoton fallend. Da f an der Stelle p stetig ist, folgt die Behauptung.
zu (b): Analog.
Die Zusätze ergeben sich aus dem ergänzten Monotoniesatz.
Das Vorzeichen von f ′ spiegelt das Monotonieverhalten von f wider. Ein Vorzeichenwechsel von f ′ ist hinreichend für ein striktes lokales Extremum von f. Lokalen Extrema am Rand entsprechen im Allgemeinen keine Nullstellen von f ′.
Bemerkung
(1) | Der Satz gilt auch in Randpunkten eines Definitionsintervalls. Für die Quadratwurzelfunktion sqrt : [ 0, ∞ [ → ℝ und p = 0 ist „links von p“ leer. Die Funktion ist bei 0 stetig, aber nicht differenzierbar. Rechts der Null gilt sqrt′ > 0. Der Nullpunkt ist ein striktes lokales Minimum. |
(2) | Das Kriterium ist nicht notwendig: Die Ableitung f ′ kann an einer Extremalstelle p stark oszillieren. Wir besprechen derartige Beispiele und die hohe Leistungsfähigkeit des Satzes im Ausblick. |
Nützlich zur Identifizierung lokaler Extrema ist oft:
Satz (hinreichendes Kriterium für lokale Extrema, II)
Sei f : I → ℝ zweimal differenzierbar in p ∈ I mit f ′(p) = 0. Dann gilt:
(a) | Ist f ″(p) > 0, so hat f ein striktes lokales Minimum bei p. |
(b) | Ist f ″(p) < 0, so hat f ein striktes lokales Maximum bei p. |
Ist f ″(p) ≠ 0 und p kein Randpunkt von I, so wechselt f ′ bei p das Vorzeichen.
Beweis
Es gelte zunächst f ″(p) > 0. Aus dem Steigungs-Lemma (angewendet auf die Funktion f ′ : I → ℝ an der Stelle p) folgt:
f ′(x) < f ′(p) = 0 links von p, f ′(x) > f ′(p) = 0 rechts von p.
Nach dem ersten Kriterium hat also f an der Stelle p ein striktes lokales Maximum.
Die zweite Aussage wird analog bewiesen. Der Zusatz ist klar.
Im zweiten Satz verwenden wir das Vorzeichen der zweiten Ableitung zur Identifizierung lokaler Extrema. Die Funktion f ist wie im vorangehenden Diagramm. Der Übersichtlichkeit halber wurde die zweite Ableitung um einen Faktor c > 0 skaliert.
Auch hier liegt kein notwendiges Kriterium vor.
Beispiel
Die Funktion f : ℝ → ℝ mit f (x) = x4 hat bei 0 ein striktes Minimum, aber es gilt f ″(0) = 0. Das erste Kriterium ist jedoch anwendbar, da die Ableitung f ′(x) = 4 x3 von f links der Null negativ und rechts der Null positiv ist.
Doppelt kritische Punkte
Durch das zweite hinreichende Kriterium wird der Fall „f ′(p) = f ″(p) = 0“ nicht abgedeckt. Hier gilt:
Satz (hinreichendes Kriterium für lokale Extrema, III)
Sei f : I → ℝ zweimal differenzierbar in p ∈ I mit f ′(p) = f ″(p) = 0. Dann gilt:
Hat f ″ ein striktes lokales Maximum (Minimum) bei p, so hat f ein striktes lokales Maximum (Minimum) bei p.
Beweis
Sei (p, 0) ein striktes lokales Maximum von f ″. Dann gilt:
f ″(x) < 0 links und rechts von p.
Damit ist f ′ streng monoton fallend links und rechts von p. Wegen f ′(p) = 0 ist f ′ > 0 links von p und f ′ < 0 rechts von p. Nach dem ersten Kriterium hat also f ein striktes lokales Maximum bei p. Lokale Minima werden analog behandelt.
Der Satz gilt (wie die beiden ersten Kriterien) auch in den Randpunkten des Definitionsintervalls I von f.
Illustration des dritten Kriteriums: (p, 0) ist ein striktes lokales Maximum von f ″ und es gilt f ′(p) = 0. Hieraus folgt, dass f ein striktes lokales Maximum bei p besitzt.
Beispiel
Für f : ℝ → ℝ mit f (x) = x4 gilt f ′(0) = f ″(0) = 0. Die Funktion f ″ ist eine nach oben geöffnete Parabel mit einem strikten Minimum bei 0. Also ist der Nullpunkt ein striktes lokales Minimum von f. Analoges gilt für alle Monome xn mit einer geraden Potenz n ≥ 2.