Konvexe und konkave Funktionen
Das Krümmungsverhalten einer Funktion ist durch „linksgekrümmt“ und „rechtsgekrümmt“ so beschrieben wie die Monotonie durch „steigend“ und „fallend“. Die Präzisierung von „steigend“ und „fallend“ ist durch die beiden Bedingungen „f (x) ≤ f (y) für alle x ≤ y“ bzw. „f (x) ≥ f (y) für alle x ≤ y“ einfach möglich. Die Präzisierung des Krümmungsbegriffs ist subtiler. Ein natürlicher Ansatz ist, eine Funktion mit ihren Sekanten zu vergleichen. Wir definieren hierzu:
Definition (Sekante einer Funktion))
Für eine Funktion f : P → ℝ und p ≠ q in P sei fp, q : ℝ → ℝ die Gerade durch (p, f (p)) und (q, f (q)). Weiter sei af(p, q) = f [ p, q ] die Steigung von fp, q. Wir nennen fp, q die Sekante von f bezüglich p und q.
Ist f fest gewählt, so schreiben wir oft kurz a(p, q) statt af(p, q). Es gilt:
a(p, q) = f (q) − f (p)q − p = a(q, p),(Symmetrie der Sekantensteigungen)
fp, q(x) = f (p) + a(p, q) (x − p) = f (q) + a(p, q) (x − q) = fq, p(x) für alle x ∈ ℝ.
Konvention: I bezeichnet ein Intervall
Im Folgenden sei wieder I stets ein reelles Intervall (gleich welchen Typs). Wir nehmen zudem an, dass I mehr als einen Punkt enthält.
Nach diesen Vorbereitungen definieren wir:
Definition (konvex, konkav, streng konvex, streng konkav)
Sei f : I → ℝ. Dann heißt f konvex oder linksgekrümmt, falls für alle p < q in I gilt:
(+) f (x) ≤ fp, q(x) für alle x ∈ ] p, q [.
Gilt in (+) „≥“, so heißt f konkav oder rechtsgekrümmt. Schließlich heißt f streng konvex bzw. streng konkav, falls in (+) „<“ bzw. „>“ gilt.
Konvexität: f liegt zwischen Schnittpunkten unter ihren Sekanten
Beispiele
(1) | Die Exponentialfunktion exp : ℝ → ℝ, die Parabel sq : ℝ → ℝ mit sq(x) = x2 und die Betragsfunktion abs : ℝ → ℝ sind konvex. |
(2) | Der Logarithmus log : ] 0, ∞ [ → ℝ und die Quadratwurzelfunktion sqrt : [ 0, ∞ [ mit sqrt(x) = sind konkav. |
(3) | Die durch x3 definierte dritte Potenz auf ℝ ist weder konvex noch konkav. |
(4) | Eine Funktion f : I → ℝ ist genau dann konvex, wenn − f konkav ist. |
(5) | Die Funktion f : [ 0, 1 ] → ℝ mit f (x) = 0 für x < 1 und f (1) = 1 ist konvex und unstetig im Punkt 1. Die Funktion g : [ 0, 1 ] → ℝ mit g(x) = 0 für x ≠ 1/2 und g(1/2) = 1 ist weder konvex noch konkav. Wir werden gleich sehen, dass konvexe und konkave Funktionen, die auf offenen Intervallen definiert sind, links- und rechtsseitig differenzierbar und damit insbesondere stetig sind. Unstetigkeitsstellen können also nur an Randpunkten des Definitionsbereichs auftreten. |
Links und rechts der Schnittpunkte mit einer Sekanten gilt, wie leicht zu sehen ist, die andere Ungleichung:
Satz (Sekantenvergleich für konvexe und konkave Funktionen)
Sei f : I → ℝ konvex. Dann gilt für alle p < q in I:
f (x) ≥ fp, q(x) für alle x ∈ I − [ p, q ].
Ist f streng konvex, so gilt > in dieser Ungleichung. Analoge Aussagen gelten für konkave und streng konkave Funktionen.