Vektorfelder und Gradientenfelder
In Kapitel 3. 3 hatten wir bereits zwei- und drei dimensionale Vektorfelder betrachtet. Allgemein definieren wir nun:
Definition (Vektorfeld)
Eine Funktion f : P → ℝn mit P ⊆ ℝn heißt auch ein n-dimensionales Vektorfeld. Ein Vektorfeld heißt stetig, differenzierbar, stetig differenzierbar usw., falls dies für f gilt.
In einem Vektorfeld haben der Definitions- und Wertebereich dieselbe Dimension. Heften wir an jeden Punkt p von P den Vektor f (p) an, so bedeutet die Stetigkeit des Vektorfeldes f anschaulich, dass sich die Pfeile f (p) wenig ändern, wenn wir den Ort p hinreichend wenig ändern. Die Differenzierbarkeit des Vektorfeldes bedeutet stärker, dass die Pfeile lokal ein lineares Änderungsverhalten besitzen.
Eine sehr wichtige Klasse von Vektorfeldern entsteht durch die Gradientenbildung. Sie führt uns von den reellen Werten einer Funktion f : P → ℝ zurück in den n-dimensionalen Ausgangsraum, sodass grad(f) : P → ℝn. Viele, aber nicht alle Vektorfelder entstehen in dieser Weise. Wir definieren hierzu:
Definition (Gradientenfeld)
Ein Vektorfeld g : P → ℝn heißt ein Gradientenfeld, falls es eine differenzierbare Funktion f : P → ℝ gibt mit g = grad(f). Eine solche Funktion f heißt dann auch eine Stammfunktion von g.
Ein Gradientenfeld nennt man vor allem in der Physik auch ein Potentialfeld und eine Stammfunktion f von g auch ein (skalares) Potential von g.
Gradienten und Niveaumengen
Überlagert man das Gradientenfeld einer Funktion mit einem Kontur-Plot, so stellt man fest, dass die Gradienten senkrecht auf den Niveaumengen stehen. Dieses Phänomen kann man für die Dimension n = 2 anschaulich erklären. Sei hierzu p ein Punkt und c = f (p). Bewegen wir uns nun auf der durch p verlaufenden Höhenlinie nivf(c), so ist die Funktion unter dieser Bewegung konstant gleich c. Damit erhalten wir die Richtungsableitung 0 für Bewegungen bei p, die tangential zur Höhenlinie nivf(c) verlaufen. Da die Richtungsableitung durch das Skalarprodukt des Gradienten mit der Richtung gegeben ist, steht ein Gradient also senkrecht auf der Tangente der Höhenlinie durch p (falls diese Tangente existiert). Analoge Überlegungen gelten für höhere Dimensionen. Im folgenden Kapitel werden wir diesem Phänomen noch genauer nachgehen.
Das erste Diagramm zeigt das zweidimensionale Vektorfeld g mit
g(x, y) = 2(x, − y) für alle (x, y) ∈ ℝ2
Dieses Vektorfeld ist das Gradientenfeld der Funktion f : ℝ2 → ℝ mit
f(x, y) = x2 − y2 für alle (x, y) ∈ ℝ2.
Im zweiten Diagramm sind g = grad(f) und ein Kontur-Plot von f überlagert. Die Gradienten stehen senkrecht auf den Höhenlinien.
Ein analoges überlagertes Diagramm
für die Funktionen
g(x, y) = (cos(x), −sin(y))
f(x, y) = sin(x) + cos(y)
Gezeigt ist das dreidimensionale
Vektorfeld g : ℝ3 → ℝ3 mit
g(x, y, z) = 2(x, y, z).
Es gilt g = grad(f) für
f(x, y, z) = x2 + y2 + z2.
Die Niveaumengen von f sind Kugeloberflächen. Die Gradienten stehen senkrecht auf ihnen.
Das dreidimensionale Vektorfeld g mit
g(x, y, z) = − (x, y, z)∥ (x, y, z) ∥2
für (x, y, z) ≠ 0. Es gilt g = grad(f) für
f(x, y, z) = − ∥ (x, y, z) ∥
für (x, y, z) ≠ 0. Erneut sind die
Niveaumengen von f Kugeloberflächen, auf denen die Gradienten senkrecht stehen.