Die Arkusfunktionen
Wir setzen S0 = S(] − π/2, π/2 [) und S1 = S(] 0, π [). Wir haben schon gesehen, dass cos und sin die offenen Streifen S0 bzw. S1 bijektiv nach ℂ− − abbilden. Allgemein erhalten wir die folgenden biholomorphen Abbildungen (Übung):
cos : S1 → ℂ− − | tan : S0 → i ℂ− − | sec : S1* → ℂ − [ −1, 1 ] |
sin : S0 → ℂ− − | cot : S1 → i ℂ− − | csc : S0* → ℂ − [ −1, 1 ] |
Weiter gilt
cot : S0* → ℂ − i [ −1, 1 ] biholomorph.
Hauptzweige der komplexen Arkusfunktionen
Die (offenen) Hauptzweige der Arkusfunktionen sind definiert durch
arccos = (cos↾S1)−1, arcsin = (sin↾S0)−1, arctan = (tan↾S0)−1,
arccot = (cot↾S1)−1, arcsec = (sec↾S1*)−1, arccsc = (csc↾S0*)−1,
arcctg = (cot↾S0*)−1(zweite Version des Arkuskotangens)
Unstetige Erweiterungen
Die unstetigen +-Versionen arccos+, arcsin+, … der Arkusfunktionen sind die Umkehrfunktion der folgenden Bijektionen:
cos : S1 ∪ { i y | y ≥ 0 } ∪ { π + i y | y ≤ 0 } → ℂ
sin : S0 ∪ { − π/2 + i y | y ≥ 0 } ∪ { π/2 + i y | y ≤ 0 } → ℂ
tan : S0 ∪ { − π/2 + i y | y < 0 } ∪ { π/2 + i y | y > 0 } → ℂ
cot : S1 ∪ { i y | y < 0 } ∪ { π + i y | y > 0 } → ℂ
sec : S1* ∪ { i y | y > 0 } ∪ { π + i y | y < 0 } → ℂ*
csc : S0* ∪ { − π/2 + i y | y > 0 } ∪ { π/2 + i y | y ≤ 0 } → ℂ*
cot : S0* ∪ { − π/2 + i y | y < 0 } ∪ { π/2 + i y | y > 0 } → ℂ*
Bei der Umkehrung des Kosinus auf S1 erhalten wir die Schnitte ] −∞ , 1 ] und [ 1, ∞ [ entsprechend der Werte des Kosinus auf der rechten bzw. linken Kante von S1. Analoges gilt für die anderen Funktionen.
Die beiden Versionen des Arkuskotangens sind eine Fehlerquelle, vor allem auch in Computeranwendungen. Die obigen Bezeichnungen sind ein Versuch, die Varianten notationell zu trennen, sodass in jeder Formel deutlich wird, welche Funktion verwendet wird. Zur Motivation:
Zwei Versionen des Arkuskotangens
Die Version arccot setzt die reelle Funktion arccot : ℝ → ] 0, π [ fort, die wir in der reellen Analysis verwendet haben. Die zweite Version entspricht der Einschränkung des reellen Kotangens auf das offene Intervall ] −π/2, π/2 [ , das ja auch beim Tangens verwendet wird. Wir erhalten so eine stetige Bijektion
arcctg : ℝ* → ] − π/2, π/2 [ − { 0 }.
Die Version arcctg : ℝ* → ] −π/2, π/2 [ des reellen Arkuskotangens. Die Funktion ist im Nullpunkt nicht definiert und (dadurch) stetig.
Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. In Formeln lassen sich die Unterschiede vielleicht am Besten durch
(1) | arccot(z) = π/2 − arctan(z) für alle z ∈ i ℂ−− |
(2) | arcctg(z) = arctan(1/z) für alle z ∈ ℂ − i [−1, 1 ] |
zusammenfassen. Sie ergeben sich aus den Formeln
(1) | cot(z) = tan(π/2 − z) für alle z ∈ ℂ − { k π/2 | k ∈ ℤ }, |
(2) | cot(z) = 1/tan(z) für alle z ∈ ℂ − { k π/2 | k ∈ ℤ }. |
Beim Arkuskotangens arccot steht der Austausch von Sinus und Kosinus im Zähler und Nenner des definierenden Terms sin(z)/cos(z) des Tangens im Vordergrund. Die Variante arcctg sieht den Kotangens als 1/tan an (analog zu sec = 1/cos und csc = 1/sin). Gleichheit gilt im Streifen S(] 0, π/2 [) und entsprechend gilt
arccot(z) = arcctg(z) für alle z ∈ H.
Die folgenden Diagramme zeigen die Unterschiede und die Qualitäten der beiden Versionen.
Der komplexe Arkuskosinus (Hauptzweig).
3d-Plot des Arkuskosinus. Der reelle Arkuskosinus ist gut zu sehen: Er verbindet die Schnittlinien von (−1, π) nach (1, 0).
Der komplexe Arkussinus (Hauptzweig).
3d-Plot des Arkussinus. Die reelle Version erscheint hier im Betrag.
Der komplexe Arkustangens (Hauptzweig).
Der 3d-Plot betont die Pole. Die reelle Version ist wieder im Betrag sichtbar.
Der komplexe Arkuskotangens arcctg (Hauptzweig). Diese Version des Arkuskotangens stimmt auf ℝ nicht mit dem „üblichen“ Arkuskotangens arccot : ℝ → ℝ überein.
3d-Plot des arcctg.
Als Kontrast die Version arccot. Die Übereinstimmung mit arcctg gilt nur in der rechten Halbebene. Charakteristisch ist das Plateau rechts.
3d-Plot des arccot (mit dem reellen Klassiker in rot auf der x-Achse). Die Version arcctg bekommt zweifelsohne den Symmetriepreis.
Der Arkussekans (Hauptzweig).
In der 3d-Version des arcsec wird der Schnitt durch den Pol plastischer.
Der Arkuskosekans (Hauptzweig).
Und erneut auch der Arkuskosekans in 3d.