Quadrat einer Wurzel und Wurzel eines Quadrats

 Für die reelle Wurzelfunktion ist es ein zeitloser Fehler, „x2 = x“ zu schreiben anstelle der für alle x  ∈   gültigen korrekten Form

x2  =  |x|.(Formel vom nichtvergessenen Betrag)

Für alle x  ∈   gilt

(+)  x  =  sgn(x) x2,  x2  =  sgn(x) x.

Für die komplexen Quadrat- und Wurzelfunktionen haben wir:

(1)

sq(sqrt+(z))  =  z  für alle z  ∈  ,

(2)

sqrt+(sq(z))  =  z  für alle z  ∈  H+,

(3)

sqrt+(sq(z))  =  sqrt+(sq(−z))  =  − z  für alle z  ∈   − H+.

Die beiden ersten Aussagen gelten nach Konstruktion. Die dritte Aussage ergibt sich aus der zweiten wegen −z  ∈  H+. Die Formeln motivieren:

Definition (komplexe Vorzeichenfunktion csgn)

Wir definieren die komplexe Vorzeichenfunktion csgn :   { −1, 0, 1 } durch csgn(0)  =  0 und

csgn(z)  =  1  für z  ∈  H+ − { 0 },  csgn(z)  =  −1  für z  ∈   − H+.

Es gilt csgn(x) = sgn(x) für alle x  ∈  . Für alle z  ∈   gilt:

(+)  z  =  csgn(z) sqrt+(sq(z)),  sqrt+(sq(z))  =  csgn(z) z.

Mit der „Transportfunktion“ τ :   +, τ(z) = csgn(z) z, gilt also

sqrt+(sq(z))  =  τ(z)  =  csgn(z) z.(Formel vom nichtvergessenen Transport)

Die τ-Funktion erweitert den reellen Betrag, der alle Zahlen unter Erhalt ihres Quadrats in den „guten Bereich“ [ 0, ∞ ] der reellen Wurzelfunktion schickt.

Ein Transport für den Arkus-Kosinus

Transportfunktionen lassen sich für andere nichtinjektive Funktionen konstruieren. In  gilt zum Beispiel

arccos(cos(x))  =  τ(x)  für alle x  ∈  ,

wobei wir τ :   [ 0, π ] so erhalten: Wir bringen ein x „modulo 2π“ in das Intervall ] −π, π ] und erhalten so x′ = x + k 2π für ein gewisses k  ∈  . Nun setzen wir τ(x) = |x′|. Kurz: τ(x) = abs(mod(x, 2π)) mit Repräsentanten in ] −π, π ] für das Rechnen modulo 2π. Es gilt cos(x) = cos(τ(x)) für alle x  ∈  .

Inverse Betrachtung

 Bei der Diskussion der Farbkreismethode hatten wir gesehen, dass ein Farbplot einer bijektiven Funktion f : P  Q sowohl die Funktion als auch die Umkehrfunktion darstellt. Wir müssen nur sagen, wie wir den Plot gelesen haben möchten:

Lesart 1:  Jeder Punkt z  ∈  P wurde mit der Farbe f (z)  ∈  Q eingefärbt.

Lesart 2:  Jede Farbe z  ∈  P wurde zum Punkt f (z)  ∈  Q transportiert.

Ist f nicht injektiv, so müssen wir den Definitionsbereich von P geeignet verkleinern, um erneut eine Bijektion der Form f : P  Q zu erhalten. Dies entspricht dem Abdecken eines Teils des Plots.

 Der Leser betrachte nun noch einmal das Farbdiagramm für die Normalparabel sq (Lesart 1). Decken wir die linke Hälfte ab, so haben wir den Plot des Hauptzweiges sqrt der Wurzel nach Lesart 2 vorliegen. Decken wir die rechte Hälfte ab, so sehen wir den Plot des Nebenzweiges −sqrt nach Lesart 2. Die imaginäre Achse wird in beiden Fällen abgedeckt. Der Plot von sqrt entsteht bei der zweiten Lesart durch Aufschneiden der Grundfärbung entlang ] −∞, 0 ] (mit Entfernen der Schnittkante) und einem winkelhalbierenden Schließen des Farbfächers mit Wurzelziehen der Längen, wodurch blassere Farben ins Diagramm kommen. Analoges gilt für − sqrt. Damit können wir den gesamten Plot von sq als Plot beider Äste der komplexen Quadratwurzel nach der inversen Methode ansehen. Nach dem Zeichnen von sqrt ist ja noch die Hälfte der Leinwand frei, und wer möchte kann auch noch die imaginäre Achse färben…