2.5Die Anordnungsaxiome

Definition (angeordneter Körper)

Sei (K, +, ·) ein Körper, und sei < eine Relation auf K. Dann heißt (K, +, ·, <) oder kurz K ein angeordneter Körper, falls für alle x, y, z  ∈  K gilt:

(K11)nicht x < x,(Irreflexivität)
(K12)x < y und y < z  impliziert  x < z,(Transitivität)
(K13)x < y  oder  x = y  oder  y < x,(Vergleichbarkeit)
(K14)x < y  impliziert  x + z < y + z,
(K15)0 < x, y  impliziert  0 < x · y.

Gilt 0 < x, so heißt x ein positives Element von K. Gilt x < 0, so heißt x ein negatives Element von K. Weiter schreiben wir x ≤ y, falls x < y oder x = y.

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 Ein räumliches oder zeitliches Kontinuum ist vor allem durch ein „Links und Rechts“ bzw. „Früher oder Später“ ausgezeichnet. Diese Ordnungseigenschaften werden für die reellen Zahlen durch die Körperaxiome (K1) − (K10) noch nicht erfasst. Dies ändert sich durch die Anordnungsaxiome (K11) − (K15). Sie zerfallen in zwei Gruppen. Die ersten drei Axiome beschreiben grundlegende Eigenschaften einer auf einer Menge K vorhandenen linearen Ordnung. Die beiden anderen Axiome koppeln diese Ordnung an die Arithmetik des Körpers K.

Beispiele

(1)

, 𝔸 und  sind angeordnete Körper.

(2)

Die Restklassenkörper ({ 0, …, p − 1 }, +, ·) modulo einer Primzahl p lassen sich nicht anordnen. Aus den Anordnungsaxiomen folgt, wie wir gleich sehen werden, dass 0 < 1 gilt. Addition von 1 auf beiden Seiten liefert nach (K14), dass

1  =  0  +  1  <  1  +  1,   1  +  1  <  1  +  1  +  1  usw.

Induktiv folgt 0 < 1 + … + 1, was in den Restklassenkörpern nicht gültig ist.

 Erreichen wir in einem Körper K durch Aufsummieren der Eins nie die Null, so sagen wir, dass K die Charakteristik 0 besitzt. Die Überlegung in (2) zeigt, dass ein angeordneter Körper notwendig die Charakteristik 0 besitzt. Dass es umgekehrt Körper der Charakteristik 0 gibt, die sich nicht anordnen lassen, werden die komplexen Zahlen zeigen.

 Wir diskutieren exemplarisch einige Folgerungen aus den Anordnungsaxiomen.

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Die Summe positiver Zahlen ist positiv

Seien x, y  ∈  K mit 0 < x

und 0 < y. Dann gilt

0  <  y  =  0  +  y  <  x  +  y,

wobei wir die zweite Ungleichung aus 0 < x und (K14) erhalten.

0  <  1  und  −1  <  0

Annahme, 0 < 1 gilt nicht. Dann ist

1 < 0 nach (K10) und (K13). Somit ist

0  =  1  −  1  <  0  −  1  =  −1

nach (K14). Nach (K15) ist dann aber auch 0  <  (−1) (−1)  =  1, Widerspruch.

Also gilt 0 < 1. Addition von −1 auf beiden Seiten zeigt, dass −1 < 0.

 Dass das Produkt zweier positiver Zahlen positiv ist, wird durch (K15) zum Axiom erhoben. Wir können nicht wie bei der Addition stärker fordern, dass die Multiplikation die Ordnung respektiert, dass also mit x < y immer auch x z < y z gilt. Denn wenn wir 0 < 1 mit −1 multiplizieren, so erhalten wir links 0 und rechts −1. Wegen 0 > −1 ändert sich also das Ungleichheitszeichen. Allgemein gilt:

Ungleichungen bleiben bei Addition und positiver Multiplikation erhalten.

Bei negativer Multiplikation wird aus „Kleiner“ ein „Größer“ und umgekehrt.

 In einem angeordneten Körper K definieren wir für alle x  ∈  K:

|x|  =  x,  falls  x ≥ 0,  |x|  =  − x,  falls  x < 0.

Das Körperelement |x| heißt der Betrag von x. Es gilt |x| = 0 genau dann, wenn x = 0. Für alle x gilt |x| ≥ 0. Weiter ist stets |x y| = |x| |y|. Ständig im Einsatz ist:

|x  +  y|  ≤  |x|  +  |y|  für alle x, y  ∈  K.  (Dreiecksungleichung)

Der Bezeichnung als „Dreiecksungleichung“ wird klar, wenn wir statt reeller Zahlen Vektoren x und y der Ebene betrachten und den Betrag durch die Länge der Vektoren ersetzen.

Beispiel

Eine häufige Anwendung der Dreiecksungleichung in der Analysis ist das „Einschieben der Null“ in eine Differenz. Sind x, y  ∈  , so gilt für alle z:

|x − y|  =  |x + 0 − y|  =  |x + (z − z) − y|  =

|(x − z) + (z − y)|  ≤  |x − z|  +  |z − y|.

Der Abstand zwischen x und y ist also beschränkt durch die Summe der Abstände von x und y zu einem Referenzobjekt z. Kann man also die Abstände |x − z| und |z − y| = |y − z| jeweils abschätzen durch ein ε > 0, so gilt also |x − y| ≤ 2 ε.