8.1Partitionen und Treppenfunktionen

Definition (Partition, Zerlegungspunkte, Stützstellen)

Sei [ a, b ] ein reelles Intervall, und seien t0, …, tn, x0, …, xn reelle Zahlen mit

a  =  t0  ≤  x0  ≤  t1  ≤  x1  ≤  …  ≤  tn  ≤  xn  ≤  b.

Dann heißt p = (tk, xk)k ≤ n eine Partition von [ a, b ] der Länge n + 1. Die Zahlen tk heißen die Zerlegungspunkte und die Zahlen xk die Stützstellen der Partition p. Wir setzen weiter tn + 1 = b.

(a)

Ist δ > 0 und gilt tk + 1 − tk  ≤  δ für alle k ≤ n, so heißt p eine δ-Partition oder eine Partition der Feinheit δ. Die reelle Zahl

δ(p)  =  maxk ≤ n (tk + 1 − tk)

heißt die (minimale) Feinheit von p.

(b)

Gilt tk + 1 − tk  =  b − an + 1 für alle k ≤ n, so heißt p äquidistant.

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Eine Partition p von [ a, b ] der Länge 5 mit Zerlegungspunkten tk und Stützstellen xk.

Es gilt δ(p) = t2 − t1.

 Im Gegensatz zur Differentiation analysieren wir in der Integrationstheorie eine Funktion f : [ a, b ]   nicht lokal, sondern als Ganzes. Partitionen werden uns dazu dienen, f durch einfache Funktionen zu approximieren. Bevor wir uns diesen Approximationen zuwenden, wollen wir Partitionen noch etwas genauer betrachten.

 Sei also [ a, b ] ein Intervall, und sei p = (tk, xk)k ≤ n eine Partition von [ a, b ] der Länge n + 1. Die Zerlegungspunkte tk der Partition teilen das Intervall [ a, b ] in n + 1 sich an den Randpunkten überschneidende abgeschlossene Teilintervalle auf:

[ t0, t1 ],  [ t1, t2 ],  …,  [ tn − 1, tn ],  [ tn, tn + 1 ],  a  =  t0,  b  =  tn + 1.

Dies motiviert, warum wir n + 1 und nicht n als Länge von p betrachten. Wir verlangen dabei nicht, dass tk kleiner als tk + 1 ist. Die Intervalle [ tk, tk + 1 ] können aus genau einem Punkt bestehen. Es kann zum Beispiel auch a = t0 = t1 = t2 und damit { a } = [ t0, t1 ] = [ t1, t2 ] gelten.

 Die Stützstellen xk der Partition liegen in den Zerlegungsintervallen:

x0  ∈  [ t0, t1 ],  x1  ∈  [ t1, t2 ],  …,  xn  ∈  [ tn, tn + 1 ].

Auch sie können zusammenfallen. Es kann etwa x0 = t1 = x1 gelten.

 Eine Partition p hat immer die Feinheit δ(p). Ist δ ≥ δ(p), so ist p auch eine Partition der Feinheit δ. Ist δ < δ(p), so ist p keine Partition der Feinheit δ.

 Eine äquidistante Partition p von [ a, b ] zerlegt [ a, b ] in n+1 gleichlange Teilintervalle. Es gilt δ(p) = (b − a)/(n + 1). Die Stützstellen können wieder beliebig in den Teilintervallen liegen.

Beispiele

(1)

Für ein Intervall [ a, b ] und eine natürliche Zahl n sei

tk  =  xk  =  a  +  k b − an + 1  für alle k ≤ n.

Dann ist pn = (tk, xk)k ≤ n eine äquidistante Partition von [ a, b ] der Länge n + 1. Es gilt δ(pn) = (b − a)/(n + 1) und damit limn δ(pn) = 0.

(2)

Sei [ a, b ] ein Intervall und seien

a  =  t0  ≤  t1  ≤  …  ≤  tn  ≤  tn + 1  =  b.

Natürliche Möglichkeiten der Definition von Stützstellen xk, k ≤ n, sind:

links:  xk = tkmittig:  xk = tk + tk + 12rechts:  xk = tk + 1.

 Für manche Betrachtungen genügen Zerlegungspunkte tk eines Intervalls, Stützstellen werden nicht gebraucht. Wir nennen p = (tk)k ≤ n eine (stützstellenfreie) Partition von [ a, b ] der Länge n + 1, falls a = t0 ≤ … ≤ tn ≤ b gilt. Wir setzen wieder tn + 1 = b und definieren die Feinheitsbegriffe und die Äquidistanz wie früher. Diese einfacheren Partitionen eignen sich beispielsweise zur Definition von Treppenfunktionen:

Definition (Treppenfunktion)

Ein f : [ a, b ]   heißt eine Treppenfunktion (mit endlich vielen Stufen) auf [ a, b ], falls es eine Partition p = (tk)k ≤ n von [ a, b ] und c0, …, cn  ∈   gibt mit

f (x)  =  ck  für alle k ≤ n und x  ∈  ] tk, tk + 1 [.

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 Die Werte von f an den Zerlegungspunkten tk sind beliebig. Der Wertebereich von f ist also eine Teilmenge von { c0, …, cn, f (t0), …, f(tn + 1) }.

Beispiele

(1)

Sei f : [ 0, 1 ]   definiert durch f (x) = 0 für x  ∈  [ 0, 1/2 [, f (1/2) = 1/2 und f (x) = 1 für x  ∈  ] 1/2, 1 ]. Dann ist f eine Treppenfunktion.

(2)

Sei g : [ 0, 1 ]   die Dirichletsche Sprungfunktion auf [ 0, 1 ]. Dann nimmt g nur die beiden Werte 0 und 1 an, aber g ist keine Treppenfunktion.

(3)

Sei h : [ 0, 1 ]   mit h(x) = 1/2n für alle n und alle x  ∈  ] 1/2n + 1, 1/2n ]. Dann ist h keine Treppenfunktion, da h unendlich viele Werte annimmt.

(4)

Ist f : [ a, b ]   eine Treppenfunktion und stimmt g : [ a, b ]   bis auf endlich viele Stellen mit f überein, so ist auch g eine Treppenfunktion.