10.Normalformen

 Wir stellen einige Normalformen von Matrizen zusammen, d. h., wir geben möglichst einfache Repräsentanten für wichtige Äquivalenzrelationen an. Dabei beschränken wir uns zunächst auf Matrizen in n × n, n ≥ 1.

Äquivalente Matrizen

Definition

A, B  ∈  n × n sind äquivalent, falls S, T  ∈  GL(n, ) existieren mit B = S A T−1.

Bedeutung

A und B stellen dieselbe lineare Abbildung bzgl. verschiedener Basen dar, d. h., es gibt ein lineares f : n  n und Basen 𝒜, , 𝒜′, ′ des n mit A = A𝒜, f, B = A𝒜′, ′f.

Normalformen

Sei A  ∈  n × n, und sei r = rang(A). Dann gibt es S, T  ∈  GL(n, ) mit

S A T−1  =  Er000. (Normalformdarstellung)

Weiter gibt es S, T  ∈  U(n) und σ1, …, σr > 0 mit

S A T−1  =  diag(σ1,…,σr)000. (Singulärwertzerlegung)

Kongruente Matrizen

Definition

A, B  ∈  n × n sind kongruent, falls ein S  ∈  GL(n, ) existiert mit B = S*AS.

Bedeutung

A und B stellen dieselbe Sesquilinearform bzgl. einer Basis des n dar, d. h., es gibt eine Sesquilinearform φ : n × n   und Basen 𝒜 mit

φ(x, y)  =  〈 Φ𝒜(x), A Φ𝒜(y) 〉kanonisch  =  〈 Φ(x), B Φ(y) 〉kanonisch  für alle x, y  ∈  n,

Normalform (für hermitesche Matrizen)

Ist A hermitesch, so existiert ein S  ∈  GL(n, ) mit

S* A S  =  Es+Es0, (Hauptachsentransformation, Trägheitssatz)

wobei s+ und s die Anzahlen der positiven bzw. negativen Eigenwerte von A sind.

Ähnliche Matrizen

Definition

A, B  ∈  n × n sind ähnlich, falls ein S  ∈  GL(n, ) existiert mit B = S A S− 1.

Bedeutung

A und B stellen dieselbe lineare Abbildung bezüglich einer Basis dar, d. h., es gibt ein lineares f : n   und Basen 𝒜 des n mit

A  =  A𝒜f  =  A𝒜, 𝒜f,  B  =  Af  =  A, f.

Normalformen

Sei A  ∈  n und seien λ1, …, λn die in ihrer algebraischen Vielfachheit gezählten Eigenwerte A. Dann gilt:

(1)

Es gibt ein S  ∈  GL(n, ) und bij  ∈   mit i < j mit

S A S−1  =  λ1b12b1nλ2b23b2nλn1bn1,nλn. (Trigonalisierung, Schur-Zerlegung)

(2)

Ist für jeden Eigenwert λ die geometrische Vielfachheit dim(Eig(f, λ)) gleich der algebraischen Vielfachheit μf(λ), so existiert ein S  ∈  GL(n, K) mit

S A S−1  =  diag1, …, λn). (Diagonalisierung)

(3)

Ist A normal (d. h. AA* = A*A), so gibt es ein S  ∈  U(n) mit

S A S−1  =  diag1, …, λn). (unitäre Diagonalisierung, spektrale Zerlegung)

Insbesondere gilt dies für hermitesche A (A = A*) und für unitäre A (A* = A−1). Genau für die hermiteschen Matrizen sind alle λi reell.

(4)

Es gibt ein S  ∈  GL(n, ) mit

S A S−1  =  J(λ1)J(λm), (Jordan-Normalform)

wobei nun λ1, …, λm, m ≤ n, die paarweise verschiedenen Eigenwerte von A bezeichnen und jedes J(λi) eine aus dim(Eig(A, λi)) Jordan-Blöcken zusammengesetze Bidiagonalmatrix ist. Die algebraische Vielfachheit des Eigenwerts λi entspricht der Zeilen- und Spaltenzahl von J(λi). Die Matrix SAS−1 ist eine obere Dreiecksmatrix, sodass die Jordan-Normalform die Trigonalisierung verfeinert.

Normalformen für reelle Matrizen

 Wir betrachten nun reelle Matrizen A  ∈  n × n. Die Ergebnisse für die Äquivalenz und die Kongruenz bleiben gleich (mit „symmetrisch“ statt „hermitesch“). Für die Ähnlichkeit ergeben sich Unterschiede, da das charakteristische Polynom pA über  im Allgemeinen nicht in Linearfaktoren zerfällt:

(1)

Eine Trigonalisierung ist im Allgemeinen nicht möglich.

(2)

Die Diagonalisierung gilt unter den Vielfachheitsvoraussetzungen, wenn pA in Linearfaktoren zerfällt.

(3)

Eine orthogonale Diagonalisierung ist genau dann möglich, wenn A symmetrisch ist. Wie für  ist dies ein zentrales Ergebnis der Linearen Algebra, vgl. 8. 6.

(4)

Die Jordan-Normalform ist als Verstärkung der Trigonalisierung im Allgemeinen nicht mehr erreichbar. Sie gilt, falls pA in reelle Linearfaktoren zerfällt.

 Eine Matrix A  ∈  n × n heißt normal, falls AAt = AtA. Im Gegensatz zum komplexen Fall ist die Normalität nicht mehr hinreichend für die Diagonalisierbarkeit. Das Beste, was man erreichen kann, ist eine Diagonalform mit (2 × 2)-Kästchen: Es gibt ein S  ∈  O(n) mit

S A S−1  =  λ1λkB1Bs, (Normalform für normale reelle Matrizen)

wobei die λi die Eigenwerte von A sind und die Bi  ∈  2 × 2 die schiefsymmetrische Form

Bi  =  aibibiai,  bi  ≠  0

besitzen. Dies zeigt man so: Wegen A  ∈  n × n ⊆ n × n gibt es eine Orthonormalbasis 𝒜 des n aus Eigenvektoren von A. Da A reell ist, kann 𝒜 = (x1, …, xk, z1, z1, …, zs, zs) mit xi  ∈  n erreicht werden. Ersetzt man die komplexen zi-Paare durch 2 Re(zi), 2 Im(zi)  ∈  n, so erhält man eine Orthonormalbasis 𝒜′ des n, die A in Normalform bringt. Dabei ist ai = Re(λ) und bi = Im(λ) für einen komplexen Eigenwert λ von A  ∈  n × n.

 Für den wichtigen Spezialfall einer orthogonalen Matrix A  ∈  O(n) kann man

Bi  =  cosαisinαisinαicosαi,  αi kein Vielfaches von π,

schreiben (da dann a2i + b2i = 1). Diese Matrizen stellen Drehungen dar. Da die Eigenwerte einer orthogonalen Matrix den Betrag 1 haben, lässt sich die Normalform von A  ∈  O(n) als „±1-Kette + Drehkästchen“ beschreiben (vgl. hierzu die Tabelle in 7. 8).