1.8 Operationen und Abgeschlossenheit
Definition (Operation, abgeschlossen unter)
Operationen oder Verknüpfungen
Gilt f : An → A für ein n ∈ ℕ, so heißt f eine (n-stellige) Operation oder Verknüpfung auf A. Wir schreiben
f(a1, …, an) statt f((a1, …, an)) für alle a1, …, an ∈ A.
Ist n = 2 und f ein Zeichen wie +, ·, ∘, …, so schreiben wir auch
a + b, a · b, a ∘ b, … statt +(a, b), ·(a, b), ∘(a, b), … für alle a, b ∈ A.
Abgeschlossenheit einer Menge unter einer Operation
Ist f : An → A eine Operation und B ⊆ A, so heißt B abgeschlossen unter f, falls
f(a1, …, an) ∈ B für alle a1, …, an ∈ B. (Abgeschlossenheitsbedingung)
Abschluss einer Menge unter einer Operation
Ist f : An → A und B ⊆ A, so setzen wir:
〈 B 〉 = 〈 B 〉f = „die ⊆-kleinste unter f abgeschlossene Obermenge von B“.
Die Menge 〈 B 〉 heißt der Abschluss von B unter f oder die von f und B erzeugte Teilmenge von A. Ist B = { b1, …, bm }, so schreiben wir 〈 b1, …, bm 〉 für 〈 B 〉.
Bei einer zweistelligen Operation ∘ : A2 → A werden je zwei Elemente a und b von A auf ein Element a ∘ b von A abgebildet; a und b müssen dabei nicht verschieden sein und es kann a ∘ b ≠ b ∘ a gelten. Eine Teilmenge B von A ist abgeschlossen unter der Operation, wenn die Anwendung der Operation nicht aus B herausführt, d. h., für alle a, b ∈ B ist a ∘ b wieder ein Element von B.
Eine Funktion der Form f : An → B heißt eine n-stellige Funktion auf A und man schreibt f(a1, …, an) statt f((a1, …, an)), um die Lesbarkeit zu vereinfachen. Operationen sind n-stellige Funktionen auf A, die Werte in A annehmen. Jedem n-Tupel (a1, …, an) mit Einträgen in A wird ein a = f(a1, …, an) ∈ A zugeordnet.
In der Algebra spielen vor allem zweistellige Operationen eine wichtige Rolle. Der Leser denke an die Addition und Multiplikation auf den Zahlenmengen ℕ, ℤ, ℚ, ℝ, ℂ. Es gilt zum Beispiel + : ℕ2 → ℕ und · : ℝ2 → ℝ. Die „innere Notation“ n + m bzw. x · y liefert die vertrauten Ausdrücke: n + (m + k) ist viel besser lesbar als +(n, +(m, k)).
Auch einstellige Operationen sind von Interesse. Hier gilt einfach f : A → A. Ein Beispiel ist die Nachfolgerfunktion S : ℕ → ℕ mit S(n) = n + 1 für alle n.
Abgeschlossenheit einer Menge B unter f
Seien f : An → A und B ⊆ A. Die Abgeschlossenheit von B bedeutet, dass die Anwendung von f auf je n Elemente in B stets Werte in B liefert: „f führt nicht aus B heraus.“ Gleichwertig ist, dass die Einschränkung von f auf Bn eine Operation auf B ist:
f|Bn : Bn → B. (Abgeschlossenheitsbedingung, Umformulierung)
Beispiele
(1) | Die Menge G der geraden Zahlen ist abgeschlossen unter der Addition + auf ℕ, da n + m ∈ G für alle n, m ∈ G. Dagegen ist U = ℕ − G nicht abgeschlossen unter +, da 1, 3 ∈ U, aber 1 + 3 ∉ U. |
(2) | ℝ+ = { x ∈ ℝ | x > 0 } und ℝ+0 = ℝ+ ∪ { 0 } sind abgeschlossen unter der reellen Multiplikation, da das Produkt zweier positiver (nichtnegativer) Zahlen positiv (nichtnegativ) ist. Ebenso ist das Intervall [ 0, 1 ] abgeschlossen unter ·. Dagegen sind { x ∈ ℝ | x ≤ 0 } und [ 0, 2 ] nicht abgeschlossen unter ·. |
(3) | Für jede Operation f : An → A sind A und ∅ abgeschlossen unter f. |
Abschluss einer Menge B unter f
Für jedes B ⊆ A existiert eine bzgl. der Inklusion ⊆ kleinste unter f abgeschlossene Obermenge 〈 B 〉 = 〈 B 〉f. Sie lässt sich auf zwei äquivalente Arten konstruieren:
Konstruktion „von oben“: Schnittbildung
Es gilt 〈 B 〉 = ⋂ { C | C ⊇ B und C ist abgeschlossen unter f }.
Konstruktion „von unten“: wiederholte Anwendung von f
Wir setzen B0 = B und Bk + 1 = Bk ∪ f[ Bkn ] für alle k ∈ ℕ. Dann gilt
〈 B 〉 = ⋃k ∈ ℕ Bk.
Beispiele
(1) | Sei S : ℕ → ℕ die Nachfolgerbildung, und sei B = { 4, 9 }. Dann gilt B0 = { 4, 9 }, B1 = B0 ∪ { 5, 10 }, B2 = B1 ∪ { 6, 11 }, … Damit ist 〈 4, 9 〉 = { n ∈ ℕ | n ≥ 4 }. |
(2) | Sei + : ℕ2 → ℕ die Addition, und sei B = { 4, 9 }. Dann gilt (#) 〈 4, 9 〉 = { n 4 + m 9 | n, m ≥ 1 }. Denn die Menge M rechts ist abgeschlossen unter +, sodass 〈 4, 9 〉 ⊆ M. Ist C eine unter + abgeschlossene Obermenge von { 4, 9 }, so sind n 4, m 9 und n 4 + m 9 Elemente von C für alle n, m ≥ 1. Also gilt M ⊆ C für alle unter + abgeschlossenen C ⊇ { 4, 9 }, sodass M ⊆ 〈 4, 9 〉. |