2.8Ringe

Definition (Ring, kommutativer Ring, Nullteilerfreiheit)

Sei R eine Menge, und seien + : R2  R und · : R2  R Operationen auf R. Dann heißt das Tripel (R, + , ·) ein Ring (mit 1), falls gilt:

(a)

(R, +) ist eine abelsche Gruppe.

(b)

(R, ·) ist ein Monoid.

(c)

Für alle a, b, c  ∈  R gilt:

a(b + c)  =  ab  +  ac,  (a + b)c  =  ac  +  bc. (Distributivgesetze)

Ein Ring R heißt kommutativ, wenn · kommutativ ist. Er heißt nullteilerfrei, falls

a · b  =  0  impliziert  a = 0  oder  b = 0  für alle a, b  ∈  R. (Nullteilerfreiheit)

Ein a  ∈  R heißt invertierbar oder eine Einheit, wenn es ein b gibt mit ab = ba = 1. Die multiplikative Gruppe aller Einheiten in R wird mit R× bezeichnet.

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12 mit

[ a ] + [ b ] = [ a + b ],

[ a ] · [ b ] = [ ab ]

ist ein Ring.

 Ringe sind unsere erste algebraische Struktur, bei der mehr als eine Operation vorhanden ist. Ein Ring ist ausgestattet mit einer (kommutativen) Addition und einer (nicht notwendig kommutativen) Multiplikation. Die Distributivgesetze verbinden die beiden Operationen.

Konventionen

„Mal“ bindet stärker als „Plus“, der Malpunkt kann weggelassen werden, 0 ist das neutrale Element von (R, +), 1 das neutrale Element von (R, ·).

Rechenregeln in Ringen

a 0  =  0  =  0 a,  (−a) b  =  − (ab)  =  a (− b),  (− a)(− b)  =  ab.

 Diese Regeln ergeben sich aus den Beobachtungen:

a0  =  a (0 + 0)  =  a0  +  a0,  sodass  0  =  a0,  (analog für 0a)
0  =  (a − a)b  =  ab  +  (−a)b,  sodass  −(ab)  =  (−a)b,  (analog für a(−b)),

(−a)(−b)  =  −(a (−b))  =  −−(ab)  =  ab.

 Die Distributivgesetze schreiben also den Wert für die Multiplikation mit 0 vor und erzwingen „Minus mal Minus gleich Plus“.

Warnung

Die Regel (−a)b = −(ab) kann nicht mit dem Assoziativgesetz begründet werden: Das Argument „man darf beliebig Klammern setzen“ ist hier nicht korrekt, da das Minuszeichen kein Element von R ist, sondern additiv Inverse bezeichnet.

Beispiele

(1)

R = { 0 } mit 0 + 0 = 0 und 0 · 0 = 0 ist der sog. Nullring oder triviale Ring.

Er ist der einzige Ring, der 1 = 0 erfüllt.

(2)

, ,  (mit + und · wie üblich) sind kommutative nullteilerfreie Ringe.

In  sind genau die Elemente 1 und −1 Einheiten, sodass × = { −1, 1 }.

(3)

Für alle m ≥ 1 bildet m mit [ a ] + [ b ] = [ a + b ] und [ a ] · [ b ] = [ ab ] einen Ring mit 0 = [ 0 ] und 1 = [ 1 ]. 1 ist der Nullring. Ist m = ab, so gilt [ a ] · [ b ] = [ 0 ] = 0. Also ist m genau dann nullteilerfrei, wenn m = 1 oder m prim ist.

(4)

Ist M eine Menge, so ist ((M), Δ, ∩) mit der symmetrischen Differenz

A Δ B  =  (A − B) ∪ (B − A)  für alle A, B ⊆ M

als Addition ein kommutativer Ring mit 0 = ∅, 1 = M, −A = Ac für alle A ⊆ M.

(5)

Sind R1 und R2 Ringe, so ist R = R1 × R2 mit den Produktoperationen ein Ring.

 Wichtige nichtkommutative Ringe werden wir in Kapitel 5 kennenlernen.

Weitere Rechenregeln in Ringen

Für alle kommutierenden a, b  ∈  R (d. h. ab = ba) und alle n  ∈   gilt:

an  −  bn  =  (a − b)(an − 1  +  an − 2 b1  +  …  +  a1 bn − 2  +  bn − 1) =

(an − 1  +  an − 2 b1  +  …  +  a1 bn − 2  +  bn − 1)(a − b),

an  −  1  =  (a − 1)(a0  +  a1  +  …  +  an − 2  +  an − 1)  =

(a0  +  a1  +  …  +  an − 2  +  an − 1)(a − 1),

(a  +  b)n  =  0 ≤ k ≤ n nk an − k bk.  (Binomischer Lehrsatz)

Die erste Regel kann durch Ausmultiplizieren bewiesen werden, die zweite folgt durch Setzen von b = 1 aus der ersten. Der binomische Lehrsatz lässt sich durch Induktion nach n zeigen. Der Leser wird vielleicht erkennen, dass die zweite Regel die Formel für die endliche geometrische Reihe in  oder  liefert:

k ≤ n ak  =  1 − an + 11 − a  für alle a  ∈   bzw. alle a  ∈   mit a ≠ 1.