3.11Quotientenräume

Definition (Quotientenraum)

Sei V ein K-Vektorraum, und sei U ein Unterraum von V. Dann definieren wir eine Äquivalenzrelation ∼ auf V durch

v  ∼  w,  falls  v − w   ∈  U   für alle v, w  ∈  V.

Auf der Faktorisierung V/U = { [ v ] | v  ∈  V } = { v/∼ | v  ∈  V } definieren wir

[ v ]  +  [ w ]  =  [ v + w ] für alle v, w  ∈  V,
α  ·  [ v ]  =  [ α v ] für alle α  ∈  K und v  ∈  V.

Der so entstehende Vektorraum V/U heißt der Quotientenraum von V modulo U.

Eine Äquivalenzklasse [ v ] nennen wir auch eine Nebenklasse von V bzgl. U.

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Für eine Gerade U durch 0 in 2 besteht 2/U aus allen zu U parallelen Geraden [ v ] = v + U.

 Die Idee ist, die Vektoren in U als „unwesentlich“ zu betrachten und Vektoren v und w in V miteinander zu identifizieren, deren „Unterschied“ v − w unwesentlich ist.

 Die Relation ∼ ist eine Äquivalenz auf V und die Abbildungen + und · sind wohldefiniert. Durch sie wird V/U zu einem K-Vektorraum. Die Klassen [ v ] sind die Vektoren dieses Raums, die Skalare sind einfach die Skalare von V. Der Nullvektor des Quotientenraumes ist U. Für alle v  ∈  V gilt

[ v ]  =  v  +  U,  wobei  v + U  =  { v + u | u  ∈  U }.

 Mit Blick auf die Faktorgruppen in 2. 7 ist die Konstruktion nicht neu: (V/U, +) ist die Faktorgruppe der Gruppe (V, +) bzgl. der Untergruppe U. Da (V, +) abelsch ist, ist U ein Normalteiler. Im Unterschied zur reinen Gruppentheorie kann auf der Faktorgruppe V/U zudem eine Skalarmultiplikation erklärt werden, sodass V/U zu einem Vektorraum wird.

Eigenschaften der Nebenklassen

[ 0 ]  =  0 + U  =  U  =  0

[ u ]  =  U  für alle u  ∈  U

1 ≤ i ≤ n αi [ vi ]  =  [ 1 ≤ i ≤ n αi vi ]  für alle v1, …, vn  ∈  V, α1, …, αn  ∈  K

Beispiele

(1)

Für U = { 0 } ist [ v ] = { v } für alle v  ∈  V und damit

V/U  =  { [ v ] | v  ∈  V }  =  { { v } | v  ∈  V }.

(2)

Für U = V ist [ v ] = V für alle v  ∈  V und damit V/U = { V } = [ 0 ] } = { 0 }.

(3)

Ist U eine Gerade durch den Nullpunkt in der Ebene V = 2, so ist eine Nebenklasse [ v ] = v + U eine zu U parallele Gerade. Der Quotientenraum V/U besteht aus allen zu U parallelen Geraden. Analoges gilt für Geraden oder Ebenen durch den Nullpunkt in 3.

(4)

Sei V der -Vektorraum aller (Riemann-) integrierbaren 2π-periodischen Funktionen f :    (V ist ein Unterraum des ). Dann ist

U  =  { f  ∈  V  |  0|f (x)| dx  =  0 }

ein Unterraum von V. Zwei Funktionen f, g  ∈  V sind äquivalent modulo U, falls

0|f (x) − g(x)| dx  =  0.

Der Quotientenraum V/U spielt in der Analysis in der Theorie der Fourier-Reihen eine Rolle. Allgemein werden Quotientenräume dieser Art in der Funktionalanalysis studiert.

 Wir betrachten noch, wie sich Basen unter einer Faktorisierung V/U verhalten. Sei hierzu V ein endlich-dimensionaler K-Vektorraum, und sei U ein Unterraum von V mit dim(U) = k. Weiter sei (u1, …, uk) eine Basis von U und B = (v1, …, vn, u1, …, uk) eine Basis von V. Dann gilt für alle Skalare αi und βj

[ 1 ≤ i ≤ n αi vi  +  1 ≤ j ≤ k βj uj ]  =  [ 1 ≤ i ≤ n αi vi ]  +  [ 1 ≤ j ≤ k βj uj ]  = 

1 ≤ i ≤ n αi [ vi ]  +  1 ≤ j ≤ k βj 0  =  1 ≤ i ≤ n αi[ vi ],

sodass man den U-Anteil eines Vektors bezüglich der Basis B vernachlässigen kann. Die Nebenklassen

[ v1 ],  …,  [ vn ]  ∈  V/U

bilden eine Basis BU = ([ v1 ], …, [ vn ]) des Quotientenraums V/U. Also gilt

dim(V/U)  =  dim(V)  −  dim(U).

Ist vB = (α1, …, αn, β1, …, βk)  ∈  Kn + k der Koordinatenvektor eines Vektors v  ∈  V bezüglich der Basis B, so ist

vBU  =  1, …, αn)  ∈  Kn

der Koordinatenvektor von [ v ]  ∈  V/U bezüglich BU.