3.12Affine Unterräume und Koordinaten

Definition (affiner Unterraum, affine Kombination)

Sei V ein K-Vektorraum.

(a)

Ein A ⊆ V heißt ein affiner Unterraum von V, falls A leer ist oder ein v  ∈  V und ein Unterraum U von V existieren mit

A  =  v  +  U  =  { v + u | u  ∈  U }.

(b)

Ein w  ∈  V heißt eine affine Kombination der Vektoren v1, …, vn in V, falls Skalare α1, …, αn existieren mit:

w  =  α1 v1  +  …  +  αn vn,

α1  +  …  +  αn  =  1.

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Zwei affine

Kombinationen von v1 und v2 in einem affinen Unterraum A

 Die nichtleeren affinen Unterräume von V sind also die um einen Vektor v „verschobenen“ Unterräume von V (also alle Nebenklassen, vgl. 3. 11). Der Vektor v ist im Gegensatz zu U nicht eindeutig bestimmt. Es gilt

v + U  =  v′ + U′  genau dann, wenn  U = U′ und v − v′  ∈  U.

 Dass die leere Menge als affiner Unterraum gilt, ist eine nützliche Konvention (vgl. Abschnitt 4. 8). Im Kontrast dazu ist die leere Menge kein Unterraum von V.

Beispiele

(1)

Die affinen Unterräume von  sind ∅ und alle einpunktigen Mengen { x } (denn es gilt { x } = x + U für den Unterraum U = { 0 } von ).

(2)

Die affinen Unterräume von 2 sind ∅, alle einpunktigen Mengen { v } und alle Geraden { v0 + α v1 | α  ∈   } in der Ebene.

 Affine Kombinationen sind zunächst lediglich spezielle Linearkombinationen. Den Zusammenhang mit affinen Unterräumen zeigt:

Charakterisierung der affinen Unterräume

Sei V ein K-Vektorraum, und sei A ⊆ V. Dann sind äquivalent:

(a)

A ist ein affiner Unterraum von V.

(b)

A ist abgeschlossen unter affinen Kombinationen: Für alle

v1, …, vn  ∈  A und α1, …, αn  ∈  K mit α1 + … + αn = 1 ist

α1 v1 + … + αn vn  ∈  A.

Die Äquivalenz ist klar für A = ∅. Ist A = v + U ein affiner Unterraum von V, so haben affine Kombinationen mit Vektoren in A die Form

α1(v + u1)  +  …  +  αn(v + un)  =  1 v  +  α1 u1 + … + αn un   ∈  v + U = A,

sodass A abgeschlossen unter affinen Kombinationen ist. Gilt umgekehrt (b) und ist v  ∈  A beliebig, so ist U = { w − v | w  ∈  A } wegen w − w = 0  ∈  U und

α(w1 − v)  +  β(w2 − v)  =  (1 − α − β)v  +  α w1  +  β w2  −  v  =  w′  −  v

ein Unterraum von V. Zudem gilt A = { v + w − v | w  ∈  A } = v + U.

 Aus der Charakterisierung erhalten wir:

Erzeugung von affinen Räumen

Für alle v0, v1, …, vn  ∈  V ist A = { w | w ist eine affine Kombination von v0, …, vn } der kleinste affine Unterraum von V, der v0, …, vn als Elemente enthält. Es gilt

A  =  v0  +  span(v0 − v1, …, v0 − vn).

 Wir erweitern nun noch den Basisbegriff auf affine Räume. Dabei beschränken wir uns auf den endlich-dimensionalen Fall.

Definition (affine Basis, dim(A), affine und baryzentrische Koordinatenvektoren)

Sei A = v0 + U ein affiner Unterraum von V, und seien v1, …, vn  ∈  A. Dann heißt (v0, v1, …, vn) eine affine Basis und n die Dimension von A, falls (v1 − v0, …, vn − v0) eine Basis von U ist. Für alle w  ∈  A heißt das eindeutige n-Tupel 1, …, αn) mit

w  =  v0  +  α1(v1 − v0)  +  …  +  αn(vn − v0)

der affine Koordinatenvektor und das eindeutige (n + 1)-Tupel 0, …, λn) mit

w  =  λ0 v0  +  λ1 v1  +  …  +  λn vn,  λ0 + … + λn = 1.

der baryzentrische Koordinatenvektor von w bzgl. (v0, …, vn).

 Es gilt λ0 = 1 − (α1 + … + αn) und λk = αk für alle 1 ≤ k ≤ n. In affinen Koordinaten ist der Vektor v0 als „Ursprung“ des affinen Raums A ausgezeichnet, in baryzentrischen Koordinaten sind die Vektoren v0, …, vn gleichberechtigt. Das Wort „Baryzentrum“ bedeutet „Schwerpunkt“. Die Namensgebung illustriert:

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Beispiel

Für alle v0, v1, v2  ∈  2 ist

w  =  v0/3  +  v1/3  +  v2/3

der Schwerpunkt des durch die Vektoren v0, v1, v2 definierten Dreiecks D. Es gilt

D  =  { λ0 v0 + λ1 v1 + λ2 v2 | λ0 + λ1 + λ2 = 1, λ0, 1, 2 ≥ 0 }.