3.2 Unterräume
Definition (Unterraum)
Sei V ein K-Vektorraum, und sei U ⊆ V. Dann heißt U ein Unterraum oder Untervektorraum von V, falls gilt:
(a) | U ist eine Untergruppe der abelschen Gruppe V. |
(b) | U ist abgeschlossen unter der Skalarmultiplikation, d. h., für alle α ∈ K und u ∈ U gilt αu ∈ U. |
Eine Ebene durch 0 ist ein Unterraum des ℝ3.
Die Polynome vom Grad kleinergleich 2 bilden einen Unterraum des ℝ[ X ]. Im Diagramm identifizieren wir sie mit Polynomfunktionen.
Unterräume verhalten sich zu Vektorräumen so wie Untergruppen zu Gruppen. Die Definition besagt:
U ist mit der von V ererbten Vektoraddition und Skalarmultiplikation ein K-Vektorraum.
Die Gültigkeit der Axiome für die Skalarmultiplikation müssen wir nicht fordern. Sie überträgt sich von V auf jede Teilmenge U von V.
Wie für Untergruppen sehen wir je nach Kontext einen Unterraum als Teilmenge eines Vektorraumes oder als vollständigen Vektorraum an.
Das Analogon zum Untergruppenkriterium ist:
Unterraumkriterium
U ⊆ V ist genau dann ein Unterraum von V, falls gilt:
(U1) U ≠ ∅.
(U2) Für alle u, w ∈ U gilt u + w ∈ U.
(U3) Für alle α ∈ K und u ∈ U gilt αu ∈ U.
Die Aussagen (U1) und (U2) gelten, falls U eine Untergruppe von V ist, und (U3) ist genau die Aussage (b) der Definition. Sind (U1) − (U3) erfüllt, so gilt für alle u, w ∈ U, dass
u − w = u + (− w) = u + (−1) w ∈ U,
sodass das Untergruppenkriterium anwendbar ist und Teil (a) der Definition liefert.
Beispiele
(1) | Für jeden Vektorraum V sind { 0 } und V Unterräume von V. |
(2) | Sei V = ℝ3. Dann sind U = { (x1, 0, 0) ∈ V | x1 ∈ ℝ } und W = { (x1, x2, 0) ∈ V | x1, x2 ∈ ℝ } Unterräume von V. Allgemeiner bildet jede Gerade und jede Ebene in V durch den Nullpunkt einen Unterraum von V. Geraden und Ebenen, die nicht durch den Nullpunkt verlaufen, bilden dagegen keine Unterräume (vgl. auch 3. 12). |
(3) | Allgemeiner als (2): Seien n ≥ 1 und I ⊆ { 1, …, n }. Dann ist U = { (x1, …, xn) ∈ ℝn | xi = 0 für alle i ∈ I } ein Unterraum von ℝn. |
(4) | ℚ ist eine Untergruppe von (ℝ, +), aber kein Unterraum des ℝ-Vektorraumes ℝ. Die Abgeschlossenheit unter Skalarmultiplikation ist verletzt: Ist α irrational, so ist α · 1 = α ∉ ℚ. Dagegen ist ℚ ein Unterraum des ℚ-Vektorraumes ℝ, bei dem nur rationale Zahlen als Skalare für Vektoren (reelle Zahlen) auftauchen. |
(5) | Für alle n ist Un = { v ∈ K[ X ] | deg(v) ≤ n } ein Unterraum des K-Vektorraums K[ X ] aller Polynome über K. |
(6) | Sind U und W Unterräume von V, so ist auch der Durchschnitt U ∩ W ein Unterraum von V. Allgemeiner gilt: Ist (Ui)i ∈ I eine Familie von Unterräumen von V, so ist auch U = ⋂i ∈ I Ui = { v ∈ V | v ∈ Ui für alle i ∈ I } ein Unterraum von V. |
(7) | Sind U und W Unterräume von V, so ist U ∪ W im Allgemeinen nicht abgeschlossen unter der Vektoraddition und damit kein Unterraum von V. Sind zum Beispiel U und W zwei verschiedene Geraden der Ebene durch 0, so ist U ∪ W keine Untergruppe von (ℝ2, +). Denn sind u ∈ U und w ∈ W beide ungleich dem Nullvektor, so ist u + w kein Element von U ∪ W. |
(8) | Ist (Ui)i ∈ I eine Familie von Unterräumen von V und gilt die Vergleichbarkeit Ui ⊆ Uj oder Uj ⊆ Ui für alle i, j ∈ I, so ist auch ⋃i ∈ I Ui = { v ∈ V | es gibt ein i ∈ I mit v ∈ Ui } ein Unterraum von V. Ist I endlich, so ist die Vereinigung einfach gleich dem größten Element der durch die Ui gebildeten ⊆-Kette. Es gibt aber auch Beispiele für unendliche Ketten, so etwa (Un)n ∈ ℕ wie in Beispiel (5). Hier ist ⋃n ∈ ℕ Un = K[ X ]. |