3.3 Produkte von Vektorräumen
Definition (Produkte und Potenzen)
Endliche Produkte
Seien V1, …, Vn, n ≥ 1, K-Vektorräume, und sei
W = V1 × … × Vn = { (v1, …, vn) | vi ∈ Vi für alle 1 ≤ i ≤ n }.
Für alle v = (v1, …, vn), w = (w1, …, wn) ∈ W und α ∈ K setzen wir:
v + w = (v1 + w1, …, vn + wn),
α · v = (αv1, …, αvn).
(W, +, ·) heißt das Produkt der Vektorräume V1, …, Vn.
Familien-Produkte
Sei (Vi)i ∈ I eine Familie von K-Vektorräumen, und sei
W = ∏i ∈ I Vi = { (vi)i ∈ I | vi ∈ Vi für alle i ∈ I }.
Für alle v = (vi)i ∈ I, w = (wi)i ∈ I ∈ W und α ∈ K setzen wir
v + w = (vi + wi)i ∈ I, α · v = (αvi)i ∈ I.
(W, +, ·) heißt das Produkt der Vektorräume (Vi)i ∈ I.
Potenzen
Sind in einem Produkt alle Vi gleich einem Vektorraum V, so schreiben wir auch
Vn statt V1 × … × Vn,
VI statt ∏i ∈ I Vi.
Vn bzw. VI heißt die n- bzw. I-fache Potenz von V. Weiter setzen wir
V0 = { 0 }.
Ist K ein Körper, so schreiben wir Kn und KI für die Potenzen des K-Vektorraumes K.
Kurz: Auf den Produkten
V1 × … × Vn, ∏i ∈ IVi
wird eine komponenten- oder punktweise Vektoraddition und Skalarmultiplikation erklärt. Die Produkte werden dadurch zu K-Vektorräumen.
ein Vektor des ℝℕ
ein Vektor des ℝ[ 0, ∞ [
Bemerkung 1
In der Produktbildung ist es wichtig, dass alle beteiligten Vektorräume denselben Skalarenkörper K besitzen. K hängt nicht vom Index i ab.
Bemerkung 2
Ist I = { 1, …, n }, so können wir das Produkt V1 × … × Vn mit ∏i ∈ I Vi und die Potenz Vn mit der Potenz V{ 1, …, n } identifizieren. Dadurch werden die endlichen Produkte zu Spezialfällen der allgemeinen Produkte. Dies gilt auch für n = 0 und I = ∅, wenn wir 0 mit der leeren Menge identifizieren.
Explizit wollen wir noch einmal die Körperpotenzen
Kn = { (x1, …, xn) | xi ∈ K für alle 1 ≤ i ≤ n },
KI = { (xi)i ∈ I | xi ∈ K für alle i ∈ I } = { f | f : I → K }
notieren. Sie spielen eine fundamentale Rolle in der Linearen Algebra, und wir werden ihnen noch oft begegnen. Am wichtigsten sind hier die Körper K = ℝ und K = ℂ.
Beispiele
(1) | ℝ × ℝ × ℝ = ℝ3, V × V × V × V = V4 usw. |
(2) | Die Vektoren von V = ℝ2 × ℝ3 haben die Form ((x1, x2), (y1, y2, y3)). Identifizieren wir diese Vektoren mit (x1, x2, y1, y2, y3), so wird V zum ℝ5. |
(3) | Beispiele für Potenzen VI sind ℝ{ 0, 2, 4 }, ℝℕ, ℂℕ, ℝℝ und ℂℂ. |
(4) | Die Vektoren des ℝℕ sind die reellen Folgen (xn)n ∈ ℕ. Die Addition und Skalarmultiplikation auf dem ℝℕ sind wie in der Analysis erklärt durch (xn)n ∈ ℕ + (yn)n ∈ ℕ = (xn + yn)n ∈ ℕ und α (xn)n ∈ ℕ = (α xn)n ∈ ℕ. Analoges gilt für ℂℕ. |
(5) | Für I ⊆ ℝ sind die Vektoren des ℝI reellwertige Funktionen der Form f : I → ℝ. Die Addition und Skalarmultiplikation fällt erneut mit den analytischen Operationen f + g und α f zusammen. Typische Fälle sind I = [ 0, 1 ] und I = ℝ. Analoges gilt für ℂI mit I ⊆ ℂ, etwa I = [ 0, 1 ]2, I = { z ∈ ℂ | |z| = 1 } oder I = ℂ. |
Der Polynomring K[ X ] = K(ℕ) ist ein Unterraum der Potenz Kℕ. Er besteht aus allen Folgen (xn)n ∈ ℕ in K, deren Träger { n | xn ≠ 0 } endlich ist. Allgemein definieren wir:
Definition (die Vektorräume V(I))
Für jeden K-Vektorraum V und jede Menge I sei
V(I) = { (vi)i ∈ I ∈ VI | { i ∈ I | vi ≠ 0 } ist endlich } }.
Der Vektorraum V(I) ist ein Unterraum des VI. Ist I endlich, so gilt V(I) = VI. Andernfalls ist V(I) eine echte Teilmenge des VI.