3.7 Austauschlemma und Austauschsatz
Satz (Austauschlemma und Austauschsatz von Ernst Steinitz)
Sei V ein K-Vektorraum, und sei (v1, …, vn) eine Basis von V. Dann gilt:
Austauschlemma
Ist v ∈ V und 1 ≤ i ≤ n derart, dass in der Linearkombination
v = α1 v1 + … + αn vn
der Skalar αi von 0 verschieden ist, so ist auch
v1, …, vi − 1, v, vi + 1, …, vn
eine Basis von V.
Austauschsatz von Erst Steinitz
Ist (w1, …, wk) linear unabhängig in V, so ist k ≤ n und es gibt n − k Vektoren unter den Basisvektoren v1, …, vn, sodass diese Vektoren zusammen mit (w1, …, wk) eine Basis von V bilden.
In der Basis (e1, e2, e3) des ℝ3 kann jeder Basisvektor gegen v = e1 + e2 + e3 ausgetauscht werden:
(v, e2, e3), (e1, v, e3), (e1, e2, v) sind Basen des ℝ3.
In der Basis (v1, v2, v3) des ℝ3 können v1 und v2 gegen v ausgetauscht werden, nicht aber v3. Der Vektor v liegt in der von v1 und v2 aufgespannten Ebene E und hat damit den v3-Anteil 0.
Das Austauschlemma besagt, dass man einen Vektor vi einer Basis B gegen einen Vektor v austauschen darf, wenn v einen nichttrivialen vi-Anteil bzgl. B aufweist, wenn also die i-te Komponente des Koordinatenvektors vB von v von 0 verschieden ist.
Das Austauschlemma dient als Grundlage für einen Beweis des Austauschsatzes (vgl. Beispiel 3). Dieser besagt, dass man ein linear unabhängiges k-Tupel in eine Basis der Länge n integrieren kann, indem man gewisse Basisvektoren durch die Vektoren des Tupels ersetzt (anders formuliert: das Tupel mit Basisvektoren zu einer Basis erweitert). Ein wichtiger Bestandteil der Aussage des Austauschsatzes ist, dass k kleinergleich n ist. Es kann also nicht mehr linear unabhängige Vektoren als Elemente in einer Basis geben. Das ist zwar glaubhaft, aber keineswegs klar.
Beispiele
(1) | Sei (e1, e2, e3) die Standardbasis des ℝ3. Dann ist für alle v = (x, y, z) ∈ ℝ3 mit z ≠ 0 auch (e1, e2, v) eine Basis des ℝ3. Der Vektor e3 von B lässt sich also durch jeden Vektor mit einem Höhenanteil ungleich 0 ersetzen. |
(2) | Die „αi ≠ 0“-Bedingung im Austauschlemma ist auch notwendig dafür, dass der Austausch „vi gegen v“ eine Basis hinterlässt. Zum Beispiel können wir in der Basis ((1, 0, 0), (1, 1, 0), (1, 1, 1)) des ℝ3 den dritten Vektor nicht gegen einen Vektor (x1, x2, 0) austauschen, ohne die Basiseigenschaft zu zerstören. |
(3) | Wir betrachten die Standardbasis (e1, e2, e3, e4) des ℝ4 und das linear unabhängige Paar (w1, w2) mit w1 = (1, 2, 0, 0) und w2 = (3, 6, 2, −1). Es gilt w1 = (1, 2, 0, 0) = 1 e1 + 2 e2 + 0 e3 + 0 e4. Nach dem Austauschlemma ist (w1, e2, e3, e4) eine Basis. Nun gilt w2 = (3, 6, 2, −1) = 3 w1 + 0 e2 + 2e3 − e4, sodass nach dem Austauschlemma (w1, e2, w2, e4) eine Basis ist (nicht aber (w1, w2, e3, e4). Damit haben wir (w1, w2) in die Basis (e1, e2, e3, e4) integriert. |
(4) | Sei V ein Vektorraum derart, dass für jedes k ≥ 1 ein linear unabhängiges Tupel (w1, …, wk) existiert. Dann besitzt V keine endliche Basis. Denn wäre (v1, …, vn) eine Basis, so wären nach dem Austauschsatz k ≤ n für alle k, was nicht sein kann. |
Zwei einfache, aber wichtige Folgerungen aus dem Austauschsatz sind:
Für jeden Vektorraum V, der eine endliche Basis besitzt, gilt:
Längensatz
Je zwei Basen B1 und B2 haben die gleiche Länge.
Basisergänzungssatz
Ist A linear unabhängig, so existiert eine Basis B ⊇ A.
Sind nämlich (v1, …, vn) und (w1, …, wk) zwei Basen, so gilt k ≤ n nach dem Austauschsatz, da (w1, …, wk) linear unabhängig ist. Analog gilt n ≤ k und damit k = n. Dies zeigt den Längensatz. Der Basisergänzungssatz ist eine Abschwächung des Austauschsatzes.
Die Ergebnisse sind auch für Vektorräume, die keine endliche Basis besitzen, richtig, wobei im Längensatz „gleiche Mächtigkeit“ an die Stelle von „gleiche Länge“ tritt. Zum Beweis müssen dann allerdings andere Methoden verwendet werden (vgl. hierzu auch Abschnitt 3. 9).