4.11Lineare Abbildungen als Vektoren

Definition (lineare Operatoren)

Seien V, W K-Vektorräume. Dann definieren wir die K-Vektorräume

Hom(V, W)  =  HomK(V, W)  =  { f : V  W | f ist linear },

End(V)  =  EndK(V)  =  Hom(V, V).

Die Elemente von Hom(V, W) heißen auch lineare Operatoren von V nach W.

E3, 2

v1

v2

v3

v4

w1

0

0

0

0

w2

0

0

0

0

w3

0

1

0

0

Sind (v1, v2, v3, v4) und (w1, w2, w3) Basen von V bzw. W, so können wir E2, 3  ∈  Hom(V, W) durch Abbilden von v2 auf w3 und Nullfortsetzung definieren. Alle Ei, j bilden eine Basis von Hom(V, W) der Länge 4 · 3 = 12.

 Die Menge Hom(V, W) ist ein Unterraum des Vektorraums WV aller Funktionen von V nach W. Für alle f, g in Hom(V, W) und alle α  ∈  K sind f + g, αf : V  W definiert durch

(f + g)(v)  =  f (v)  +  f (v), 

(αf)(v)  =  α f (v)  für alle v  ∈  V.

Beispiele

(1)

Der Vektorraum End(3) besteht aus allen linearen Abbildungen des dreidimensionalen Raums in sich selbst. Darunter fallen zum Beispiel Drehungen um eine Achse durch 0, Streckungen, die Spiegelung am Nullpunkt oder an einer Geraden oder Ebene durch den Nullpunkt und Projektionen auf derartige Geraden und Ebenen.

(2)

Die Menge aller Automorphismen f : V  V ist eine Teilmenge von End(V). Sie bildet aber keinen Unterraum von End(V), da die Addition zweier Bijektionen im Allgemeinen keine Bijektion mehr ist. Für die Bijektionen f, g : V  V mit f (v) = v, g(v) = −v für alle v  ∈  V gilt zum Beispiel f + g = 0.

 Die Idee, aus linearen Abbildungen, die Vektoren eines Vektorraums V auf Vektoren eines Vektorraumes W abbilden, einen Vektorraum zu konstruieren, dessen Vektoren also lineare Abbildungen sind, ist sicher gewöhnungsbedürftig. Derartige Konstruktionen tauchen in der Mathematik aber häufiger auf. Nach der axiomatischen Untersuchung von algebraischen Strukturen studiert man Abbildungen zwischen Strukturen und stellt dann oft fest, dass diese Abbildungen selbst wieder eine algebraische Struktur besitzen. Mit der Automorphismengruppe Aut(G) haben wir bereits ein Beispiel kennengelernt (vgl. 4. 2).

 Sind f : V  W und g : W  U lineare Abbildungen, so ist auch die Komposition

g  ∘  f  :  V  U

linear. Insbesondere ist für alle f, g  ∈  End(V) auch g ∘ f  ∈  End(V). Der Vektorraum End(V) kann also mit einer Multiplikation ∘ versehen werden. Wir können Vektoren in End(V) nicht nur addieren und skalieren, sondern auch multiplizieren (im Gegensatz zu den Vektoren des, als Beispiel, 5). Für alle f, g, h  ∈  End(V) und alle Skalare α gilt, wenn wir die Komposition ∘ multiplikativ schreiben:

(a)

(fg)h  =  f (gh),

(b)

f(g + h)  =  f g  +  fh,  (f + g) h  =  fh  +  gh,

(c)

α (fg)  =  (α f) g  =  f (α g).

Wird ein K-Vektorraum A mit einer Multiplikation · : A2  A versehen, sodass (a) − (c) gilt, so heißt A eine (assoziative) Algebra auf K. Der K-Vektorraum End(V) ist also eine K-Algebra unter der Komposition von Abbildungen.

Beispiel

Ist f  ∈  End(V), so auch f 2 = f ∘ f, f 3 = f 2 ∘ f usw. Damit ist für alle n und alle Skalare α0, …, αn die Abbildung

g  =  αn f n  +  αn − 1 f n − 1  +  …  +  α1 f  +  α0 f 0

ein Element von End(V), wobei f 0 = idV.

 Wir bestimmen nun noch die Dimension von Hom(V, W). Hier gilt:

Ist dim(V) = n und dim(W) = m, so ist dim(Hom(V, W)) = nm.

Sind nämlich (v1, …, vn) und (w1, …, wm) Basen von V bzw. W, so sei Ei, j : V  W für alle 1 ≤ i ≤ m und 1 ≤ j ≤ n die eindeutige lineare Abbildung mit

Ei, j(vj)  =  wi,  Ei, j(vk)  =  0  für alle k ≠ j.

Dann ist B = (Ei, j)1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n eine Basis von Hom(V, W) der Länge nm. Die eine Abbildung Ei, j darstellenden Koeffizienten weisen genau eine Eins und ansonsten nur Nullen auf (vgl. obiges Diagramm und 4. 7). Ist f  ∈  Hom(V, W), so gilt

f  =  1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n αi,j Ei, j,

mit den darstellenden Koeffizienten αi, j von f. Diese Koeffizienten sind also die Koordinaten von f bzgl. der Basis B von Hom(V, W).

Beispiel

Für V = W = 3 und die kanonischen Basen gilt E2, 3(e3) = e2 und allgemein E2, 3(x, y, z) = (0, z, 0) = (x, y, z) mit

x  =  0 x  +  0 y  +  0 z

y  =  0 x  +  0 y  +  1 z

z  =  0 x  +  0 y  +  0 z.