5.10Der Rang

Definition (Rang einer Matrix)

Seien K ein Körper, m, n ≥ 1 und A  ∈  Km × n. Dann heißt

rang(A)  =  dim(Bild(A))

der Rang oder Spaltenrang der Matrix A.

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Sind die markierten Spalten linear unabhängig und zerstört die Hinzunahme einer weiteren Spalte die lineare Unabhängigkeit, so ist ihre Anzahl der Rang von A.

 Der Rang einer Matrix ist definiert als die Dimension des Bildes der zugeordneten linearen Abbildung fA : Kn  Km. Die Bezeichnung „Spaltenrang“ wird durch

fA(x)  =  Ax  =  x1a11am1  +  …  +  xna1namn  =  x1a1  +  …  +  xn an

klar: Bild(A) ist der von den Spalten von A aufgespannte Unterraum U des Km und rang(A) = dim(U). Da U von n Vektoren erzeugt wird und ein Unterraum des Km ist, gilt

0  ≤  rang(A)  ≤  min(n, m). (Rangabschätzung)

Gilt rang(A) = min(m, n), so hat A vollen Rang. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Spalten von A linear unabhängig sind. Allgemein ist rang(A) die Mächtigkeit einer bezüglich der Inklusion maximalen linear unabhängigen Menge von Spalten von A. Etwas salopp sagt man auch, dass rang(A) die Anzahl der linear unabhängigen Spalten von A ist.

Beispiele

(1)

Die Nullmatrix ist die einzige Matrix des Km × n mit Rang 0.

(2)

Die Drehmatrizen Aφ  ∈  2 × 2 haben für alle Winkel φ den Rang 2.

(3)

Der Rang einer Diagonalmatrix ist die Anzahl ihrer von null verschiedenen Diagonaleinträge. Allgemein gilt für eine obere oder untere Dreiecksmatrix A:

rang(A)  =  |{ i | A(i, i) ≠ 0 }|. (Rangformel für Dreiecksmatrizen)

(4)

Für alle von 0 verschiedenen x  ∈  Km und y  ∈  Kn gilt rang(xyt) = 1. Umgekehrt ist jede Matrix des Km × n vom Rang 1 von der Form xyt mit x, y ≠ 0.

(5)

rang(En + (−En))  =  0,  rang(E11)  +  …  +  rang(Enn)  =  n  =  rang(E11 + … + Enn).

 Für alle A, B  ∈  Km × n gilt 0 ≤ rang(A + B) ≤ rang(A) + rang(B) (Subadditivität). Das letzte Beispiel zeigt, dass keine besseren allgemeinen Abschätzungen möglich sind.

Die Dimensionsformel

Für alle A  ∈  Km × n gilt nach der Dimensionsformel für fA : Kn  Km:

n  =  dim(Kern(A))  +  rang(A),

rang(A)  =  n genau dann, wenn fA ist injektiv,
rang(A)  =  m genau dann, wenn fA ist surjektiv,
rang(A)  =  m  =  n genau dann, wenn fA ist bijektiv.
Rang eines Produkts

Für alle A  ∈  Km × n, S  ∈  GL(m, K), T  ∈  GL(n, K) gilt

rang(A)  =  rang(S A)  =  rang(A T)  =  rang(S A T),

da sich die Dimension des Bildes einer linearen Abbildung durch Vor- und Nachschalten von Isomorphismen nicht ändert. Speziell haben äquivalente Matrizen den gleichen Rang. Allgemein gilt für A  ∈  Km × k, B  ∈  Kk × n nur die Abschätzung

rang(A)  +  rang(B)  −  k  ≤  rang(AB)  ≤  min(rang(A), rang(B)).

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Der Zeilenrang wird analog zum Spaltenrang definiert.

 Der Begriff des Spaltenrangs legt es nahe, auch den Zeilenrang einer Matrix zu betrachten. Er ist definiert durch

Zeilenrang(A)  =  rang(At).

Der Zeilenrang der Matrix A ist die Dimension des von den Zeilen von A erzeugten Unterraums des Km. Bemerkenswerterweise gilt:

Satz (Zeilenrang gleich Spaltenrang)

Für alle A  ∈  Km × n gilt Zeilenrang(A) = rang(A).

Erster Beweis mit Hilfe der dualen Abbildung

rang(At)  =  dim(Bild(fAt))  =  dim(Bild(f*A))  =  dim(Bild(fA))  (nach 5. 4 und 4. 12).

Zweiter Beweis mit Hilfe der Normalform

Ist A  ∈  Km × n und B die zu A äquivalente Matrix in Normalform mit r Einsen, so gibt es invertierbare S, T mit B = S A T−1. Offenbar gilt rang(B) = r = Zeilenrang(B). Aus der Äquivalenz von A und B und den Regeln für die Transposition ergibt sich

rang(A)  =  rang(S A T−1)  =  rang(B)  =  r,

Zeilenrang(A)  =  rang(At)  =  rang((Tt)−1 At St)  =  rang(Bt)  =  Zeilenrang(B)  =  r.

Einen dritten Beweis werden wir in 5. 12 kennenlernen.