6.9Orthogonale Homomorphismen und Matrizen

Definition (orthogonaler Homomorphismus, orthogonale Matrix, unitäre Matrix)

Orthogonale Homomorphismen

Seien V, W euklidische bzw. unitäre Vektorräume. Eine lineare Abbildung

f : V  W heißt ein orthogonaler Homomorphismus, falls

(+)  〈 f (v), f (w) 〉W  =  〈 v, w 〉V  für alle v, w  ∈  V.

Orthogonale und unitäre Matrizen

Eine Matrix Q  ∈  n × n heißt orthogonal, falls 〈 Qx, Qy 〉 = 〈 x, y 〉 für alle x, y  ∈  n.

Analog heißt eine Matrix U  ∈  n × n unitär, falls 〈 Ux, Uy 〉 = 〈 x, y 〉 für alle x, y  ∈  n.

Dabei werden die kanonischen Skalarprodukte des n bzw. n verwendet.

 Wie für alle algebraischen Strukturen sind strukturerhaltende Abbildungen von Interesse. Eine Abbildung f : V  W zwischen Vektorräumen mit Skalarprodukt erhält die Struktur, wenn f linear ist und das Skalarprodukt von V im Sinne von (+) respektiert.

 Orthogonale Homomorphismen sind injektiv, da f (v) = 0 impliziert, dass 〈 f (v), f (v) 〉 = 0 und damit 〈 v, v 〉 = 0. Nach positiver Definitheit ist also Kern(f) = { 0 } und somit f injektiv.

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Orthogonaliät und Längentreue sind äquivalent

Ist f : V  W orthogonal, so gilt ∥ f (v) ∥2 = 〈 f (v), f (v) 〉 = 〈 v, v 〉 = ∥ v ∥2 und damit

∥ f (v) ∥  =  ∥ v ∥  für alle v  ∈  V. (Längentreue)

Ist umgekehrt f : V  W linear und längentreu, so gilt im Fall K =  nach der Polarisationsformel

4 〈 f (x), f (y) 〉 = ∥ f (x) + f (y) ∥2 − ∥ f (x) − f (y) ∥2  = 

∥ f(x + y) ∥2  −  ∥ f(x − y) ∥2  = 

∥ x + y ∥2  −  ∥ x − y ∥2  =  4 〈 x, y 〉.

Also ist f orthogonal. Analoges gilt für K = .

 Die Brücke zu den Matrizen ist gegeben durch:

(1)

Ist V ein endlich-dimensionaler euklidischer bzw. unitärer Vektorraum, so ist V orthogonal isomorph zum Kn mit dem kanonischen Skalarprodukt, d. h., es existiert ein Isomorphismus f : V  Kn mit (+). Ist (v1, …, vn) eine Orthonormalbasis von V, so ist das lineare f : V  Kn mit f (vi) = ei für alle i ein solcher Isomorphismus.

(2)

Eine Matrix Q  ∈  n × n ist genau dann orthogonal, wenn fQ : n  n orthogonal ist. Analoges gilt für eine unitäre Matrix U  ∈  n × n.

 Dass das Matrix-Vektor-Produkt das kanonische Skalarprodukt nicht verändert, lässt sich durch eine Reihe von äquivalenten Bedingungen zum Ausdruck bringen:

Charakterisierungen der Orthogonalität von Q  ∈  n × n

∥ Qx ∥  =  ∥ x ∥  für alle x  ∈  n(Längentreue)

Die Spalten von Q bilden eine Orthonormalbasis.

Q−1  =  Qt(Invertierung durch Transposition)

Die Zeilen von Q bilden eine Orthonormalbasis.

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zur Eigenschaft Q−1 = Qt

Orthogonale Matrizen sind auch winkeltreu, da sie das Skalarprodukt erhalten. Aus der Winkeltreue folgt im Allgemeinen aber nicht die Orthogonalität, wie etwa eine Streckung λ En zeigt. Typische Argumente, die die Verwendung und das Wechselspiel der Bedingungen illustrieren, sind:

(1)

Ist Q orthogonal, so gilt 〈 Qei, Qej 〉 = 〈 ei, ej 〉 = δij für die Spalten Qe1, …, Qen von Q, sodass die Spalten von Q eine Orthonormalbasis des n bilden.

(2)

Bilden die Zeilen q1, …, qn von Q eine Orthonormalbasis, so ist Q orthogonal, da

〈 Qx, Qy 〉  =  〈 (〈 q1, x 〉, …, 〈 qn, x 〉),  (〈 q1, y 〉, …, 〈 qn, y 〉) 〉  = 

〈 q1, x 〉 〈 q1, y 〉  +  …  +  〈 qn, x 〉 〈 qn, y 〉  =  〈 〈 q1, x 〉 q1  +  …  +  〈 qn, x 〉 qn,  y 〉  =  〈 x, y 〉.

 Für unitäre Matrizen gelten analoge Charakterisierungen, wobei wir hinsichtlich der Inversenbildung alle Einträge der Matrix bei der Transponierung zusätzlich zu konjugieren haben. Definieren wir also für eine beliebige Matrix A  ∈  n × n die adjungierte Matrix A*  ∈  n × n durch A*(i, j) = aji, so gilt für unitäre Matrizen also

U−1  =  U*. (Invertierungsregel für unitäre Matrizen)

 Die orthogonalen bzw. unitären Matrizen bilden die Untergruppen O(n) von GL(n, ) bzw. U(n) von GL(n, ). Wir werden sie später noch genauer untersuchen.

Beispiele

(1)

Wir betrachten die Orthonormalbasis (w1, w2, w3) des 3 mit w1 = α(1, 1, 1), w2 = β (1, 1, −2), w3 = γ(1, −1, 0), wobei α = 1/3, β = 1/6, γ = 1/2 (vgl. 6. 7). Ist Q die Matrix mit den Spalten w1, w2, w3, so ist Q orthogonal und

Q Qt  =  αβγαβγα2β0αααββ2βγγ0 =  100010001 =  E3.

(2)

Die Abbildung f : 2  2 mit f (x0, x1, x2, …) = (0, x0, x1, …) ist orthogonal, aber nicht surjektiv.