7.3 Das Vorzeichen einer Permutation
Definition (Vorzeichen, gerade, ungerade, alternierende Gruppe)
Seien n ≥ 1 und Sn die Gruppe der Permutationen auf { 1, …, n }. Dann ist die Vorzeichenfunktion sgn : Sn → { −1, 1 } definiert durch
sgn(σ) = ∏1 ≤ i < j ≤ n σ(j) − σ(i)j − i für alle σ ∈ Sn.
Wir nennen sgn(σ) das Vorzeichen oder Signum der Permutation σ. Eine Permutation σ heißt gerade, falls sgn(σ) = 1, und ungerade, falls sgn(σ) = −1. Wir setzen:
An = { σ ∈ Sn | sgn(σ) = 1 }. (alternierende Gruppe)
Permutationen und ihre Vorzeichen spielen in der Theorie der Determinanten eine wichtige Rolle. Wir werden im nächsten Abschnitt Determinantenfunktionen mit Hilfe von Permutationen explizit definieren. In diesem Abschnitt treffen wir die nötigen algebraischen Vorbereitungen.
Aufgrund der Bijektivität einer Permutation σ : { 1, …, n } → { 1, …, n } gilt
{ { i, j } | 1 ≤ i < j ≤ n } = { { σ(i), σ(j) } | 1 ≤ i < j ≤ n }.
Hieraus liest man ab, dass der Zähler und der Nenner des Produkts
∏1 ≤ i < j ≤ n σ(j) − σ(i)j − i
abgesehen von den Vorzeichen dieselben Faktoren enthalten. Damit ist sgn(σ) ∈ { −1, 1 }. Nennen wir ein Paar (i, j) mit i < j einen Fehlstand von σ, falls σ(i) > σ(j), so gilt also:
Ist k die Anzahl der Fehlstände von σ, so ist sgn(σ) = (−1)k.
Beispiele
(1) | Die Permutation (1, …, n) hat keine Fehlstände und damit das Vorzeichen (−1)0 = 1. |
(2) | Die Permutation σ = (2, 3, …, n, 1) hat die Fehlstände (1, n), …, (n − 1, n). Damit ist sgn(σ) = (−1)n − 1. |
(3) | Die Permutation σ = (n, …, 1) hat n (n − 1)/2 Fehlstände. Gilt n ≡ 0 mod(4) oder n ≡ 1 mod(4), so ist sgn(1) = 1. Andernfalls ist sgn(n) = −1. |
(4) | Ist τ ∈ Sn die Transposition, die i < j vertauscht, so enthält die Produktformel der Definition von sgn(τ) genau einen Faktor −1 und sonst nur Einsen. Damit ist sgn(τ) = −1. |
Homomorphie der Vorzeichenfunktion
Für alle π, σ ∈ Sn gilt sgn(π ∘ σ) = sgn(π) sgn(σ). Die Abbildung sgn : Sn → { −1, 1 } ist also ein Gruppenhomomorphismus. Speziell gilt sgn(σ−1) = sgn(σ)−1 für alle σ ∈ Sn. Weiter ist An = Kern(sgn), sodass An ein Normalteiler von Sn ist.
Hieraus ergeben sich neue Möglichkeiten zur Berechnung des Vorzeichens. Ist σ ∈ Sn beliebig, so können wir ausgehend von (1, 2, …, n) durch Anwendung von Transpositionen oder der Identität Permutationen der Form
(σ(1), …), (σ(1), σ(2), …), …, (σ(1), …, σ(n)) (schrittweises Einstellen der Werte)
erzeugen. Damit ist jede Permutation das Produkt von höchstens n − 1 Transpositionen (σ(n) ist automatisch richtig, wenn alle anderen Werte richtig sind). Da jede Transposition das Vorzeichen −1 besitzt, erhalten wir:
Ist σ = τk ∘ … ∘ τ1 mit Transpositionen τi, so ist sgn(σ) = (−1)k.
Ein σ ∈ S12 mit vier Bahnen. Es gilt
sgn(σ) = (−1)12 − 4 = 1.
Eine anschauliche Analyse liefert die Zerlegung einer Permutation in Zyklen.
Ist σ ∈ Sn und i ∈ { 1, …, n }, so können wir aufgrund der Injektivität von σ die Bahn
B(i) = { i, σ(i), σ2(i), …, σk(i) = i }
bilden. Die Permutation π mit π(j) = σ(j) für j ∈ B(i) und σ(j) = j für j ∉ B(i) heißt der von i erzeugte Zyklus von σ. Jede Permutation ist das Produkt ihrer (untereinander kommutierenden) Zyklen. Hat eine Bahn B genau k Elemente, so hat der zugehörige Zyklus das Vorzeichen (−1)k − 1 (vgl. Beispiel (2)). Da sich die Bahnlängen zu n aufsummieren, gilt:
Hat σ ∈ Sn genau m Bahnen, so ist sgn(σ) = (−1)n − m.
Beispiele
(1) | Die Permutation (1, …, n) hat die Bahnen { 1 }, …, { n } und damit das Vorzeichen (−1)n − n = 1. Die Zyklen der Bahnen sind jeweils die Identität. |
(2) | σ = (2, 3, …, n, 1) hat nur die eine Bahn { 1, 2, …, n }, sodass sgn(σ) = (− 1)n − 1. |
(3) | σ = (7, …, 1) hat die Bahnen { 1, 7 }, { 2, 6 }, { 3, 5 }, { 4 }, sodass sgn(σ) = −1. |
(4) | Die Transposition, die i und j vertauscht, hat die Bahnen { i, j } und { k } mit k ∈ { 1, …, n } − { i, j }. Das Vorzeichen ist also (−1)n − (n − 1) = −1. |