7.7Komplementärmatrizen und die Regel von Cramer

Definition (Komplementärmatrix)

Seien n ≥ 1, K ein Körper und A  ∈  Kn × n. Dann definieren wir die zu A komplementäre Matrix oder die Adjunkte von A als die Matrix A#  ∈  Kn × n mit

a#ij  =  det Aji  für alle i, j.

A#  =  det A11′det A21′detA31′det A12′det A22′detA32′det A13′det A23′detA33′

 Die Matrix A# entsteht aus A durch Ersetzen aller Einträge aij durch die Determinanten der Matrizen Aij und anschließendes Transponieren. Nach den Ergebnissen aus 7. 6 gilt für alle n ≥ 2:

a#ij  =  (−1)i + j det Aji′.

Den Entwicklungssatz von Laplace können wir nun so schreiben:

det A  =  1 ≤ i ≤ n aij a#ji  =  (A#A)(j, j)  für alle j,

det A  =  1 ≤ j ≤ n aij a#ji  =  (A A#)(i, i)  für alle i.

Die Diagonalen von A#A und AA# sind also konstant gleich det(A). Allgemein gilt

(A#A)(i, j)  =  k a#ik akj  =  k akj det(Aki)  = 

k akj det a1ekan  =  det a1ajan =  δij det A  für alle i, j,

wobei a1, …, an die Spalten von A sind und ek und aj in der i-ten Spalte stehen. Analoges gilt für AA#. Damit haben wir:

A# A  =  det(A) En  =  A A#  für alle A  ∈  Kn × n.

Beispiele

(1)

Für alle A  ∈  K2 × 2 berechnet sich die komplementäre Matrix zu

A# =  det A11det A21det A12det A22  =  a22a12a21a11.

(2)

Für A = En gilt det Aij = δij für alle i,j. Also ist E#n = En.

(3)

Für A = diag(d1, …, dn) ist A# = diag(a#11, …, a#nn) mit a#ii = j ≠ i ajj.

(4)

Für alle A  ∈  Kn × n gilt det(A#) det(A) = det(A# A) = det(det(A) En) = det(A)n.

Für invertierbare A ist also det(A#) = det(A)n − 1.

 Die Diagonale von A#A und AA# liefert den Entwicklungssatz von Laplace. Die Kenntnis des gesamten Produkts erlaubt die Berechnung von A−1 mit Hilfe der Komplementärmatrix. Multiplizieren wir nämlich det(A) En = A#A von rechts mit A−1, so erhalten wir:

A−1  =  A#det A  für alle A  ∈  GL(n, K).

 Eine klassische Anwendung ist:

ela1-AbbID340

Ist A  ∈  GL(2, ) und Ax = b, so gilt nach der Regel von Cramer

det x1a1;a2  =  x1 det A  =  det b;a2 .

Dies bedeutet, dass die beiden von x1a1, a2 und b, a2 aufgespannten Parallelogramme denselben Flächeninhalt haben. Analoges gilt für x2.

Die Regel von Cramer

Seien A  ∈  GL(n, K) und b  ∈  Kn. Für alle 1 ≤ j ≤ n sei Aj  ∈  Kn × n die Matrix, die aus A entsteht, wenn die j-te Spalte von A durch b ersetzt wird. Dann ist (x1, …, xn)  ∈  Kn mit

xj  =  det Ajdet A  für alle j

die eindeutige Lösung des linearen Gleichungssystems A x = b.

Schreiben wir nämlich die Lösung des Systems in der Form A−1b, so gilt für alle j (vgl. die Berechnung von A#A(i, j))

det(A) (A−1 b)j  =  (A# b)j  = 

i bi det(Aij)  =  det a1ban

mit b in der j-ten Spalte. Dies zeigt die Regel von Cramer.

Beispiel

Für A  ∈  GL(2, K) benötigt die Regel von Cramer die Determinanten der Matrizen

A1  =  b1a12b2a22,   A2  =  a11b1a21b2,   A  =  a11a12a21a22.

Für das lineare Gleichungssystem

1234x1x2  =  56

gilt det A1 = 8, det A2 = −9, det A = −2. Damit ist (−4, 9/2) die Lösung des Systems.