8.12 Die Jordan-Normalform
Satz (Konstruktion von Jordan-Ketten)
Seien V ein n-dimensionaler K-Vektorraum, f ∈ End(V), λ ∈ σ(f) und U1, …, Ui(λ) Unterräume von V mit Hk = U1 ⊕ … ⊕ Uk für alle 1 ≤ k ≤ i(λ). Weiter seien k ∈ { 1, …, i(λ) } und vk ∈ Uk beliebig. Sind dann vk − 1 ∈ Uk − 1, …, v1 ∈ U1 rekursiv definiert durch
vj − 1 = f (vj) − λvj
so ist 𝒜 = (v1, …, vk) linear unabhängig und es gilt f[ W ] ⊆ W für W = span(𝒜) ⊆ Hk. Die darstellende Matrix Jk(λ) von f|W bzgl. der Basis 𝒜 von W hat die bidiagonale Form rechts.
Jk(λ) =
Man nennt (v1, …, vk) die Jordan-Kette von f zum Startwert vk und Jk(λ) ∈ Kk × k einen Jordan-Block. Durch Konstruktion von r = dim(Eig(f, λ)) Jordan-Ketten
(v1, 1, …, v1, k(1)), …, (vr, 1, …, vr, k(r)), i(λ) = k(1) ≥ … ≥ k(r) ≥ 1,
k(1) + … + k(r) = μpf(λ),
erhält man eine Basis 𝒥(λ) =
(v1, 1, …, v1, k(1), …, vr, 1, …, vr, k(r))
des Hauptraums H(f, λ). Die Startwerte v1, k(1), …, vr, k(r) wählt man in Uk mit k ≤ i(λ) so groß wie möglich (sodass jede Jordan-Kette eine Spalte im Diagramm rechts ausfüllt). Die darstellende Matrix J(λ) von f|H(f, λ) bzgl. 𝒥(λ) ist aus Jordan-Blöcken Jk(1)(λ), …, Jk(r)(λ) gebildet. Ihre geringe Anzahl an von 0 verschiedenen Einträgen außerhalb der Diagonale ist optimal in ihrer Ähnlichkeitsklasse. Die in der Rekursion zuletzt konstruierten Glieder v1, 1, …, vr, 1 der Ketten bilden eine Basis des Eigenraums Eig(f, λ). Die entsprechenden Spalten der Matrix J(λ) haben genau einen Eintrag λ.
Die Jordan-Ketten werden durch wiederholte Anwendung von f − λIdV auf frei gewählte Startwerte konstruiert. Dabei fällt man in jedem Schritt von Uk nach Uk − 1. Die Länge der Ketten ist durch die Dimensionen der Uk festgelegt. Im Beispiel des Diagramms ist die algebraische Vielfachheit von λ gleich 19 und J(λ) hat eine 6-4-4-3-1-1-Form, mit
5 + 3 + 3 + 2 + 0 + 0 = 13 = 19 − dim(Eig(f, λ))
Einsen in der Nebendiagonale.
Für alle Eigenwerte λ durchgeführt ergibt sich:
Satz (Jordan-Normalform)
Sei f : V → V wie oben. Zerfällt pf in Linearfaktoren, so existiert eine Basis 𝒥 von V derart, dass die darstellende Matrix J von f bzgl. 𝒥 die folgende Form hat:
J = , σ(f) = { λ1, …, λm }, λi ≠ λj für i ≠ j.
Beispiel
Wir untersuchen fA : ℝ6 → ℝ6 für die Matrix A.
A =
A − E6 =
(A − E6)2 =
(A − E6)3 =
(A − E6)4 = 0
J(1) =
Berechnung des charakteristischen Polynoms
pA = (X − 1)6, σ(A) = { 1 }, μpA(1) = 6
Schrittweise Berechnung des Hauptraums
Hk = Kern((A − E6)k)
H1 = U1 | U1 = span(e1 + e4, e1 + e3 − e5) |
H2 = H1 ⊕ U2 | U2 = span(e1 + e5, e1 − e6) |
H3 = H2 ⊕ U3 | U3 = span(2e1 − e2) |
H4 = H3 ⊕ U4 | U4 = span(e4) |
Aus den Dimensionen der Uk ergibt sich, dass J(1) eine 4-2-Blockform hat.
Bildung von Jordan-Ketten, Start in U4 und U2
v4 = e4 = (0, 0, 0, 1, 0, 0)
v3 = Av4 − v4 = (0, 1, 1, 0, 1, 1)
v2 = Av3 − v3 = (1, 0, 0, 0, 1, 0)
v1 = Av2 − v2 = (1, 0, 0, 1, 0, 0)
w2 = e1 − e6 = (1, 0, 0, 0, 0, −1)
w1 = Aw2 − w2 = (0, 0, −1, 1, 1, 0)
Basis und Transformationsmatrix
𝒥 = (v1, v2, v3, v4, w1, w2)
S−1 =
J = J(1) = S A S−1