4. Matrixnormen
Ist n ≥ 1 und ∥ · ∥ : ℂn → [ 0, ∞ [ eine Norm auf dem ℂn, so definiert
∥ A ∥ = max { ∥ Az ∥ | z ∈ Sn − 1 },
eine Norm ∥ · ∥ : ℂn × n → [ 0, ∞ [, wobei Sn − 1 = { z ∈ ℂn | ∥ z ∥ = 1 }. Sie heißt die von der Norm ∥ · ∥ induzierte Matrixnorm auf ℂn × n. Da die Einheitssphäre Sn − 1 eine kompakte Teilmenge des ℂn ist (unter der von der Norm ∥ · ∥ induzierten Metrik), nimmt die stetige Funktion F : Sn − 1 → ℝ, F(z) = ∥ A z ∥, ihr Maximum an, sodass ∥ A ∥ wohldefiniert ist. Die Homogenität, Definitheit und Dreiecksungleichung folgen aus den entsprechenden Eigenschaften der Ausgangsnorm.
Die Spektral-Normen
Wir nehmen nun an, dass die Norm auf dem ℂn die euklidische Norm ist und bestimmen schrittweise die Werte der induzierten Matrixnorm. Wir schreiben ∥ · ∥ statt ∥ · ∥2.
Diagonalmatrizen
Ist A = diag(d1, …, dn) und d = maxk |dk|, so gilt
∥ Az ∥2 = |d1 z1|2 + … + |dn zn|2 ≤ d2 (| z1|2 + … + |zn|2) = d2 für alle z ∈ Sn − 1.
Wegen ∥ A ek ∥ = ∥ dkek ∥ = |dk| für alle k ist also ∥ A ∥ = d.
Unitäre Matrizen
Ist U ∈ U(n), so bildet fU die Sphäre Sn − 1 bijektiv auf sich selbst ab. Hieraus ergibt sich, dass ∥ U ∥ = 1 und allgemeiner
∥A U ∥ = ∥ A ∥ = ∥ U A ∥ für alle A ∈ ℂn × n.
Normale Matrizen
Nach dem Spektralsatz (vgl. 8. 6) lässt sich eine hermitesche oder allgemeiner normale Matrix A unitär diagonalisieren: Es gibt ein S ∈ U(n) mit A = S* diag(λ1, …, λn) S, wobei λ1, …, λn die in ihrer Vielfachheit gezählten Eigenwerte von A sind. Nach den vorangehenden Überlegungen ist also
∥ A ∥ = maxk |λk|
der betragsmäßig größte Eigenwert von A. Die euklidisch induzierte Matrixnorm heißt deswegen auch die Spektral-Norm auf dem ℂn × n.
Allgemeiner Fall
Ist A ∈ ℂn × n beliebig, so liefert eine Singulärwertzerlegung Matrizen S, T ∈ U(n) und σ1, …, σn ≥ 0 mit A = S* diag(σ1, …, σn)T (vgl. 8. 8). Damit gilt ∥ A ∥ = maxk σk. Die Spektral-Norm der Matrix A ist also stets der größte Singulärwert von A. Die Bezeichnung „Singulärwertnorm“ wäre demnach passender, ist aber nicht üblich.
Die Diagramme visualisieren die Spektralnorm für reelle Matrizen. Links sind die Bilder der Einheitsvektoren v unter A dargestellt, rechts die mit ∥Av∥ skalierten Einheitsvektoren v. Die Spektral-Norm ist nach Definition der Radius der kleinsten 2- bzw. 3-dimensionalen Sphäre, die die Menge E oder gleichwertig M umfasst.
Die Spaltensummen- und Zeilensummennormen
Schließlich betrachten wir noch die Summennorm ∥ · ∥1 und die Maximumsnorm ∥ · ∥∞ auf dem ℂn (vgl. 6. 4). Für die zugehörigen induzierten Matrixnormen gilt
∥ A ∥1 = max1 ≤ j ≤ n ∑1 ≤ i ≤ n |aij| = max1 ≤ j ≤ n ∥ aj ∥1, (Spaltensummennorm)
∥ A ∥∞ = max1 ≤ i ≤ n ∑1 ≤ j ≤ n |aij| = max1 ≤ i ≤ n ∥ bi ∥1 (Zeilensummennorm)
für alle A ∈ ℂn × n, wobei die aj die Spalten und die bi die Zeilen von A sind. Zur Berechnung von ∥ A ∥1 summiert man für jede Spalte die Beträge der Einträge und wählt unter den n Summen den maximalen Wert. Analoges gilt für ∥ A ∥∞ mit „Zeilen“ statt „Spalten“.
Die beiden Normen eignen sich zur Abschätzung der Spektralnorm ∥ · ∥2, denn für alle A ∈ ℂn × n gilt
∥ A ∥2 ≤ . (Schur-Abschätzung oder Schur-Test)
Für Diagonalmatrizen ist die Ungleichung eine Gleichung.