Der Brennpunkt einer Parabel

Ausschöpfung einer Parabel durch affine Ellipsen

Wir betrachten eine Ellipse Ew, b in zweiter Hauptlage (d. h. b ≥ w). Nun verschieben wir die Ellipse um v0 = (0, b) entlang der y-Achse. Wir erhalten so die Ellipse E(b) = Ew, b, 0, v0, deren unterer Scheitelpunkt mit dem Nullpunkt zusammenfällt. Diese Ellipse wird definiert durch

x2/w2  +  (y − b)2/b2  =  1

Umformen liefert x2/w2 + y2/b2 − 2y/b = 0 und weiter

(+)  y  =  b x2/(2w2)  +  y2/(2b)

Ellipsen dieser Form können wir zur Ausschöpfung einer Parabel verwenden. Sei hierzu a > 0 beliebig. Für ein gegebenes b ≥ 1/(2a) setzen wir

w  =  wb  =  b/(2a)  ≤  b

Die Gleichung (+) wird für diese von b abhängige Wahl von w zu

(++)  y  =  a x2  +  y2/(2b)

Strebt nun b gegen unendlich, so erhalten wir im Limes die Gleichung

y  =  ax2 (Gleichung einer Parabel mit Öffnung a)

Die Ellipse Ew, b hat die Exzentrizität ε = (1 − (w/b)2)1/2 = (1 − 1/(2ab))1/2, den Mittelpunkt (0, b) und den Brennpunkt

F2(b)  =  (0, b − eb)  mit  eb = b2w2  =  b2b/(2a)

Es gilt

limb  ∞(b  −  eb) =  lim ∞(b  −  b2b/(2a))
=  limb  ∞(b  −  (b1/(4a))2c)  mit  c = 1/(16a2)
=  limb  ∞(b  −  (b1/(4a))2)
=  limb  ∞(b  −  (b − 1/(4a)))  =  1/(4a)

Nach der quadratischen Ergänzung verwenden wir, dass für jedes ε > 0 gilt:

(+)  0  <  x − xc  <  ε  für alle hinreichend großen x

Quadrieren von x − ε < xc zeigt, dass die Ungleichung gilt, wenn

x  >  c + ε2

Bemerkung

Die Ungleichung (+) lässt sich auch aus der Ableitung

limx  ∞ ddx x  =  limx  ∞ 12x  =  0

gewinnen. Gilt limx  ∞ f ′(x) = 0 für eine differenzierbare Funktion f, so gilt limx  ∞ |f (x) − f(x + x0)| = 0 für jedes feste x0.

 Die Überlegungen motivieren folgende Definition:

Definition (Brennpunkt)

Der Brennpunkt oder Fokuspunkt einer Parabel P = Pa ist definiert durch

F  =  (0, 1/(4a))

ellipsen1-AbbIDparabola_ellipses_1

Ausschöpfung der Einheitsparabel (rot gestrichelt) durch die affinen Ellipsen E(b) mit b = 1, 2, 4, 8, 16, 32. Die Ellipsen E(b) sind definiert durch

y  =  x2  +  y2/(2b)

Die unteren Brennpunkte F2(b) der Ellipsen E(b) konvergieren so schnell gegen F = (0, 1/4) (rot), dass sie sich im Diagramm nicht als Punktfolge darstellen lassen.

 Aus der Ausschöpfung mit Ellipsen E(b), deren obere Fokuspunkte F1(b) auf der y-Achse gegen unendlich streben, ergibt sich zudem, dass die Strahlen, die von F zur Parabel führen, an der Parabel so reflektiert werden, dass sie parallel zur y-Achse verlaufen. Der Beweis folgt aus der Fokuseigenschaft von Ellipsen durch einen Grenzübergang. Die Eigenschaft lässt sich durch Winkelberechnung auch direkt nachweisen.

ellipsen1-AbbIDparabola_focuslines_1

Die Fokus-Eigenschaft der Einheitsparabel:

Strahlen, die vom Fokuspunkt ausgehend auf die Parabel fallen, werden parallel zur y-Achse reflektiert. Umgekehrt formuliert werden parallel zur Achse der Parabel einfallende Strahlen durch Reflexion an der Parabel im Fokuspunkt gesammelt.

Zweiter Brennpunkt und Exzentrizität

Eine Parabel hat nur einen Brennpunkt. Als symbolischer zweiter Brennpunkt kann ein unendlich ferner Punkt dienen (zu dem die parallelen Strahlen des Diagramms führen). Ein sinnvoller Wert für die numerische Exzentrizität einer Parabel ist ε = 1. Für Ellipsen gilt ε < 1 und für Hyperbeln ε > 1. Parabeln liegen mit ε = 1 als Grenzfall dazwischen. Die Größen σ1, σ2 und e sind für Parabeln üblicherweise nicht definiert. Wir diskutieren unten eine Möglichkeit, dies zu tun.

 Die Anschauung, dass Parabeln „zwischen“ den Ellipsen und Hyperbeln liegen, wird durch eine analoge Umschließung einer Parabel mit Hyperbeln weiter illustriert. Für eine Parabel Pa können wir die affinen Hyperbeln

H(b)  =  Hb, w, rotπ/2, v0

verwenden, wobei nun

w  =  b/(2a),  v0  =  (0, −b),  ε  =  1+1/(2ab)

Eine Hyperbel H(b) ist eine Translation einer Hyperbel in zweiter Hauptlage. Sie wird definiert durch (y + b)2/b2 − x2/w2 = 1 oder äquivalent durch

(+)b  y  =  ax2  −  y2/(2b)

ellipsen1-AbbIDparabola_hyperbolas_1

Ausschöpfung der Einheitsparabel (wieder rot gestrichelt) durch die affinen Hyperbeln H(b) mit b = 1, 2, 4, 8, 16, 32. Die Hyperbeln H(b) sind definiert durch

y  =  x2  −  y2/(2b)

Die unteren Äste der Hyperbeln verschwinden im Unendlichen. Ihre Scheitelpunkte sind gegeben durch (0, −2b)