Links- und rechtsseitige Grenzwerte
Oft möchte man „x strebt gegen p“ auf die linke oder rechte Seite der betrachteten Stelle p beschränken. Unsere Grenzwertdefinition kann leicht in dieser Hinsicht angepasst werden:
Definition (Grenzwert einer Funktion mit Nebenbedingung)
Der Grenzwert
limx ↑ p f (x) = limx → p, x < p f (x) = a
ist wie oben definiert, wobei nun nur x-Werte betrachtet werden, die kleiner als p sind. Wir nennen dann a den linksseitigen Grenzwert von f an der Stelle p und sagen, dass f gegen a strebt, wenn x von links oder von untengegen p strebt. Analog ist der rechtsseitige Grenzwert
limx ↓ p f (x) = limx → p, x > p f (x) = a
definiert, bei dem nur x-Werte größer als p betrachtet werden.
Von der Stelle p wird bei einem linksseitigen Grenzwert immer vorausgesetzt, dass p ein linksseitiger Häufungspunkt von P ist, d. h. es gilt
∀δ > 0 P ∩ ] p − δ, p [ ≠ 0.
Analog betrachten wir rechtsseitige Grenzwerte naturgemäß nur dann, wenn p ein rechtsseitiger Häufungspunkt von P ist. Eine Annäherung an p von links bzw. rechts ist andernfalls innerhalb des Definitionsbereichs P von f gar nicht möglich.
Die einseitigen Grenzwerte erlauben die folgende Charakterisierung der Stetigkeit:
Satz (Stetigkeit über einseitige Grenzwerte)
Sei f : P → ℝ und p ∈ P. Dann sind äquivalent:
(a) | f ist stetig bei p. |
(b) | limx ↑ p f (x) = f (p) = limx ↓ p f (x). |
Dabei ist in (b) ein einseitiger Grenzwert zu streichen, wenn p kein entsprechender Häufungspunkt von P ist. Ist also zum Beispiel P = [ 0, 1 ] und p = 1, so vereinfacht sich die Bedingung zu
limx ↑ 1 f (x) = f (1).
Die Aussage (b) können wir etwas salopp, aber dafür griffig, so formulieren:
Linksseitiger Grenzwert gleich Funktionswert gleich rechtsseitiger Grenzwert.
Beispiele
(1) | Für die Vorzeichenfunktion sgn gilt limx ↑ 0 sgn(x) = −1, limx ↓ 0 sgn(x) = 1, sgn(0) = 0. |
(2) | Sei f : ℝ → ℝ mit f (x) = 0 für alle x ≠ 0 und f (0) = 1. Dann gilt limx ↑ 0 f (x) = limx ↓ 0 f (x) = 0, f (0) = 1. |
Dass sowohl der linksseitige als auch der rechtsseitige Grenzwert gleich a ist, können wir durch
limx → p, x ≠ p f (x) = a
zum Ausdruck bringen.
Bemerkung
Nach unserer Definition wird in
limx → p f (x) = a
der Punkt p bei der „Annäherung an p“ zugelassen, sofern er sich im Definitionsbereich von f befindet. Die Literatur ist hier nicht einheitlich, manchmal wird der Punkt p explizit ausgeschlossen, sodass „x → p“ nach unserer Lesart bedeutet, dass „x → p, x ≠ p“.