Komplexe Polynome

 Im ersten Abschnitt hatten wir reelle Polynome betrachtet. Polynome und alle zugehörigen Begriffe wie Grad, Normiertheit, Nullstelle, algebraische Vielfachheit usw. lassen sich in analoger Weise auch für die komplexen Zahlen betrachten. Der Vollständigkeit halber definieren wir explizit:

Definition (komplexes Polynom)

Seien a0, …, an  ∈  . Dann heißt die Funktion f :    mit

f (z)  =  an zn  +  an − 1 zn − 1  +  …  +  a0  für alle z  ∈ 

das (komplexe) Polynom oder die (komplexe) Polynomfunktion mit den Koeffizienten a0, …, an.

 Genau wie für  wird der Grad deg(f) eines komplexen Polynoms erklärt. Auch die Definitionen der Begriffe Leitkoeffizient, normiert, Nullpolynom, konstantes Polynom, Nullstelle können übernommen werden.

 Ein komplexes Polynom lässt sich visualisieren, indem wir in ein Diagramm für einige z Pfeile von z nach f (z) eintragen. In den folgenden Diagrammen betrachten wir die Abbildungsdynamik zweier einfacher Polynome auf dem Einheitskreis.

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Die Wirkung von f (z)  =  z2/2 auf dem Einheitskreis

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Die Wirkung von f (z) = z2 + z + 1 auf dem Einheitskreis

 Die Visualisierung mit Hilfe von Pfeilen führt schnell zu unübersichtlichen Darstellungen. Eine Alternative, die prinzipiell die gesamte Information der Funktion zum Ausdruck bringen kann, ist:

Die Farbkreismethode (color wheel method, domain coloring)

Jeder komplexen Zahl im Polarkoordinaten (r, φ) wird eine von φ abhängige Farbe eines Farbkreises und eine von r abhängige Farbintensität zugeordnet. Zum Beispiel kann der Nullpunkt schwarz (alternativ: weiß) und komplexe Zahlen mit großem Radius r blass (alternativ: gesättigt) eingefärbt werden. Oft werden auch periodische Intensitäten verwendet, um die Darstellung optisch zu verbessern. Eine Funktion f :    können wir nun visualisieren, indem wir jeden Punkt z der Zahlenebene mit der Farbe f (z) einfärben. Die Nullstellen von f erscheinen dabei als schwarze (alternativ: weiße) Punkte.

 Da wir im Folgenden die Nullstellen einer Funktion betonen möchten, färben wir in den folgenden Beispielen den Nullpunkt schwarz. Weiter verwenden wir eine relativ starke Verblassung für komplexe Zahlen mit großen Beträgen. Zusätzlich zeichnen wir oft ein Gitter ein, das durch f auf ein polares Koordinatengitter abgebildet wird. Der Standard ist dabei ein „uhrartiges“ polares Gitter mit ganzzahligen Radien und zwölf Winkelstrahlen.

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Färbung der komplexen Ebene: Farbplot des Polynoms f (z) = z

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Farbplot des Polynoms f (z) = z + 1 + i Nullstellen: − 1 − i

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Farbplot des Polynoms f (z) = z2 Nullstellen: 0 (doppelt)

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Farbplot des Polynoms f (z) = z2 + 1

Nullstellen: i, −i

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Farbplot des Polynoms f (z) =  z2 + 1 + i2 z − i Nullstellen: (1 + i)/2, −1 − i

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Farbplot des Polynoms f (z) = z3 + z2 − 2 Nullstellen: 1, −1 + i, −1 − i Radiales Gitter: 1, 2, 4, 8, 16