Die Struktur der Lösungsmenge

Definition (homogen, inhomogen)

Ist die rechte Seite u = (u1, u2) eines Gleichungssystems der Nullvektor, so nennen wir das System homogen. Andernfalls heißt es inhomogen.

 Ein homogenes Gleichungssystem ist immer lösbar, nämlich durch den Nullvektor. Umgekehrt ist ein System, das durch den Nullvektor gelöst wird, homogen. Damit ist ein System genau dann homogen, wenn 0  ∈  L. Jedem System

(1)  a x  +  b y  =  u1
c x  +  d y  =  u2

können wir das homogene System

(2)  a x  +  b y  =  0
c x  +  d y  =  0

zuordnen. Ist L die Lösungsmenge von (1), v0  ∈  L beliebig und L0 die Lösungsmenge des zugeordneten homogenen Systems (2), so gilt (Übung):

L  =  v0  +  L0  =  { v0 + (x, y) | (x, y)  ∈  L0 }.

Wir drücken diese fundamentale Tatsache auch so aus:

Lösung = spezielle Lösung + homogene Lösung

Die Lösungsmenge L eines Systems ergibt sich aus einer beliebigen Lösung v0 und der Lösungsmenge L0 des zugehörigen homogenen Systems. Es gilt L = v0 + L0.

In L = v0 + L0 steht links eine Menge und rechts die Summe eines Vektors und einer Menge. Genauer sollten wir also sagen:

Lösungsmenge = spezielle Lösung + homogene Lösungsmenge.

 Im Fall einer von Null verschiedenen Determinante der Koeffizienten-Matrix ist L = { v0 } und L0 = { 0 }. Ist L eine Gerade, so ist L0 eine Gerade durch den Nullpunkt und L = v0  +  L0 die um den Vektor v0 verschobene Gerade L0, eine sog. affine Gerade der Ebene. Ist L die gesamte Ebene, so gilt dies auch für L0.

 Aus der Lösbarkeit des homogenen Systems folgt keineswegs die Lösbarkeit des inhomogenen Systems (speziell kann L0 = 2 und L = ∅ gelten). Ist aber das inhomogene System lösbar, so hat seine Lösungsmenge bis auf eine Verschiebung die geometrische Form der Lösungsmenge des homogenen Systems.

 Wir fassen zusammen:

Struktur der Lösungsmenge eines linearen Gleichungssystems

Für die Lösungsmenge L eines linearen Gleichungssystems mit zwei Gleichungen und zwei Unbekannten sind folgende Fälle möglich:

1. Fall: Die Determinante der Koeffizientenmatrix ist von Null verschieden

In diesem Fall besitzt L genau ein Element. Die eindeutige Lösung ist genau dann der Nullvektor, wenn das System homogen ist.

2. Fall: Die Determinante der Koeffizientenmatrix ist gleich Null

In diesem Fall gilt genau eine der folgenden Aussagen:

(a)

L ist leer. Das System ist notwendig inhomogen.

(b)

L ist eine affine Gerade. Diese Gerade verläuft genau dann durch Null, wenn das System homogen ist.

(c)

L ist die gesamte Ebene. Dies ist genau dann der Fall, wenn alle Koeffizienten gleich Null sind.

ema12-AbbID4-2-7

Die Lösungsmenge des Systems −x + 2y = 5, x − 2y = −5 ist eine affine Gerade:

L  =  w + L0  =  w + { λ v | λ  ∈   }  =  (1, 3) + { λ (2, 1) | λ  ∈   }

ema12-AbbID4-2-8

Die Lösungsmenge des Systems x − y = 1, 2x − y = 3 besteht aus einem Punkt:

L  =  w + L0  =  w + { 0 }  =  { w }  =  { (2, 1) }