Der Spektralsatz
Aus der Form (+) der Diskriminante D des obigen Satzes lesen wir ab, dass Eigenwerte existieren, falls det(A) ≤ 0 oder bc ≥ 0. Letztere Bedingung ist für jede symmetrische Matrix erfüllt, da dann bc = b2 ≥ 0. Damit besitzt jede symmetrische Matrix A ∈ ℝ2 × 2 reelle Eigenwerte λ1 und λ2. Diese Eigenwerte sind genau dann gleich, wenn D = (a − d)2 + b2 = 0, d. h. wenn a = d und b = 0 (sodass A ein skalares Vielfaches von E2 ist). Damit können wir den folgenden fundamentalen Satz beweisen:
Satz (Spektralsatz)
Sei A ∈ ℝ2 × 2. Dann sind äquivalent:
(a) | A ist symmetrisch. |
(b) | Es gibt zueinander orthogonale Eigenvektoren v und w von A. |
Beweis
(a) impliziert (b): Sei A symmetrisch. Nach obigen Überlegungen besitzt A reelle Eigenwerte λ1 und λ2.
Gilt λ1 = λ2 = λ, so gilt A = λ E2 und v = e1 = (1, 0) und w = e2 = (0, 1) sind orthogonale Eigenvektoren von A.
Es gelte also λ1 ≠ λ2. Seien v und w Eigenvektoren von A zu λ1 bzw. λ2. Da A symmetrisch ist, gilt At = A. Damit erhalten wir
λ1 〈 v, w 〉 = 〈 λ1v, w 〉 = 〈 Av, w 〉 = 〈 v, Atw 〉 = 〈 v, Aw 〉 = 〈 v, λ2w 〉 = λ2 〈 v, w 〉.
Folglich ist
(λ1 − λ2) 〈 v, w 〉 = λ1 〈 v, w 〉 − λ2 〈 v, w 〉 = 0.
Wegen λ1 ≠ λ2 gilt also 〈 v, w 〉 = 0, sodass v und w orthogonal sind.
(b) impliziert (a): Seien v und w orthogonale und ohne Einschränkung normierte Eigenvektoren von A zu den Eigenwerten λ1 bzw. λ2. Seien (α, β), (γ, δ) die Koordinatenvektoren von e1, e2 bzgl. der Basis (v, w), d. h.
e1 = αv + βw, e2 = γv + δw.
Dann gilt wegen 〈 v, w 〉 = 〈 w, v 〉 = 0, dass
a12 | = 〈 e1, Ae2 〉 = 〈 e1, A(γv + δw) 〉 = 〈 αv + βw, λ1γv + λ2δw 〉 |
= λ1αγ〈 v, v 〉 + λ2βδ〈 w, w 〉 = λ1αγ + λ2βδ, |
a21 | = 〈 Ae1, e2 〉 = 〈 A(αv + βw), e2 〉 = 〈 λ1αv + λ2βw, γv + δw 〉 |
= λ1αγ〈 v, v 〉 + λ2βδ〈 w, w 〉 = λ1αγ + λ2βδ. |
Dies zeigt, dass a12 = a21. Folglich ist A symmetrisch.
Beispiel: Bestimmung von Eigenpaaren für eine symmetrische Matrix
Wir betrachten die symmetrische Matrix
A = = .
Es gilt D = (a − d)2 + 4b2 = 25, = 5. Damit besitzt A die Eigenwerte
λ1,2 = = 5 ± 52,
sodass λ1 = 5 und λ2 = 0. Nichttriviale Lösungen von
Aλ1 v = v = 0, Aλ2 w = w = 0
sind v = (2, 1) und w = (−1, 2). Damit sind (λ1, v) und (λ2, w) Eigenpaare der Matrix A. Es gilt
〈 v, w 〉 = 〈 (2, 1), (−1, 2) 〉 = 0,
sodass v und w orthogonal sind, wie es nach dem Spektralsatz sein muss.
Diese Ergebnisse lassen sich auch anders gewinnen: Wegen det(A) = 0 ist A singulär und 0 ein Eigenwert von A. Für das homogene Gleichungssystem Aw = 0 können wir w = (−1, 2) als eine nichttriviale Lösung ablesen. Nach dem Spektralsatz muss der zu v orthogonale Vektor v = rot−π/2(w) = (2, 1) ein weiterer Eigenvektor von A sein. Wegen Av = (10, 5) = 5v ist 5 der zweite Eigenwert von A.
Allgemein gilt für jede symmetrische Matrix A ∈ ℝ2 × 2: Ist v ein Eigenvektor von A, so auch rotπ/2(v) (oder rot−π/2(v)). Die Berechnung von Av und Arotπ/2(v) ergibt die zugehörigen Eigenwerte. Diese Argumentation ist aber auf die Dimension n = 2 beschränkt, da nur in der Ebene die Menge aller zu einem Vektor v ≠ 0 orthogonalen Vektoren der Spann eines einzigen Vektors ist.