Diagonalisierung symmetrischer Matrizen

 Der Spektralsatz besagt, dass sich jede symmetrische Matrix hinsichtlich gewisser orthogonaler und normierter Vektoren so verhält wie eine Diagonalmatrix hinsichtlich der kanonischen Basisvektoren. Um dies zu präzisieren, betrachten wir eine symmetrische Matrix A mit Eigenwerten λ1 und λ2 und zugehörigen normierten Eigenvektoren v und w. Wir setzen

D  =  diag1, λ2)  =  λ100λ2,  S  =  (v, w)  =  v1v2w1w2.

Dann ist S orthogonal, sodass S−1 = St = (v; w). Durch einen Austausch von w durch −w können wir das Vorzeichen von det(S) nach Wunsch einstellen. Es gilt

A S−1  =  A (v; w)  =  (Av; Aw)  =  1v; λ2w), sodass

S A S−1  =  (v, w) 1v; λ2w)  =  λ1v,vλ2v,wλ1w,vλ2w,w =  λ100λ2  =  D.

Durch Multiplikation mit S−1 von links und S von rechts erhalten wir

A  =  S−1 D S  =  St D S.

Diese Zerlegung können wir anschaulich interpretieren: Da S orthogonal ist, ist S je nach Vorzeichen von det(S) eine Drehung um einen Winkel φ oder eine Spiegelung an einer Geraden G. Im Fall einer Drehung können wir die Wirkung von A = S−1DS auf einen beliebigen Vektor v der Ebene so beschreiben:

(1)

Der Vektor v wird um den Winkel φ gegen den Uhrzeigersinn gedreht.

(2)

Der gedrehte Vektor wird in x-Richtung um den Faktor λ1 und in y-Richtung um den Faktor λ2 skaliert.

(3)

Der so erhaltene Vektor wird um den Winkel φ zurückgedreht.

 Ist S eine Spiegelung, so gilt eine analoge Dreiteilung. Da für eine Spiegelung S = S−1 gilt, ist die Rückspiegelung identisch mit der ersten Spiegelung.

 Wir fassen zusammen:

Satz (Diagonalisierung symmetrischer Matrizen)

Sei A  ∈  2 × 2 symmetrisch und σ  ∈  { −1, 1 }. Dann gibt es eine orthogonale Matrix S mit det(S) = σ und eine Diagonalmatrix D derart, dass

A  =  S−1DS,  D  =  SAS−1.

 Eine Zerlegung A = S−1DS wie im Satz heißt eine Diagonalisierung von A. In der Diagonale von D stehen die Eigenwerte und die Zeilen von S sind zugehörige normierte Eigenvektoren von A (Übung). Damit ist die Existenz einer Diagonalisierung nach dem Spektralsatz äquivalent zur Symmetrie von A.

 Fassen wir normierte und orthogonale Eigenvektoren v, w von A als die Basisvektoren eines Koordinatensystems auf, so hat ein Vektor u = (x, y) in diesem System die Koordinaten x′, y′ mit u = x′ v + y′ w, sodass

(+)  x e1  +  y e2  =  u  =  x′ v  +  y′ w.

Dann gilt

(x, y)  =  u  =  (v; w) (x′, y′)  =  S−1(x′, y′),  (x′, y′)  =  S (x, y),

sodass S und S−1 die Koordinaten (x, y) und (x′, y′) ineinander umrechnen. Wegen

S−1 D (x′, y′)  =  S−1 D S (x, y)  =  A (x, y)

hat A(x, y) bzgl. der Basis (v, w) die Koordinaten D(x′, y′) = (λ1x′, λ2 y′). Aus der Sicht der Basis (v, w) bewirkt A also eine Streckung um λ1 entlang der Achse von v und λ2 entlang der Achse von w. Der Spektralsatz besagt damit, dass jede symmetrische Matrix von der sympathischen Schlichtheit einer Diagonalmatrix ist, wenn wir ein geeignetes Koordinatensystem aus orthogonalen und normierten Basisvektoren wählen.

Beispiel 1: Diagonalisierung einer singulären Matrix

Wir betrachten wie oben die symmetrische Matrix

A  =  abbd  =  4221.

Nach unseren Berechnungen sind

v  =  α(2, 1),  w  =  α(−1, 2),  mit α  =  1/5.

orthogonale und normierte Eigenvektoren von A zu den Eigenwerten λ1 = 5 und λ2 = 0. Bzgl. der Basis v, w lässt sich die Wirkung von A relativ einfach beschreiben:

Ein Vektor u wird wird auf den Vektor v orthogonal projiziert

und anschließend um den Faktor 5 gestreckt.

Mit obigen Bezeichnungen gilt

D  =  λ100λ2 =  5000,  S  =  (v, w)  =  α 2112,  S−1  =  St.

Der Leser rechne nach, dass A = S−1DS und D = SAS−1. Der Vektor u = α (−3, 7/2) hat bzgl. (v, w) die Koordinaten Su = (−1/2, 2). Damit hat Au = (−2, −1) = 5 (−1, −1/2) bzgl. (v, w) die Koordinaten DSu = (−5/2, 0), wie nach „Projektion auf v und Streckung um 5“ auch sein muss.

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Beispiel 2: Diagonalisierung einer invertierbaren Matrix

Wir betrachten die invertierbare symmetrische Matrix

A  =  abbd  =  3111.

Eine Berechnung wie in den vorangehenden Beispielen liefert die Eigenwerte

λ1,2 = 2 ± 2

und zugehörige normierte Eigenvektoren

v = α (1 + 2, 1),  w = α (1 − 2, 1)  mit α−1 = 422.

Bzgl. der Basis v, w verhält sich A wie die Diagonalmatrix D = diag1, λ2) bzgl. e1, e2.

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