Mehrdimensionale Definitionsbereiche

 Im Folgenden seien immer n ≥ 1, P ⊆ n und f : P  , wenn nichts anderes gesagt wird. Der Leser denke in erster Linie an die Spezialfälle n = 2 und n = 3. Im Fall n = 2 ist also P eine Teilmenge der Ebene, im Fall n = 3 eine Teilmenge des dreidimensionalen Raumes. Die Funktionswerte sind immer Skalare. Ein Standardbeispiel ist die Funktion f : n  , die jedem Vektor x = (x1, …, xn) einer gegebenen Dimension n seine Euklidische Länge f (x) = ∥ x ∥ zuweist.

 Ist x = (x1, …, xn)  ∈  P, so schreiben wir kurz f (x) = f(x1, …, xn) anstelle der korrekteren Version f (x) = f((x1, …, xn)). Im Fall n = 2 verwenden wir oft auch die Variablen x, y und im Fall n = 3 die Variablen x, y, z, sodass die Funktionswerte die Form f(x, y) bzw. f(x, y, z) annehmen.

 Für die Dimension n = 2 stehen uns verschiedene Visualisierungsmöglichkeiten zur Verfügung. Eine davon ist:

Visualisierung durch Höhenlandschaften (3-D-Plots)

Wir tragen f(x, y) für alle (x, y)  ∈  P in eine dreidimensionale Graphik ein, d. h., wir visualisieren den dreidimensionalen Graphen von f.

 Diese Form der Visualisierung entspricht der üblichen graphischen Darstellung einer reellen Funktion. Da sie aufwendig zu zeichnen ist, eignet sie sich vor allem für Computervisualisierungen.

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3D-Plot der Funktion f mit f(x, y) = arctan(y/x) für x ≠ 0

 Eine Alternative, die sich zumindest für einfache Funktion auch zur Visualisierung per Hand eignet, besteht darin, einen sog. Kontur-Plot der Funktion zu erstellen. Hierzu definieren wir allgemein für jede Dimension n:

Definition (Niveau-Menge, Höhenlinie)

Sei f : P  . Für alle c  ∈   setzen wir

nivf(c)  =  { v  ∈  P | f (v) = c }.

Die Teilmenge nivf(c) von P ⊆ n heißt die Niveaumenge von f zum Wert c. Im Fall n = 2 nennen wir eine Niveaumenge auch eine Höhenlinie.

 Für die Dimension n = 2 ergibt sich folgende Möglichkeit der Visualisierung:

Visualisierung durch Höhenliniendiagramme (Kontur-Plots)

Wir tragen die Niveaumengen nivf(c) für einige Werte c in ein zweidimensionales Diagramm ein und versehen sie mit dem Wert c. Zusätzlich können die Bereiche zwischen den Höhnenlinien eingefärbt werden.

 Für viele Funktionen sind die Niveaumengen in der Tat Linien, sodass sich ein Bild ergibt, das an klassische Landkarten mit Höhenlinien und eingetragenen Höhen erinnert.

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Kontur-Plot der Funktion f mit f(x, y) = arctan(y/x) für x ≠ 0

Beispiele

(1)

Sei f : 2   definiert durch

f(x, y)  =  x2  +  y2  für alle (x, y)  ∈  2.

Visualisiert als 3-D-Plot ist f ein Paraboloid. Für alle c  ∈   gilt

nivf(c)  =  { (x, y)  ∈  2 | x2 + y2 = c }  =  { (x, y)  ∈  2 | ∥(x, y) ∥2 = c }.

Im Fall c < 0 ist nivf(c) die leere Menge. Für c = 0 ist nivf(c) die einpunktige Menge { 0 }. Ist c > 0, so ist nivf(c) ein Kreis mit Mittelpunkt 0 und Radius c.

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(2)

Sei f : 2   definiert durch

f(x, y)  =  x2  −  y2  für alle (x, y)  ∈  2.

Im 3-D-Plot erscheint f als Sattelfläche. Für alle c  ∈   gilt

nivf(c)  =  { (x, y)  ∈  2 | x2 − y2  =  c }.

Für c = 0 besteht die Menge nivf(0) = { (x, y)  ∈  2 | |x| = |y| } aus den beiden sich im Nullpunkt schneidenden Winkelhalbierenden. Für Werte c ≠ 0 erhalten wir Hyperbeln in Hauptlage, d. h. die Winkelhalbierenden sind Asymptoten der Äste der Hyperbeln. Im Fall c > 0 schneiden die Äste die x-Achse, im Fall c < 0 die y-Achse.

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 Die Stetigkeit lässt sich wieder in zwei äquivalenten Versionen definieren:

Definition (Stetigkeit für mehrdimensionale Definitionsbereiche)

Sei f : P  , und sei p  ∈  P. Dann heißt f ε-δ-stetig oder umgebungsstetig an der Stelle p, falls gilt:

∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x  ∈  P (∥ x − p ∥ < δ    |f (x) − f (p)| < ε).

Weiter heißt f folgenstetig an der Stelle p, falls für jede gegen p konvergente Folge (xn)n ∈  in P gilt, dass limn f (xn) = f (p).

Ist f umgebungs- bzw. folgenstetig an allen Stellen p  ∈  P, so heißt f umgebungsstetig bzw. folgenstetig.

 In der ε-δ-Stetigkeit steht die Euklidische Norm im Vergleich zu den Kurven nun auf der linken Seite der Implikation. Die logische Struktur (und Idee) der Definition bleibt gleich.

 Aufgrund der Äquivalenz der beiden Stetigkeitsdefinitionen können wieder kurz von Stetigkeit sprechen.