Operationen
Wir definieren:
Definition (Operation, Verknüpfung, Transformation)
Sei A eine Menge. Eine Funktion f : A2 → A heißt eine (zweistellige) Operation oder Verknüpfung auf A. Ist allgemeiner n ≥ 1 und g : An → A, so heißt g eine n-stellige Operation oder Verknüpfung auf A. Eine einstellige Operation heißt eine Transformation auf A.
Eine zweistellige Operation ist eine Funktion einer bestimmten Form: Der Definitionsbereich ist das kartesische Produkt
A2 = A × A = { (a, b) | a, b ∈ A }
einer Menge A, und der Wertebereich
f [ A2 ] = { f (a, b) | a, b ∈ A }
ist eine Teilmenge von A. Wir vereinbaren:
Verknüpfungsnotation, innere Notation
Ist f : A2 → A, so schreiben wir auch a f b anstelle von f(a, b).
Es gilt also a f b ∈ A für alle a, b ∈ A. Vertraut ist uns diese Schreibweise vor allem für die arithmetischen Operationen und die Komposition von Funktionen. So schreiben wir für die Addition + : ℝ2 → ℝ meistens x + y und nicht +(x, y) in sog. polnischer Notation. Dagegen ist für mehrdimensionale Funktionen der Analysis die innere Notation unüblich. Die Funktion f : ℝ2 → ℝ mit f(x, y) = x2 + y2 notiert man nicht als x f y. Die Komposition von Funktionen wird dagegen meist in der Form f ∘ g geschrieben. Um den Aspekt einer Verknüpfung zu betonen, werden Zeichen wie
+, ·, ∘, ∗, ⊙, ․, …
für zweistellige Operationen verwendet. Ist es aber von prinzipieller Bedeutung, dass eine Operation einfach ein bestimmter Typ Funktion ist, sodass alle Begriffe und Notationen für Funktionen zur Verfügung stehen.
Konvention
Wir verwenden im Folgenden bevorzugt das Zeichen ∘ [ gelesen: „Kringel“ ] für eine zweistellige Operation auf A.
Unsere mit ∘ bezeichneten Operationen haben im Allgemeinen mit einer Komposition von Funktionen nichts zu tun. Natürlich kann ∘ eine Komposition bezeichnen, und in wichtigen Beispielen wird dies auch der Fall sein.
Nach diesen Vorbereitungen können wir nun definieren:
Definition (operationale Struktur, Magma)
Sei ∘ : A2 → A eine Operation auf A. Dann heißt (A, ∘) eine operationale Struktur oder ein Magma auf A. Die Menge A nennen wir auch wieder den Träger oder das Universum der Struktur.
Eine operationale Struktur ist also eine Menge A zusammen mit einer Verknüpfung ∘ auf A derart, dass für alle Elemente a, b von A ein eindeutiges Element c = a ∘ b von A definiert ist. Dass a ∘ b ∈ A gilt, folgt aus der Definition von „Operation auf A“: Die Anwendung der Operation liefert immer ein Element der Menge A, sonst liegt keine Operation auf A vor.
Visualisierung einer Operation ∘ auf A (I). Im Allgemeinen gilt a ∘ b ≠ b ∘ a, sodass die Reihenfolge der miteinander verknüpften Elemente a und b eine Rolle spielt.
Visualisierung einer Operation ∘ auf A (II). Jedem Element (a, b) des kartesischen Produkts A2 = A × A wird ein Element a ∘ b von A zugeordnet.
Die Verknüpfung ∘ können wir wiederholt anwenden und so Terme wie
a ∘ a, a ∘ (a ∘ b), (a ∘ b) ∘ c, (a ∘ b) ∘ (c ∘ d)
bilden. In funktionaler Notation lauten diese Terme
∘(a, a), ∘(a, ∘(a, b)), ∘(∘(a, b), c), ∘(∘(a, b), ∘(c, d)).
Beispiele
(1) | Die Addition + : ℝ2 → ℝ ist eine Operation auf ℝ. Gleiches gilt für die Multiplikation und die Subtraktion. |
(2) | Die Division ist keine Operation auf ℝ, da für alle a ∈ ℝ das Paar (a, 0) nicht im Definitionsbereich der Division liegt. Beschränken wir uns auf von Null verschiedene Zahlen, so können wir die Division als eine Operation auf ℝ* = ℝ − { 0 } auffassen. Denn die Division zweier von Null verschiedener reeller Zahlen ist stets definiert und sie liefert stets eine von Null verschiedene reelle Zahl. |
(3) | Die Nachfolgerbildung S : ℕ → ℕ mit S(n) = n + 1 für alle n ∈ ℕ ist eine Transformation auf ℕ. Die Vorgängerfunktion P : ℤ → ℤ mit P(n) = n − 1 für alle n ∈ ℤ ist eine Transformation auf ℤ. |
(4) | Für alle n ≥ 2 ist die Funktion ggT : ℤn → ℤ mit ggT(a1, …, an) = „der größte gemeinsame Teiler von a1, …, an“ eine n-stellige Operation auf ℤ. Das Gleiche gilt für kgV : ℤn → ℤ mit kgV(a1, …, an) = „das kleinste gemeinsame Vielfache von a1, …, an“. |
(5) | Sei n ≥ 1. Dann ist f : ℝn → ℝ mit f(x1, …, xn) = ∑1 ≤ k ≤ n xk für alle x1, …, xn ∈ ℝ eine n-stellige Operation auf ℝ. Das Gleiche gilt für g : ℝn → ℝ mit g(x1, …, xn) = ∏1 ≤ k ≤ n xk für alle x1, …, xn ∈ ℝ. |
Für ein weiteres sehr bedeutsames Beispiel definieren wir:
Definition (Transformationsstruktur)
Sei A eine Menge, und sei
AA = { f | f : A → A }
die Menge der Transformationen auf A. Dann heißt die Struktur (AA, ∘) mit der Komposition von Funktionen die (volle) Transformationsstruktur auf A.
Sind f, g ∈ AA, so ist g ∘ f die Funktion h ∈ AA mit
h(a) = g(f (a)) für alle a ∈ A.
Die Schreibweise AA ist ein Spezialfall der Notation
AB = { f | f : A → B }.(Menge aller Funktionen von A nach B)
In der Literatur werden auch die Notationen AA bzw. allgemein BA verwendet. Die in der Mengenlehre bevorzugte Notation AB hat den Charme, dass der Definitionsbereich A wie in f : A → B auf der linken Seite steht.
Beispiele
(1) | ℕℕ ist die Menge aller Folgen in ℕ und ℝℝ die Menge aller reellen Funktionen mit vollem Definitionsbereich ℝ. |
(2) | In Transformationsstrukturen ist im Allgemeinen f ∘ g ≠ g ∘ f. Für ℕℕ gilt zum Beispiel (n + 1)n ∈ ℕ ∘ (n2)n ∈ ℕ = (n2 + 1)n ∈ ℕ, (n2)n ∈ ℕ ∘ (n + 1)k ∈ ℕ = ((n + 1)2)n ∈ ℕ = (n2 + 2n + 1)n ∈ ℕ. Allgemein gilt: Ist |A| ≥ 3, so gibt es f, g ∈ AA mit f ∘ g ≠ g ∘ f (Übung). |
(3) | Ist A endlich mit |A| = n, so gilt |AA| = nn. Dies ist auch im Sonderfall A = ∅ gültig, da die leere Menge als Funktion von sich in sich gilt: ∅ : ∅ → ∅. Damit ist ∅∅ = { ∅ } und |∅∅| = |00| = 1. |