Monoide

 In einer operationalen Struktur ist oftmals ein gewisses Element besonders ausgezeichnet, der Leser denke etwa an die 0 oder die 1 in den Zahlenmengen oder an die Identität idA : A  A in der Menge aller Transformationen auf A. Derartige Elemente führen zur Betrachtung von Strukturen der Form

(A, ∘, e)  oder allgemeiner  (A, ∘, e1, …, en)

mit e, e1, …, en  ∈  A.

Definition (operationale Struktur mit Konstanten)

Sei (A, ∘) eine operationale Struktur, und seien e1, …, en  ∈  A. Dann heißt (A, ∘, e1, …, en) eine (erweiterte) operationale Struktur mit den Konstanten e1, …, en.

 Die algebraisch wichtigsten Konstanten sind Elemente, die bei einer Verknüpfung gar nichts tun, sondern ihren Partner stets unverändert lassen:

Definition (Monoid, neutrales Element)

Sei (M, ∘) eine Halbgruppe und sei e  ∈  M. Dann heißt (M, ∘, e) ein Monoid, falls gilt:

∀a  ∈  M a ∘ e  =  a  =  e ∘ a.(Neutralität von e)

Die Konstante e heißt das neutrale Element des Monoids.

 Eine wichtige Beobachtung, die den bestimmten Artikel in „das neutrale Element“ rechtfertigt, ist:

Satz (Eindeutigkeit eines neutralen Elements)

Sei (M, ∘, e) ein Monoid, und sei e′  ∈  M neutral in M, d. h. es gelte

∀a  ∈  M a ∘ e′  =  a  =  e′ ∘ a.

Dann gilt e′ = e.

Beweis

Es gilt e′ = e ∘ e′ = e, wobei wir beim ersten Gleichheitszeichen verwenden, dass e neutral ist, und beim zweiten, dass e′ neutral ist.

 Im Gegensatz zur Assoziativität hat die Existenz eines neutralen Elements eine sehr anschauliche Tafel-Interpretation: Es gibt genau ein Element e, dessen Zeile und Spalte einfach die Anordnung der Elemente in der Tafel wiederholt. Mit anderen Worten: Es gibt ein e, sodass die e-Zeile und e-Spalte die Identität auf A ist: e = re = idA. In konkreten Darstellungen wird das neutrale Element zumeist an den Anfang gesetzt:

e

a

b

c

e

e

a

b

c

a

a

a ∘ a

a ∘ b

a ∘ c

b

b

b ∘ a

b ∘ b

b ∘ c

c

c

c ∘ a

c ∘ b

c ∘ c

Operationstafel mit einem neutralen Element e

 Der Schritt von einer Halbgruppe zu einem Monoid ist ein kleiner: Sei (H, ∘) eine Halbgruppe, und sei e irgendein Objekt mit e  ∉  H. Wir setzen nun

M  =  H ∪ { e }

und erweitern die Operation ∘ auf H zu einer Operation ∘ auf M durch die Festsetzung

a ∘ e  =  e ∘ a  =  a  für alle a  ∈  M.

Dann ist die Struktur (M, ∘, e) ein Monoid (Übung).

Definition (Erweiterung einer Halbgruppe)

Wir nennen das Monoid (M, ∘, e) die Erweiterung der Halbgruppe (H, ∘) um das neutrale Element e.

 Schließlich vereinbaren wir noch einen liberalen Umgang mit Strukturen:

Sprechweisen und Notationen

(1)

Anstelle von „(H, ∘) ist eine Halbgruppe“ sagen wir oft auch, dass H zusammen mit der Operation ∘ eine Halbgruppe bildet.

(2)

Analog sagen wir, dass eine Menge M mit einer Operation ∘ und einem Element e ein Monoid bildet, falls (M, ∘, e) ein Monoid ist. Die Aussage, dass eine Halbgruppe (H, ∘) ein/kein Monoid ist, bedeutet, dass es ein/kein e  ∈  H gibt derart, dass (H, ∘, e) ein Monoid ist.

(3)

Wir verwenden oft das gleiche Operationssymbol ∘ für zwei verschiedene Halbgruppen (H1, ∘), (H2, ∘). Genauer schreiben wir (H1, ∘1) und (H2, ∘2) oder (H1, ∘), (H2, ∗), falls nötig.

(4)

Vor allem im späteren Verlauf nennen wir auch oft kurz eine Menge H ein Halbgruppe oder ein Monoid, d. h., wir verwechseln eine Struktur mit ihrem Träger. Dies dient der notationellen Vereinfachung und besseren Lesbarkeit. Eine Operation und gegebenenfalls ein neutrales Element ist implizit mit dabei.