Aussagen und Junktoren
Die Mathematik betrachtet Aussagen wie etwa
„Die Zahl 5 ist eine Primzahl.“,
„Wenn n kleiner als m ist, so ist stets auch n + 1 kleiner als m + 1.“,
„Die Sinus-Funktion ist periodisch und beschränkt.“,
„Nicht jede stetige Funktion auf den reellen Zahlen ist differenzierbar.“.
Auch „Die Zahl 4 ist eine Primzahl.“ ist eine mathematische Aussage, nicht aber „Die Zahl 4 ist männlich.“ oder „Diese Banane ist noch nicht reif.“. Eine genaue Definition dessen, was eine sinnvolle mathematische Aussage ist und was nicht, ist möglich, liegt aber außerhalb der Intentionen dieser Einführung in das mathematische Argumentieren. Ein naives Grundverständnis, welches z. B. natürliche Zahlen deutlich von Bananen trennt, genügt, um anzufangen.
In obigen Beispielen ist von einer Konstanten wie der Zahl 5, einer Funktion wie dem Sinus und einer Relation wie „kleiner als“ die Rede. Bevor wir aber diese inhaltlichen Elemente mathematischer Aussagen genauer betrachten, wenden wir uns dem einfacheren Thema der logischen Junktoren zu, die beliebige Aussagen A, B, C, D, … miteinander verknüpfen. Die für die Mathematik wichtigsten Junktoren sind:
(i) | die Negation nicht/non, | in Zeichen: ¬, |
(ii) | die Konjunktion und, | in Zeichen: ∧, |
(iii) | die Disjunktion oder, | in Zeichen: ∨, |
(iv) | die Implikation folgt/impliziert, | in Zeichen: →, |
(v) | die Äquivalenz genau dann, wenn, | in Zeichen: ↔. |
Viele andere Verknüpfungen sind denkbar, zum Beispiel ein „weder noch“. Überwiegend werden aber die obigen Junktoren eingesetzt und andere Junktoren werden mit ihrer Hilfe ausgedrückt. Zeichen für andere Verknüpfungen haben keinen allgemeinen Bekanntheitsgrad erreicht.
Verknüpfungen, die wir hier nicht betrachten, sind etwa „A kommt vor B“ oder „A ist möglich“, „A ist notwendig“. Man kann solche Verknüpfungen innerhalb der so genannten nichtklassischen Aussagenlogik studieren. In der allgemeinen Mathematik kommen sie nicht vor.
Mit Hilfe der logischen Verknüpfungen werden aus Aussagen neue Aussagen gebildet. Für jede Aussage A ist die Negation von A, also ¬ A, eine neue Aussage. Die Negation ist, wie man sagt, ein einstelliger Junktor. Die anderen Junktoren der obigen Tabelle sind zweistellig: Für alle Aussagen A und B sind die Konjunktion A ∧ B, die Disjunktion A ∨ B, die Implikation A → B, und die Äquivalenz A ↔ B neue Aussagen.
Da man die Junktoren iteriert anwenden kann, ist es erforderlich, Klammern zu setzen. Dadurch wird zum Beispiel die Aussage (A ∧ B) → C von der Aussage A ∧ (B → C) unterscheidbar.
Um Klammern zu sparen, wird folgende Bindungsstärke der Junktoren vereinbart, von stark bindend zu schwach bindend:
¬, ∧, ∨, →, ↔. (Bindungsstärke der Junktoren)
Damit ist zum Beispiel
¬ A ∧ B → C die Aussage ((¬ A) ∧ B) → C,
und nicht etwa die Aussage ¬ (A ∧ (B → C)). Die vereinbarte Bindungsstärke ist nichts weiter als eine Konvention, die sich in der Praxis bewährt hat.
Zur Verbesserung der Lesbarkeit kann man die Struktur eines Ausdrucks auch durch graphische Mittel wie Abstände und Kursivstellungen verdeutlichen. So schreiben wir zum Beispiel:
A oder B impliziert C.
Das längliche genau dann, wenn kürzen wir gerne durch gdw ab. (Im Englischen hat sich hier das Kunstwort iff für if and only if durchgesetzt.)
Statt „A impliziert B“ sagen wir gleichwertig auch „(aus) A folgt B“, „A zieht B nach sich“, „wenn A, so auch B“, „A ist hinreichend für B“ oder „B ist notwendig für A“. Hinter den Sprechweisen „hinreichend“ und „notwendig“ verbirgt sich also nichts weiter als eine Implikation, die in zwei verschiedenen Richtungen gelesen wird.