Konstruktion der rationalen Zahlen
Bei der Betrachtung der Rechengesetze für die ganzen Zahlen fällt auf, dass inverse Elemente für die Addition immer existieren, während 1 und − 1 die einzigen ganzen Zahlen sind, die ein multiplikatives Inverses besitzen: Gilt a · b = 1 für ganze Zahlen a, b, so ist a = 1 oder a = − 1. In ℤ können wir nicht frei dividieren, so wie wir in ℕ nicht frei subtrahieren konnten. Dies führt uns zur Konstruktion der rationalen Zahlen. Die Idee ist hier, ein Paar (a, b) ganzer Zahlen a, b mit b ≠ 0 als Bruch a/b zu lesen. Die Durchführung verläuft analog zur Konstruktion von ℤ.
Definition (Äquivalenzrelation zur Konstruktion der rationalen Zahlen)
Sei ℤ* = ℤ − { 0 }. Wir definieren für alle (a, b), (c, d) ∈ ℤ × ℤ*:
(a, b) ∼ (c, d), falls a · d = c · b.
Dann ist ∼ eine Äquivalenzrelation auf ℤ × ℤ* und wir definieren:
Definition (rationale Zahlen)
Wir setzen ℚ = (ℤ × ℤ*)/∼. Die Elemente von ℚ heißen rationale Zahlen.
Wir schreiben rationale Zahlen zur Vereinfachung der Notation in der Bruch-Form a/b anstelle von (a, b)/∼.
Aus der Definition von ∼ folgt die Kürzungsregel
(ac)/(bc) = a/b für alle a ∈ ℤ und b, c ∈ ℤ*.
Ein Bruch a/b mit a ≠ 0 heißt gekürzt, wenn es keine a′ ∈ ℤ und b′, c ∈ ℤ*, c ≠ 1, gibt derart, dass a/b = (a′c)/(b′c).
Wir definieren nun eine Addition und eine Multiplikation auf ℚ:
Definition (Arithmetik auf ℚ)
Für alle a/b, c/d ∈ ℚ setzen wir:
a/b + c/d | = (ad + bc)/(bd), |
a/b · c/d | = (ac)/(bd). |
Wieder sind diese Operationen wohldefiniert.
Definition (multiplikativ Inverses, Division)
Wir definieren für alle a/b ∈ ℚ mit a ≠ 0:
(a/b)−1 = b/a.
Die Zahl (a/b)−1 heißt das multiplikative Inverse von a/b. Wir setzen:
(a/b) / (c/d) = (a/b) · (c/d)−1 für alle a/b, c/d ∈ ℚ mit c ≠ 0.
Die Zahl (a/b)/(c/d) heißt der Quotient der rationalen Zahlen a/b und c/d.
Damit ist eine Divisionsoperation auf den rationalen Zahlen eingeführt. Nach Definition der Multiplikation und der Inversenbildung gilt
(a/b)/(c/d) = (a/b) · (c/d)−1 = (a/b) · (d/c) = (ad)/(bc).
Zur Rechtfertigung der Bezeichnung von (a/b)−1 als multiplikatives Inverses rechnen wir:
(a/b) / (a/b) = a/b · b/a = (ab)/(ab) = 1/1.
Wir können wieder ℤ als Teilmenge von ℚ auffassen, indem wir jedes a ∈ ℤ mit a/1 ∈ ℚ identifizieren. Die Arithmetik auf ℤ wird dadurch respektiert, und für alle a ∈ ℤ und b ∈ ℤ* gilt
a/b = a/1 · 1/b = a/1 · (b/1)−1 = a · b−1,
d. h. alle rationalen Zahlen lassen sich als Quotient zweier ganzer Zahlen schreiben. Damit ist ℚ eine minimale Erweiterung von ℤ, in der Divisionen durchgeführt werden können.
Für alle q ≠ 0 ist q−1 = 1/q, denn ist q = a/b, so ist q−1 = b/a nach Definition des Inversen, und ebenso gilt 1/q = (1/1)/(a/b) = b/a nach Definition der Division.