Die Berechnung von Differentialquotienten

 Um die Differenzierbarkeit einer reellen Funktion f : P   nachzuweisen, müssen wir für jeden Punkt p  ∈  P zeigen, dass der Differentialquotient

limx  p f (x) − f (p)x − p  =  limh  0 f (p + h) − f (p)h

existiert. Für einfache Funktionen ist dies leicht möglich. So hatten wir beispielsweise gezeigt:

ddx c  =  0  für alle c  ∈  ,  ddx x  =  1,  ddx x2  =  2x.

Allgemeiner gilt für jedes n ≥ 1 (vgl. die Übungen des letzten Kapitels):

ddx xn  =  n xn − 1 (Ableitungsregel für Monome)

Zum Beweis verwenden wir für ein festes p  ∈   die Polynomdivision

xn − pnx − p  =  xn − 1 + p xn − 2  +  …  +  pn − 2 x  +  pn − 1,

durch die der Differenzenquotient als Polynom vom Grad n − 1 erscheint. Setzen wir in diesem Polynom x = p, so ergibt sich n pn − 1.

 Eine weitere wichtige elementare Ableitung ist

ddx 1x  =  −  1x2,  d. h.  ddx x−1  =  − x−2.

Sie erweitert die Ableitungsregel für Monome: Der Exponent wird zum Faktor und um 1 erniedrigt. Zum Beweis sei p  ∈  * beliebig. Dann gilt

limx  p 1/x − 1/px − p  =  limx  p (p − x)/(xp)x − p  =  limx  p  − 1x p  =  − 1p2.

 Viele weitere Beispiele ließen sich anfügen. Auf Dauer ist es aber wünschenswert, einen Kalkül zur Verfügung zu haben, der es erlaubt, jede als Term gegebene elementare Funktion gemäß ihrem Aufbau systematisch zu differenzieren. Ein solcher Kalkül existiert in einer sehr erfreulichen Form: Alle elementaren Funktionen lassen sich ableiten, ohne numerische Methoden zu verwenden und ohne neue Funktionen einzuführen (das wird bei der Integration anders sein!). Die mühsame Berechnung von Differentialquotienten entfällt vollständig, sobald die grundlegenden Ableitungen und die allgemeinen Ableitungsregeln einmal da sind. Diesen leistungsfähigen Kalkül des Differenzierens wollen wir nun vorstellen.