Nichtelementare Stammfunktionen
Jede differenzierbare elementare Funktion besitzt eine elementare Ableitung. Das Differenzieren führt damit nicht aus der Menge der elementaren Funktionen heraus. Eine analoge Eigenschaft ist für die Integration nicht richtig: Es gibt elementare Funktionen, die keine elementare Stammfunktion besitzen. Beispielsweise sind die vergleichsweise einfach wirkenden Integrale
∫ sin(x)x, ∫sin(x2) dx, ∫ 1log(x) dx, ∫ dx
innerhalb der elementaren Funktionen nicht lösbar. Wir finden mit unseren Integrationsregeln keine Stammfunktion, und das liegt weder an den Regeln noch an uns. Die elementaren Funktionen sind einfach nicht reichhaltig genug. So wie die Integration von 1/x und 1/(1 + x2) aus den rationalen Funktionen hinausführt, so führt die Integration von
sin(x)x, sin(x2), 1log(x),
und vielen weiteren Funktionen aus den elementaren Funktionen hinaus. Das Gleiche gilt für das Integral über die Gaußsche Glockenkurve:
∫ e−x2/2 dx
Die Integration gibt damit Anlass zur Betrachtung neuer Funktionen. So ist das Gaußsche Fehlerintegral F : ℝ → ℝ definiert durch
F(x) = ∫x0 e−t2/2 dt für alle x ∈ ℝ.
Zur Berechnung werden numerische Methoden verwendet. Den Grenzwert
limx → ∞ F(x) = π/2
werden wir im Abschnitt über mehrdimensionale Analysis bestimmen. Er entspricht dem Inhalt der Fläche unter der Glockenkurve im ersten Quadranten.
Bemerkung: Nichtelementare Umkehrfunktionen
Nichtelementare Funktionen entstehen nicht nur durch Integration, sondern auch durch die Bildung von Umkehrfunktionen. Während die Logarithmen und Arkusfunktionen zum elementaren Grundbestand zählen, ist die Umkehrfunktion einer injektiven elementaren Funktion im Allgemeinen nicht mehr elementar. Wichtige Beispiele liefern die Funktionen f : ℝ → ℝ der Form f (x) = x − ε sin(x) mit ε ∈ [ 0, 1 ]. Die nichtelementaren Umkehrfunktionen dieser Funktionen tauchen bei der Beschreibung von elliptischen Planetenbahnen auf.
f (x) = sin(x)/x (mit der stetigen Fortsetzung f (0) = 0), eingehüllt durch ±1/x
f (x) = sin(x2), beschränkt durch −1 und 1
f (x) = 1/log(x) zusammen mit der ersten Ableitung f ′(x) = − 1/(x log2(x)).
f (x) = , beschränkt durch w = 1/ und 1
Die Funktion wird gut approximiert durch die Schwingung g(x) = w + (1 − w) cos2(x), die gestrichelt eingezeichnet ist. Die Differenzfunktion f − g ist klein, aber nicht 0.
Die Gaußsche Glockenkurve f (x) = exp(−x2/2).
Der Inhalt der unbeschränkten Fläche unter der Glockenkurve ist π.