Beispiel 2:  Projektions-Matrizen

 Sei u  ∈  2 normiert. Dann ist die orthogonale Projektion pru : 2  2 mit

pru(v)  =  〈 u, v 〉 u  für alle v  ∈  2  (mit û = u, da u normiert ist)

linear. Um die darstellende Matrix zu bestimmen, berechnen wir die Bilder der kanonischen Basisvektoren. Es gilt:

pru(e1)  =  〈 u, e1 〉 u  =  u1 u  =  u1 (u1, u2)  =  (u12, u1u2)

pru(e2)  =  〈 u, e2 〉 u  =  u2 u  =  u2 (u1, u2)  =  (u1u2, u22)

Diese Vektoren schreiben wir als Spalten in eine Matrix:

Definition (Projektions-Matrix in der Ebene)

Sei u  ∈  2 normiert. Dann heißt die Matrix

A  =  u12u1u2u1u2u22  ∈  2 × 2

die Projektions-Matrix zum Vektor u. Wir bezeichnen sie auch mit pru.

Für jeden Vektor v  ∈  2 ist der Vektor Av  ∈  2 das Ergebnis der orthogonalen Projektion von v auf die von u erzeugte Gerade. Die Voraussetzung „u ist normiert“ ist keine Einschränkung, da die Normierung eines Vektors u ≠ 0 die Projektion auf u unverändert lässt.

 Eine Projektionsmatrix A ist symmetrisch, da a12 = a21. Für die Hauptdiagonale (u12, u22) von A gilt u12 + u22 = 1, sodass spur(A) = 1. 1. Weiter gilt

A  =  u ut  =  (u1, u2) (u1; u2)  mit  u  ∈  2 × 1, ut  ∈  1 × 2,

wenn wir u als Matrix mit einer Spalte und zwei Zeilen auffassen.

Beispiel

Wir betrachten die Gerade G durch den Ursprung und (3, 4). Der Vektor (3, 4) hat die Länge 5, sodass u = (3/5, 4/5) der normierte Vektor der gleichen Richtung ist. Die Projektions-Matrix für u lautet

A  =  125 9121216

Für den Vektor v = (3, −1) berechnet sich beispielsweise die Projektion von v auf die Gerade G zu

A v  =  125 912121631 =  125 1520 =  15 34

Projektionen lassen sich gut durch Pfeildiagramme visualisieren:

hm1-AbbIDlin_abb_arr_3

Pfeildiagramm für die Projektion auf die Gerade durch den Nullpunkt und (1, 2)

Die Projektionsmatrix berechnet sich zu

A  =  15 4221

 Das kartesische Koordinatengitter wird durch eine Projektion

A  =  u12u1u2u1u2u22

flachgedrückt: Die Vektoren A e1 und A e2 liegen beide auf der Geraden span(u) der Projektion und sind damit linear abhängig. Diese anschauliche geometrische Eigenschaft lässt sich auch leicht nachrechnen: Ist u1 = 0 oder u2 = 0, so hat A eine Nullspalte, sodass die Spaltenvektoren linear abhängig sind. Andernfalls ist

1u1 (u12, u1 u2)  −  1u2 (u1 u2, u22)  =  0

eine nichttriviale Nulldarstellung.

Beispiel: Kleine Änderung einer Projektionsmatrix
hm1-AbbIDlin_abb_arr_4

Pfeildiagramm für die Matrix A′ = 15 0,9·4221

Gegenüber der obigen Projektionsmatrix wurde der Eintrag a11 um 10% verringert, sodass sich eine „Beinaheprojektion“ ergibt. Das kartesische Koordinatengitter wird nicht mehr flachgedrückt, aber zu einem sehr spitzwinkligen Gitter verformt:

hm1-AbbIDlin_abb_mat_3

Das Koordinatengitter der „Beinaheprojektion“ A′ = (v; w)

Verwendung der Hesse-Normalform

Die Projektions-Matriz können wir auch mit der Hesse-Normalform einer Geraden durch den Nullpunkt gewinnen. Sei hierzu wieder u  ∈  2 normiert, und sei G = span(u). Mit (a, b) = rotπ/2(u) = (− u2, u1) gilt

G  =  span(u)  =  { (x, y)  ∈  2 | a x  +  b y  =  0 }.

Die Hesse-Formeln liefern

prG(v) =  v  −  λ (a, b)  =  v  −  〈 (a, b), v 〉 (a, b)
=  v1(av1+bv2)av2(av1+bv2)b  =  (1a2)v1abv2(1b2)v2abv1
 =  b2v1abv2abv1+a2v2 =  b2ababa2 v  =  u12u1u2u1u2u22 v.

Die Projektions-Matrix ergibt sich auch aus

prG(e1)  =  e1  −  〈 (a, b), e1 〉 (a, b)  =  e1 − (a2, a b)  =  (b2, − a b)  =  (u12, u1 u2)

prG(e2)  =  e2  −  〈 (a, b), e2 〉 (a, b)  =  e2 − (a b, b2)  =  (− a b, a2)  =  (u1 u2, u22)

Dreidimensionale Projektion auf eine Ebene

Die Hesse-Formeln eignen sich auch zur Gewinnung von Projektions-Matrizen im 3. Sei hierzu

E  =  { (x, y, z)  ∈  3 | a x + b y + c z  =  0 }

eine Ebene des 3 mit ∥ (a, b, c) ∥ = 1. Mit den Hesse-Formeln

prE(v)  =  v − λ (a, b, c)  mit  λ  =  〈 (a, b, c), v 〉

berechnen wir:

prE(e1)  =  e1 − a (a, b, c)  =  (1 − a2, − a b, − a c)

prE(e2)  =  e2 − b (a, b, c)  =  (− a b, 1 − b2, − b c)

prE(e3)  =  e3 − c (a, b, c)  =  (− a c, − b c, 1 − c2)

Damit erhalten wir die (wieder mit prE bezeichnete) symmetrische dreidimensionale Projektionsmatix

prE  =  1a2abacab1b2bcacbc1c2  ∈  3 × 3.

Dreidimensionale Projektion auf eine Gerade (und Ebene)

Die Projektionsformel

pru (v)  =  〈 û, v 〉

gilt auch im 3. Ist u  ∈  3 normiert, so berechnen sich die Bilder der Basisvektoren zu

pru(e1)  =  〈 u, e1 〉 u  =  u1 u  =  (u12, u1 u2, u1 u3)

pru(e2)  =  〈 u, e2 〉 u  =  u2 u  =  (u2 u1, u22, u1 u2, u2 u3)

pru(e3)  =  〈 u, e3 〉 u  =  u3 u  =  (u3 u1, u3 u2, u32)

Damit ergibt sich die (wieder mit pru bezeichnete) symmetrische Projektions-Matrix

pru  =  u12u1u2u1u3u1u2u22u2u3u1u3u2u3u32  ∈  3 × 3.

Seien nun u, w  ∈  3 normiert, und sei E = span(u, w) die von den beiden Vektoren aufgespannte Ebene. Die Projektion eines Vektors v auf E ist die Summe der Projektionen von v auf u und w:

(+)  prE(v)  =  pru(v)  +  prw(v)

Denn die linke Seite ist ein Element von E und zudem gilt

〈 v − (pru(v) + prw(v)), u 〉  =  〈 v − pru(v), u 〉  −  〈 prw(v), u 〉  =  0 − 0  =  0,

〈 v − (pru(v) + prw(v)), w 〉  =  0  (analog).

(Dabei verwenden wir in 〈 prw(v), u 〉 = 0 = 〈 pru(v), w 〉 entscheidend die Orthogonalität von u und w.) Damit erhalten wir:

prE  =  u12+w12u1u2+w1w2u1u3+w1w3u1u2+w1w2u22+w22u2u3+w2w3u1u3+w1w3u2u3+w2w3u32+w32.

Es gilt wieder prE = u ut + v vt, wenn wir u und v als einspaltige Matrizen auffassen.

Dass die zwei Darstellungen von prE übereinstimmen, folgt aus der Eindeutigkeit einer darstellenden Matrix. Dies lässt sich aber auch direkt nachweisen: Ist (a, b, c) = u × w, so ist die Matrix A = (u; w; (a, b, c)) orthogonal, d. h. die Zeilen und Spalten von A sind normiert und sie stehen paarweise senkrecht aufeinander. Damit gilt zum Beispiel 1 − a2 = u12 + w12, − a b = u1 u2 + w1 w2 usw.