Das Vorzeichen der Determinante
Bei der Definition der Determinante haben wir die Beträge der Flächen- und Volumenformeln weggelassen. Damit kann die Determinante auch negativ sein. Das Vorzeichen der Determinante hat eine wichtige geometrische Bedeutung. Wir definieren hierzu:
Definition (Orientierung eines Vektorpaars)
Seien v, w ∈ ℝ2 nicht kollinear, und sei v⊥ = (− v2, v1) der um π/2 gegen den Uhrzeigersinn gedrehte Vektor v. Weiter sei ψ = ∡(v⊥, w). Dann heißt (v, w) positiv orientiert, wenn ψ ∈ [ 0, π/2 [ , und negativ orientiert, wenn ψ ∈ ] π/2, π ].
Die Orientierung lässt sich wie folgt beschreiben:
Anschauliche Formulierung der Orientierung
Die Gerade span(v) definiert zwei Halbebenen des ℝ2. Liegt w in der Halbebene von v⊥, so ist (v, w) positiv orientiert. Wir gelangen dann von v nach w durch eine Drehung gegen den Uhrzeigersinn um φ = ∡(v, w) < π. Liegt w in der Halbebene von −v⊥, so ist (v, w) negativ orientiert. Wir gelangen dann von v nach w durch eine Drehung im Uhrzeigersinn um φ < π.
Der Vektor v erzeugt eine linke und eine rechte Halbebene, die durch eine Drehung des Vektors gegen bzw. im Uhrzeigersinn entstehen: v⊥ definiert die linke Ebene, −v⊥ die rechte. Für alle von v linear unabhängigen Vektoren w ist (v, w) positiv orientiert, wenn w in der linken Halbebene liegt. Analoges gilt für die negative Orientierung.
Aus unserem Beweis der Flächenformel für ein von zwei Vektoren der Ebene aufgespanntes Parallelogramm gewinnen wir:
Satz (Vorzeichen einer 2 × 2-Determinante)
Sei A = (v; w) ∈ ℝ2 × 2 mit det(A) ≠ 0. Dann entspricht das Vorzeichen von det(A) der Orientierung von (v, w).
Im dreidimensionalen Raum gilt:
Satz (Vorzeichen einer 3 × 3-Determinante)
Sei A = (v; w; u) ∈ ℝ3 × 3 mit det(A) ≠ 0. Dann ist (v, w, u) ein Rechtssystem (Linkssystem), wenn det(A) positiv (negativ) ist.
Auch dieses Ergebnis lässt sich aus unserer Volumenberechnung des Spats ablesen: Die Determinante ist genau dann positiv, wenn u im selben Halbraum wie v × w liegt (bzgl. der von v und w erzeugten Ebene).
Unsere Interpretation der Determinanten können wir also noch präzisieren:
Interpretation der Determinante, II
Die Größe det(A) ist ein signiertes (vorzeichenbehaftetes) Maß für die Flächen- bzw. Volumenverzerrung der Matrix A.
Die Determinante misst also nicht nur eine Fläche oder ein Volumen. Ihr Vorzeichen gibt an, ob die Orientierung der Basisvektoren e1, e2 bzw. das Rechtssystem e1, e2, e3 durch Anwendung der Matrix erhalten bleibt oder nicht.
Beispiele
(1) | Für (v, w) = (−1, 4), w = (2, −7) gilt det(v; w) = 7 − 8 = −1. Die Vektoren (v, w) sind also negativ orientiert. |
(2) | Seien v, w ∈ ℝ2 linear unabhängig. Beim Übergang von (v, w) zu (w, v) ändert sich die Orientierung. Es gilt also det(v; w) = − det(v; w). |
(3) | Sei A = ((a, b), (c, d)) ∈ ℝ2 × 2. Dann gilt det(A) = a d − b c = d a − c b = det(At). Die Determinante bleibt also bei der Transposition unverändert. Diese Eigenschaft gilt auch im ℝ3. |
(4) | Seien v = (4, 1, 1), w = (2, 1, 2), u = (0, 1, 2). Es gilt v × w = (1, −6, 2), sodass det(u; v; w) = 〈 (1 −6, 2), (0, 1, 2) 〉 = 0 − 6 + 4 = − 2. Die Vektoren (v, w, u) bilden also ein Linkssystem. |
(5) | Im ℝ3 gilt det(v; w; u) = det(w; u; v) = det(u; v; w). Dies lässt sich ohne Nachrechnen dadurch einsehen, dass die drei gebildeten Spate gleich sind (einschließlich ihrer Orientierung). Wir erhalten: 〈 v × w, u 〉 = 〈 w × u, v 〉 = 〈 u × v, w 〉 für alle v, w, u ∈ ℝ3. |