ℕ × ℕ ist abzählbar:  Die Cantorsche Paarungsfunktion

Satz

×  ist abzählbar.

Beweis

Definiere π :  ×    bijektiv durch

π(a, b)  =  (a + b)(a + b + 1)/2  +  a.

Zum Beispiel ist π(3,2) = 30/2 + 3 = 18.

 Die Funktion π heißt die Cantorsche Paarungsfunktion. π ist bijektiv und zählt die Menge  ×  diagonal auf, wie in dem folgenden Diagramm dargestellt:

mengenlehre1-AbbID27

 Obige Formel für die Werte von π erhält man durch die Beobachtung, dass in der ersten Senkrechten des Diagramms (a = 0) die Partialsummen der Reihe 0 + 1 + 2 + 3 + 4 … stehen, und diese berechnen sich zu n(n + 1))/2. Weiter ist die Summe a + b der Koordinaten konstant auf den Diagonalen.

Gegeben (a, b) bestimmt man zuerst die Diagonale, in der sich (a, b) befindet. Der erste Wert dieser Diagonale ist nach obiger Überlegung

π(0, a + b) = (a + b)(a + b + 1)/2.

Und offenbar ist dann π(a, b) = π(0, a + b) + a.

Übung

Für alle n  ∈   gilt: 1 + 2 + … + n = (n (n + 1))/2.

[Durch Induktion oder durch den Gaußtrick n + 1 = (n − 1) + 2 = (n − 2) + 3 = …]

Übung

(i)

Sei A abzählbar. Dann ist auch A × A abzählbar.

(ii)

Ist A abzählbar und n ≥ 1, so ist auch An abzählbar.

(iii)

Gilt |A × A| = |A| für eine Menge A, so auch |An| = |A| für alle n ≥ 1.

 Die Cantorsche Paarungsfunktion ist ein Polynom in a und b zweiten Grades. Es ist erstaunlich, dass die diagonale Aufzählung von  ×  durch so eine einfache Funktion beschrieben werden kann.

Cantor (1878):

„Es hat nämlich die Funktion μ + ((μ + ν − 1) (μ + ν − 2))/2, wie leicht zu zeigen, die bemerkenswerte Eigenschaft, dass sie alle positiven ganzen Zahlen und jede nur einmal darstellt, wenn in ihr μ und ν unabhängig voneinander ebenfalls jeden positiven, ganzzahligen Wert erhalten.“

 In der Tat gibt es keine weiteren Polynome höchstens zweiten Grades in a und b, die  ×  bijektiv auf  abbilden, mit Ausnahme der Funktion π͂ :  ×   , definiert durch π͂(a, b) = π(b, a). Diese Tatsache, die die herausragende Stellung der Cantorschen Paarungsfunktion belegt, ist nichttrivial und als Satz von Fueter-Polya (1923) bekannt − zum Beweis wird das Transzendenz-Resultat von Ferdinand Lindemann (1852 − 1939) benutzt. Viele Fragen in diesem Umfeld sind noch offen. Z. B. ist unbekannt, ob es ein Polynom höheren Grades in a, b geben kann, das  ×  bijektiv auf  abbildet [hierzu und zum Satz von Fueter-Polya siehe Smoryński 1991 und Lew/Rosenberg 1978].

 Im Hinblick auf den Satz von Fueter-Polya ist interessant, dass es „Fast-Polynome“ zweiten Grades in a, b gibt, die  ×  bijektiv auf  abbilden:

Übung

Wir definieren ρ :  ×    durch

ρ(a, b)  =  max(a2, b2)  +  a  +  (a ∸ b)   für a, b  ∈  , wobei

ab=ab,falls ba,0,sonst.

(Man wird ρ liebgewinnen, wenn man einige Werte in ein  × -Gitter wie im Diagramm zur Cantorschen Paarungsfunktion einzeichnet.)

Es gilt: ρ :  ×    ist bijektiv.

 Die Konstruktion der Cantorschen Paarungsfunktion lässt sich auf höhere Dimensionen verallgemeinern, und man erhält ein bijektives πn : n   für alle n ≥ 3. πn ist ein Polynom n-ten Grades in a1, … , an.

 Eine zweite Möglichkeit, Bijektionen zwischen n und  zu erhalten, ist die Komposition, z. B.

π3(a1, a2, a3) =  π(π(a1, a2), a3),
π4(a1, a2, a3, a4) =  π(π3(a1, a2, a3), a4),
π4(a1, a2, a3, a4) =  π(π(a1, a2), π(a3, a4)), usw.

 Beide Möglichkeiten liefern Polynome in a1, a2, … , an, die zweite erzeugt Polynome höheren Grades als die Anzahl der Variablen, z. B. ist π3 vom Grad 4. Es ist nicht bekannt, ob es Polynome gibt, die n bijektiv auf  abbilden und die nicht durch diese beiden Möglichkeiten (und Umordnung der Variablen wie in π͂(a, b) = π(b, a)) gebildet werden.

 Abzählungen von  ×  und allgemeiner n für n ≥ 2 gibt es natürlich zuhauf. Jede Wanderung auf dem  × -Feld, in beliebigem Zickzackkurs, die jeden Punkt (a, b)  ∈   ×  genau einmal besucht, liefert eine Bijektion zwischen  und  × .

Übung

Geben Sie ein Polynom dritten Grades in a, b, c an, welches 3 bijektiv auf  abbildet.

[Analog zur Cantorschen Aufzählung, wobei nun die 3-Punkte der Ebenen a + b + c = 0, a + b + c = 1, … nacheinander geeignet aufgezählt werden.]

Übung

Die Funktion f : 2   mit f(n, m) = 2n + 1 (m + 1) − 2n − 1 für alle n, m  ∈   ist bijektiv.