Die Addition von Ordnungstypen

 Sind 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉 zwei Ordnungen, so können wir ohne Einschränkung stets annehmen, dass die Ordnungen disjunkt sind − d. h. dass M ∩ N = ∅ gilt −, solange es uns nur auf den Typ ankommt. Denn für eine lineare Ordnung und ein beliebiges Objekt i sei Mi = M × { i }. Wir definieren 〈 Mi, < 〉 durch

(x, i)  <  (y, i)falls  x  <  y  für alle (x, i), (y, i)  ∈  Mi.

Dann ist 〈 Mi, < 〉 eine lineare Ordnung und es gilt o. t.(〈 M, < 〉) = o. t.(〈 Mi, < 〉). Für zwei Ordnungen 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉 sind dann 〈 M0, < 〉 und 〈 N1, < 〉 vom jeweils gleichen Ordnungstyp und es gilt M0 ∩ N1 = ∅.

 Nach dieser Vorbemerkung können wir nun die Addition zweier linearer Ordnungen definieren.

Definition (Addition zweier linearer Ordnungen)

Seien 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉 lineare Ordnungen mit M ∩ N = ∅.

Dann ist die Summe 〈 S, < 〉 von 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉, in Zeichen

〈 S, < 〉  =  〈 M, < 〉  +  〈 N, < 〉

definiert durch:

S  =  M ∪ N,

a  <  b   falls

a, b  ∈  M und a < b  oder
a, b  ∈  N und a < b  oder
a  ∈  M, b  ∈  Nfür a, b  ∈  S.
mengenlehre1-AbbID62

 Die Ordnung 〈 N, < 〉 wird also einfach an die Ordnung 〈 M, < 〉 rechts angehängt − mit der Konvention, dass ein größeres Element einer Ordnung weiter rechts steht als ein kleineres. In der Ordnung 〈 M, < 〉 + 〈 N, < 〉 ist jedes Element von N größer als jedes Element von M; sind zwei Elemente x, y aus M ∪ N beide im linken oder beide im rechten Teil, so werden sie nach den bereits vorhandenen Ordnungen von M und N miteinander verglichen.

Cantor (1895):

„Die Vereinigungsmenge (M, N) [hier: disjunkte Vereinigung] zweier Mengen M und N läßt sich, wenn die letzteren geordnet sind, selbst als eine geordnete Menge auffassen, in welcher die Rangbeziehung der Elemente von M unter einander, ebenso die Rangbeziehung der Elemente von N unter einander dieselben wie in M resp. N geblieben sind, dagegen alle Elemente von M niedrigeren Rang als alle Elemente von N haben.“

 Die Addition für Ordnungstypen wird mit Hilfe der Addition von linearen Ordnungen wie folgt definiert:

Definition (Addition zweier Ordnungstypen)

Seien α, β Ordnungstypen. Dann ist die Summe von α und β, in Zeichen α + β, definiert durch:

α + β  =  o. t.(〈 M, < 〉 + 〈 N, < 〉),

wobei 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉 zwei disjunkte Ordnungen sind mit

α = o. t.(〈 M, < 〉) und β = o. t.(〈 N, < 〉).

 Man sieht leicht, dass diese Definition nicht von der Wahl von 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉 abhängt. Für Ordinalzahlen α stimmt die neue Definition von α + 1 mit der alten überein.

Übung

Für alle Ordnungstypen α, β, γ gilt (α + β) + γ = α + (β + γ).

 Wir können also Ausdrücke wie α + β + γ, α + β + γ + δ, usw. unzweideutig ohne Klammern schreiben.

Übung

(i)

0 + α = α + 0  für alle Ordnungstypen α,

(ii)

ω + 1 ≠ ω,  1 + ω* ≠ ω*;

n + ω = ω,  ω* + n = ω*  für alle n  ∈  ,

(iii)

(α + β)* = β* + α*  für alle Ordnungstypen α, β,

(iv)

ω* + n + ω = ζ  für alle n  ∈  .

 Die Fälle α + β = β und β + α = β sind also für α ≠ 0 möglich und Kommutativität, also α + β = β + α, ist im Allgemeinen nicht richtig.

Übung

Seien α, β Ordinalzahlen, α ≤ β. Dann existiert genau eine Ordinalzahl γ mit α + γ = β.