Fixpunkte

 Wir untersuchen Operationen  von den Ordinalzahlen in sich selbst, etwa (α) = α + ω für α Ordinalzahl.

Definition (Fixpunkte)

Sei  eine Operation auf den Ordinalzahlen. Eine Ordinalzahl α heißt Fixpunkt von , falls (α) = α.

 Betrachten wir die schnell wachsende Operation der Exponentiation zur Basis ω, also die Operation  mit (α) = ωα für alle Ordinalzahlen α, so ist nicht klar, ob diese Operation überhaupt Fixpunkte besitzt. Tatsächlich sind Fixpunkte aber in großer Zahl vorhanden, und ε0 ist der kleinste unter ihnen:

Satz (Charakterisierung von ε0)

ε0 ist der kleinste Fixpunkt der Ordinalzahlexponentiation zur Basis ω, d. h.:

(i)

Es gilt ε0 = ωε0.

(ii)

Für alle β < ε0 ist β < ωβ.

Beweis

Sei αn für n  ∈   wie oben definiert, also α0 = ω, αn + 1 = ωαn  für n  ∈  ω. Es gilt α0 < α1, und aus αn < αn + 1 folgt αn + 1 = ωαn < ωαn + 1 = αn + 2 für alle n  ∈  ω. Also αn < αn + 1 für alle n  ∈  ω.

zu (i):  Es gilt:

ωε0 = sup β < ε0 ωβ = sup n  ∈   ωαn = sup n  ∈   αn + 1 = ε0.

Die erste Gleichung gilt nach Definition von ωλ für Limeszahlen λ, die zweite gilt wegen sup { β | β < ε0 } = sup { αn | n  ∈   } (und der Monotonie der Exponentiation).

zu (ii):  Sei β < ε0. Die Aussage ist klar für β < ω1 = ω. Andernfalls existiert ein n mit αn ≤ β < αn + 1. Dann ist β < αn + 1 = ωαn ≤ ωβ.

 Allgemein kann man Fixpunkte durch einen „Einholprozess“ konstruieren:

Übung

Sei α0 eine Ordinalzahl. Definiere rekursiv αn + 1 = ωαn  für n  ∈  ω. Sei

α*  =  supn < ω αn.

Dann gilt

ωα*  =  α*

und für alle β mit α0 < β < α* ist β < ωβ.

 Startet man hier mit α0 = ε0 + 1, so erhält man α* = ε1, den zweiten Fixpunkt der Exponentiation zur Basis ω, usw. Weiter ist ein Limes von Fixpunkten wieder ein Fixpunkt.

 Man sieht leicht, dass die beiden folgenden Eigenschaften einer Operation  auf den Ordinalzahlen für derartige Fixpunktkonstruktionen ausreichen:

(i)α  ≤  (α)  für alle α,(Expansivität)
(ii)(λ) = supα < λ (α)  für alle Limesordinalzahlen λ.(Stetigkeit)

 Diese Bedingungen sind im obigen Fall für (α) = ωα erfüllt. Die erste Eigenschaft gilt insbesondere dann, wenn  monoton ist, d. h. wenn (α) < (β) gilt für alle α < β (vgl. den Satz von Zermelo in Kapitel 4).

 Auch die Alephreihe (α) = α erfüllt die beiden Eigenschaften. Wir erhalten also einen „Kardinalzahl-Giganten“ α mit der bemerkenswerten Eigenschaft α = α. Anders ausgedrückt: Es gibt eine Kardinalzahl α, welche die α-te unendliche Kardinalzahl ist!