Die ZFC-Axiome

(EXT)

Extensionalitätsaxiom

Beschreibung von =,  ∈ 

(FUN)

Fundierungsaxiom

Beschreibung von  ∈ 

(LM)

Existenz der leeren Menge

elementares Existenzaxiom

(PA)

Paarmengenaxiom

elementares Existenzaxiom

(VER)

Vereinigungsmengenaxiom

elementares Existenzaxiom

(AUS)

Aussonderungsschema

elementares Existenzaxiom

(UN)

Unendlichkeitsaxiom

starkes Existenzaxiom

(ERS)

Ersetzungsschema

starkes Existenzaxiom

(POT)

Potenzmengenaxiom

starkes Existenzaxiom

(AC)

Auswahlaxiom

starkes Existenzaxiom

Gängige Bezeichnungen für bestimmte Teilsysteme von ZFC sind:

Z =  ZFC ohne (ERS), (FUN), (AC)
ZF =  ZFC ohne (AC)
ZFC −=  ZFC ohne (POT)
ZF − =  ZF ohne (POT)

 ZFC ist das Ergebnis einer natürlichen und sorgfältigen Analyse der intuitiven Begriffe Menge und Element. Diese Analyse ist dabei an den Bedürfnissen der mathematischen Praxis orientiert − Zermelo ließ sich bei der Aufstellung seiner Axiome von seinem Beweis des Wohlordnungssatzes leiten − und ist frei von philosophischen Dogmen und Verboten. Alle wesentlichen Ergebnisse der Cantorschen Mengenlehre bleiben erhalten und die Antinomien des vollen Komprehensionsprinzips lösen sich auf. Die auf der Elementrelation basierende Sprache erweist sich zudem bei all ihrer Einfachheit als suggestiv und ausdrucksstark, und trägt wesentlich zum Erfolg der axiomatischen Mengenlehre bei.

 Es hat sich gezeigt, dass diese Analyse auch vollständig unsere Intuition erschöpft: ZFC reicht für die ganze Mathematik als Basistheorie aus, und dies spricht dafür, dass keine einfachen und unmittelbar intuitiven Axiome mehr zu ZFC hinzukommen werden. ZFC scheint auch korrekt zu sein: Bis zum heutigen Tag sind in ZFC keine Widersprüche festgestellt worden. Ein mathematischer Beweis der Widerspruchsfreiheit von ZFC lässt sich, wie erwähnt, aufgrund des zweiten Gödelschen Unvollständigkeitssatzes generell nicht erbringen (es sei denn, ZFC ist widerspruchsvoll).

 Denkbar ist allenfalls, dass das Konzept eines fertigen unendlichen Objekts für sich schon zu Widersprüchen führt. Das mittlerweile sehr umfangreiche Gebäude der Mengenlehre zeigt aber, dass ein solcher Widerspruch, wenn es ihn überhaupt gibt, wahrscheinlich sehr tief liegt, im Gegensatz etwa zu den klassischen Paradoxien. Wir müssen mit der Möglichkeit eines Widerspruchs in ZFC leben.

 Cantor hat Ende des 19. Jahrhunderts aus seiner Mengendefinition Prinzipien über die Existenz von Mengen abgeleitet. Er denkt zu dieser Zeit intensiv über seine Unterscheidung beliebiger Vielheiten (Klassen) in „fertige Mengen/konsistente Vielheiten“ (Mengen) und „inkonsistente Vielheiten/absolut unendliche Vielheiten“ (echte Klassen) nach. In einem Brief an Hilbert im Jahre 1898 isoliert er einige Prinzipien, die beschreiben, wann eine Vielheit als fertig und damit als Menge gelten darf. Eine klare Antwort auf die Vielheits-Frage konnte er nicht geben. Der folgende Auszug aus dem Brief an Hilbert zeigt aber einmal mehr sein tiefes Verständnis des Mengenbegriffs: In Folgerung II dieses Briefes formuliert er bereits das Ersetzungsaxiom, das erst Jahrzehnte später zur Axiomatik von Zermelo als „vergessenes Axiom“ hinzukam, und das beim axiomatischen Aufbau der Mengenlehre heute eine wichtige Rolle spielt. In Folgerung IV formuliert er das Potenzmengenaxiom. Interessant ist, dass ihm die Begründung von IV mit Hilfe seiner Mengendefinition bereits zwei Tage später nicht mehr unproblematisch erscheint.

Georg Cantor an David Hilbert über „fertige Mengen“

 „Lieber Herr Kollege,

Zu dem, was ich Ihnen am 6ten Oktober geschrieben, möchte ich noch einiges hinzufügen, mit dem Ersuchen, Alles was ich Ihnen schreibe, Ihrer Kritik zu unterwerfen.

 Aus der Definition:

‚Unter einer fertigen Menge verstehe man jede Vielheit, bei welcher alle Elemente ohne Widerspruch als zusammenseiend und daher als ein Ding für sich gedacht werden können.‘

ergeben sich mancherlei Sätze, unter Anderm diese:

I‚Ist M eine fertige Menge, so ist auch jede Teilmenge von M eine fertige Menge.‘
II‚Substituiert man in einer fertigen Menge an Stelle der Elemente fertige Mengen, so ist die hieraus resultierende Vielheit eine fertige Menge.‘
III‚Ist von zwei äquivalenten [gleichmächtigen] Vielheiten die eine eine fertige Menge, so ist es auch die andere.‘
IV‚Die Vielheit aller Teilmengen einer fertigen Menge M ist eine fertige Menge.‘ Denn alle Teilmengen von M sind ‚zusammen‘ in M enthalten; der Umstand, dass sie sich teilweise decken, schadet hieran nichts.“

(Georg Cantor an David Hilbert, Brief vom 10.10.1898. In: Cantor, 1991, Briefe)

 „Lieber Herr Kollege,

Unter Bezugnahme auf mein Schreiben vom 10ten, stellt sich bei genauerer Erwägung heraus, dass der Beweis des Satzes IV keineswegs so leicht geht. Der Umstand, dass die Elemente der ‚Vielheit aller Teilmengen einer fertigen Menge‘ sich teilweise decken, macht ihn illusorisch. In die Definition der fertigen Menge wird die Voraussetzung des Getrenntseins resp. Unabhängigseins der Elemente als wesentlich aufzunehmen sein.

 Hoffentlich führt unsere Diskussion zur allmähligen Klärung der Schwierigkeiten.

Mit bestem Gruß

Ihr   

G. C. “  

(Georg Cantor an David Hilbert, Brief vom 12.10.1898. In: Cantor, 1991, Briefe)