3. Kardinalzahlen
Kardinalzahlen und Mächtigkeiten
Innerhalb der Klasse der Ordinalzahlen können wir die Sprungstellen der Mächtigkeit auszeichnen:
Definition (Kardinalzahl, Kard)
κ ∈ On heißt Kardinalzahl, falls für alle α < κ gilt: non(|κ| ≤ |α|).
Wir setzen weiter:
Kard = { κ ∈ On | κ ist eine Kardinalzahl }.
Diese Definition können wir in der Theorie ZF durchführen. Das Auswahlaxiom wird − in Form des Wohlordnungssatzes − gebraucht, damit wir jeder Menge eine Kardinalzahl zuweisen können:
Definition (Mächtigkeitsdefinition in ZFC, |M|)
Für jede Menge M sei:
|M| = card(M) = „das eindeutige κ ∈ Kard mit |M| = |κ|“.
Die Kardinalzahl |M| oder gleichwertig card(M) heißt die Mächtigkeit oder Kardinalität von M.
In ZF kann obige Definition immerhin noch auf der Klasse aller wohlordenbaren Mengen durchgeführt werden. Diese Klasse umfasst alle Teilmengen von On.
Diese Definition ist, im Gegensatz zu cardZF, eine repräsentierende Kardinalzahldefinition: Für alle M ist die Menge |M| gleichmächtig zu M.
Die Struktur der Kardinalzahlen können wir in ZF analysieren: Wie früher zeigen wir, dass ω ⊆ Kard gilt, d. h. jede natürliche Zahl n = { 0, …, n − 1 } ist eine Kardinalzahl. Weiter ist ω eine Kardinalzahl. Die Existenz von Nachfolgerkardinalzahlen können wir mit Hilfe der Konstruktion von Hartogs zeigen. Hierzu definieren wir:
Definition (Hartogs-Zahl einer Menge, Hz(M))
Sei M eine Menge, und sei 〈 H(M), < 〉 die Hartogs-Wohlordnung von M.
Dann heißt
Hz(M) = o. t.(〈 H(M), < 〉)
die Hartogszahl von M.
Aus den elementaren Eigenschaften der Hartogs-Wohlordnung folgt unmittelbar:
Satz (über die Hartogs-Zahl)
Für alle Mengen M und alle Ordinalzahlen α gilt:
Hz(M) = „die kleinste Ordinalzahl γ mit non(|γ| ≤ |M|)“.
Hz(α) = „die kleinste Kardinalzahl κ > α“.
Damit können wir in ZF definieren:
Definition (Nachfolgeroperation κ+)
Für κ ∈ Kard sei
κ+ = „das kleinste μ ∈ Kard mit κ < μ“.
In ZFC ist die Existenz von Nachfolgerkardinalzahlen einfach zu zeigen. Denn für eine Kardinalzahl κ sei μ = |℘(κ)|. Dann ist μ eine Kardinalzahl größer als κ, und dann existiert auch eine kleinste Kardinalzahl, die größer als κ ist.
Weiter gilt:
Satz (Supremum von Kardinalzahlen)
Sei x ⊆ Kard. Dann ist sup(x) ∈ Kard.
Der Beweis sei dem Leser zur Übung überlassen.
Damit bilden die unendlichen Kardinalzahlen eine echte Klasse:
Definition (Aleph-Reihe)
Es sei 〈 ℵα | α ∈ On 〉 die monotone Aufzählung aller unendlichen Kardinalzahlen, d. h. wir definieren rekursiv:
ℵ0 = ω, ℵα + 1 = (ℵα)+, ℵλ = supα < λ ℵα.
Statt ℵα schreiben wir gleichwertig auch ωα.
Also gilt ℵ0 = ω0 = ω, ℵ1 = ω1, usw.
Es ist instruktiv, explizit fest zu halten, wie wir die erste überabzählbare Kardinalzahl ω1 gewinnen können: ω1 ist der Ordnungstyp der Hartogs-Wohlordnung auf ω. Wir betrachten also alle möglichen Wohlordnungen von ω oder Teilmengen von ω, und wohlordnen diese Wohlordnungen gemäß ihrer Länge, wobei wir gleichlange Wohlordnungen identifizieren. Die Länge der so erhaltenen Wohlordnung ist gerade ω1, und die Äquivalenzklassen der Identifikation entsprechen genau den abzählbaren Ordinalzahlen α. Die Kontinuumshypothese besagt, dass es genauso viele Teilmengen von ω gibt wie Äquivalenzklassen dieser Konstruktion.
Insgesamt haben wir eine sehr klare und befriedigende Lösung der Problematik der Kardinalzahldefinition erhalten: In ZF können wir die Ordinalzahlen definieren und die Kardinalzahlen als spezielle Ordinalzahlen auszeichnen. Jeder wohlordenbaren Menge können wir eine Kardinalzahl zuordnen, und mit Hilfe von (AC) ist jede Menge wohlordenbar. Ohne (AC) bleibt uns immerhin noch die technische Konstruktion des Zurückschneidens von Klassen, die die bestmögliche Approximation an die Idee darstellt, die Mächtigkeit von M als die Klasse aller mit M gleichmächtigen Mengen zu definieren.
Die Konfinalität
Die Konfinalität einer Limesordinalzahl λ gibt an, wie schnell wir λ durch kleinere Ordinalzahlen erreichen können. Wir führen hierzu einige Begriffe und Sprechweisen ein.
Definition (aufsteigend konfinale und stetige Folgen, s. a. k.)
Sei δ eine Limesordinalzahl. Eine Folge 〈 αβ | β < γ 〉 heißt strikt aufsteigend konfinal, kurz s. a. k., in δ, falls gilt:
(i) | αβ < αβ′ für alle β < β′ < γ(strikt aufsteigend) |
(ii) | strsupβ < γ αβ = δ(konfinal) |
Analog ist aufsteigend konfinal, kurz a. k., definiert, mit ≤ statt < in (i).
Eine aufsteigende Folge 〈 αβ | β < γ 〉 von Ordinalzahlen heißt stetig, falls gilt:
αλ = supβ < λ αβ für alle Limiten λ < γ.
Definition (monotone Aufzählung)
Sei A eine Menge von Ordinalzahlen. Wir definieren eine Folge 〈 αβ | β < γ 〉 in A rekursiv durch:
αβ = „das kleinste Element von A − { αγ | γ < β }“, solange dies existiert.
Die Folge 〈 αβ | β < γ 〉 heißt die monotone Aufzählung von A.
Eine analoge Definition gilt für beliebige Klassen A ⊆ On.
Anders formuliert: Die monotone Aufzählung 〈 αβ | β < γ 〉 ist der eindeutige Ordnungsisomorphismus zwischen γ = o. t.(A) und A.
Definition (Konfinalität einer Limesordinalzahl, cf (λ))
Für eine Limesordinalzahl λ sei:
cf (λ) = „die kleinste Länge einer s. a. k. Folge in λ“.
Die Ordinalzahl cf (λ) heißt die Konfinalität von λ.
Hier steht cf für engl. cofinality. Offenbar gilt immer cf (λ) ≤ λ, denn 〈 α | α < λ 〉 ist strikt aufsteigend konfinal in λ.
Definition (reguläre und singuläre Ordinalzahlen)
Eine Ordinalzahl λ heißt regulär, falls cf (λ) = λ. Andernfalls heißt λ singulär.
Wir stellen die wichtigsten elementaren Eigenschaften der Konfinalitäts-Operation zusammen. Sehr nützlich ist:
Lemma (Kopplungslemma)
Sei λ eine Limesordinalzahl, und sei 〈 αβ | β < δ 〉 aufsteigend konfinal in λ. Dann ist cf (λ) = cf (δ).
Beweis
Offenbar ist δ ein Limes.
zu cf (λ) ≤ cf (δ):
Sei 〈 βγ | γ < cf (δ) 〉 s. a. k. in δ. Dann ist 〈 αβγ | γ < cf (δ) 〉 a. k. in λ. Also ist cf (λ) ≤ cf (δ).
zu cf (δ) ≤ cf (λ):
Sei 〈 ηξ | ξ < cf (λ) 〉 s. a. k. in λ. Für ξ < cf (λ) sei:
γ(ξ) = „das kleinste β < δ mit ηξ ≤ αβ“.
Dann ist die Folge 〈 γ(ξ) | ξ < cf (λ) 〉 aufsteigend konfinal in δ und damit cf (δ) ≤ cf (λ).
Insbesondere ist also cf (ℵλ) = cf (λ) für jede Limesordinalzahl λ, denn die Folge 〈 ℵα | α < λ 〉 ist s. a. k. in ℵλ.
Satz (über die Konfinalitäts-Operation)
Sei λ eine Limesordinalzahl. Dann gilt:
(i) | cf (λ) = min({ o. t.(A) | A ⊆ λ, sup(A) = λ }) |
(ii) | cf (λ) = min({ |A| | A ⊆ λ, sup(A) = λ }) |
(iii) | cf (cf (λ)) = cf (λ) |
(iv) | cf (λ) ist eine reguläre unendliche Kardinalzahl |
Beweis
zu (i):
Die Aussage ist eine Umformulierung der Definition.
zu (ii):
Wir setzen
μ = min({ |A| | A ⊆ λ, sup(A) = λ }).
Wegen |A| ≤ o. t.(A) für alle A ⊆ λ gilt μ ≤ cf (λ). Für die andere Ungleichung sei A ⊆ λ mit sup(A) = λ und |A| = μ. Sei f : μ → A bijektiv. Wir definieren rekursiv für β < μ:
αβ = „das kleinste α ∈ A mit α ≥ f (β) und α > αγ für alle α < β“.
Wegen β < μ ≤ cf (λ) ist 〈 αγ | γ < β 〉 beschränkt in λ, also existiert αβ.
Dann ist 〈 αβ | β < μ 〉 s. a. k. in λ. Also ist cf (λ) ≤ μ.
zu (iii):
Sei 〈 αβ | β < cf (λ) 〉 s. a. k. in λ. Dann ist cf (cf (λ)) = cf (λ) nach dem Kopplungslemma.
zu (iv):
Offenbar ist cf (λ) ≥ ω. Nach (ii) ist cf (λ) eine Kardinalzahl und nach (iii) ist cf (λ) regulär.
Eine reguläre Ordinalzahl λ ist also automatisch eine Kardinalzahl.
Für eine weitere Charakterisierung der Konfinalität betrachten wir:
Definition (μ-zerlegbar)
Seien κ, μ Kardinalzahlen. κ heißt μ-zerlegbar, falls eine Zerlegung 〈 xα | α < μ 〉 von κ existiert mit |xα| < κ für alle α < μ.
Wir zeigen:
Satz (Konfinalität und Zerlegbarkeit)
Sei κ ≥ ω eine Kardinalzahl. Dann gilt:
cf (κ) = „die kleinste Kardinalzahl μ mit: κ ist μ-zerlegbar“.
Beweis
zu μ ≤ cf (κ):
Sei 〈 αβ | β < cf (κ) 〉 s. a. k. in κ. Wir setzen:
yβ = αβ − ⋃γ < β αγ für alle β < cf (κ).
Dann ist 〈 yβ | β < cf (κ) 〉 eine Folge paarweise disjunkter Mengen mit Vereinigung κ. Streichen von leeren Mengen liefert eine Zerlegung von κ der Länge ≤ cf (κ).
zu cf (κ) ≤ μ:
Sei 〈 xα | α < μ 〉 eine Zerlegung von κ mit |xα| < κ für alle α < μ.
Wir setzen:
ηα = o. t.(xα) für alle α < μ.
Ist ηα = κ für ein α < μ, so ist cf (κ) ≤ |xα| < μ und wir sind fertig. Es gelte also ηα < κ für alle α < μ. Sei
η* = supα < μ ηα ≤ κ.
Dann gilt:
κ = |⋃α < μ xα| ≤ |μ × η*| ∈ { μ, |η*| }.
Also ist κ = μ oder κ = |η*| = η*. Im ersten Fall ist cf (κ) ≤ κ = μ. Im zweiten Fall ist { ηα | α < μ } ⊆ κ unbeschränkt in κ, also cf (κ) ≤ μ.
Alle bisherigen Resultate über die Konfinalitäts-Operation haben wir in ZF bewiesen. Das Auswahlaxiom wird nun aber für den folgenden Satz gebraucht:
Satz (Regularität von Nachfolgerkardinalzahlen)
Sei κ ≥ ω eine Kardinalzahl. Dann ist κ+ regulär.
Beweis
Sei A ⊆ κ+ mit |A| ≤ κ. Wir zeigen, dass sup(A) < κ+ ist.
Für jedes β ∈ A sei, mit (AC),
fβ = „ein injektives f : β → κ“.
Sei g : A → κ injektiv. Wir definieren h : sup(A) → κ × κ durch:
h(γ) = (g(β), fβ(γ)), wobei β = min(A − (γ + 1)) für alle γ < sup(A).
Dann ist h injektiv, also |sup(A)| ≤ |κ × κ| = |κ|.
Elementare Kardinalzahlarithmetik
Definition (Addition, Multiplikation und Exponentiation von Kardinalzahlen)
Für κ, μ ∈ Kard sei:
κ + μ = |κ × { 0 } ∪ μ × { 1 }|
κ · μ = |κ × μ|
κ μ = |μ κ| (= |{ f | f : μ → κ }|)
Für die Exponentiation unendlicher Kardinalzahlen wird durchgehend das Auswahlaxiom gebraucht, da bereits ωω in ZF nicht wohlordenbar ist. Generell ist (AC) in der unendlichen Kardinalzahlarithmetik unentbehrlich.
Die Addition und die Multiplikation von Kardinalzahlen ist kommutativ, assoziativ, und es gelten die Distributivgesetze. Für die Exponentiation gelten die üblichen Rechenregeln:
(κ · μ)λ = κλ · μλ, (κ μ) λ = κμ · λ, κ μ · κ λ = κ μ + λ.
Diese Regeln beweist man leicht durch direkte Konstruktion von Bijektionen.
Weiter gilt:
|℘(κ)| = 2κ für alle κ.
Wegen |ℝ| = |℘(ω)| ist also |ℝ| = 2ω. Mit dem Satz von Cantor erhalten wir:
Korollar
Für alle κ ist κ < 2κ.
Die Frage, wie groß 2κ ist, führt zu folgenden Hypothesen:
Definition (Kontinuumshypothese, (CH), (GCH))
Die Kontinuumshypothese (CH) ist die Aussage 2ω = ω1. Die allgemeine Kontinuumshypothese (GCH) ist die Aussage 2κ = κ+ für alle κ.
Wir werden später zeigen, dass (GCH) in ZFC nicht widerlegbar und (CH) in ZFC nicht beweisbar ist. Beide Hypothesen sind unabhängig von ZFC.
Im Gegensatz zur Exponentiation ist die Addition und Multiplikation von unendlichen Kardinalzahlen trivial. Hierzu zeigen wir vorab:
Satz (multiplikative Abgeschlossenheit von unendlichen Kardinalzahlen)
Sei κ eine unendliche Kardinalzahl. Dann gilt für alle 2 ≤ γ < κ:
κ = γκ (ordinalzahlarithmetisch).
Insbesondere ist jede Kardinalzahl κ ≥ ω multiplikativ abgeschlossen.
Beweis
Annahme nicht für ein minimales κ ≥ ω. Sei 2 ≤ γ < κ mit γκ > κ.
Wegen γκ = supα < κ γα existiert ein γ < α < κ mit γα ≥ κ.
Dann gilt (mit Ordinalzahlexponentiationen):
||γ||α|| = |γα| ≥ κ > α ≥ |α|,
im Widerspruch zur Minimalität von κ (denn 2 ≤ |γ| < |α| und |α| ≥ ω).
Zum Zusatz: ω ist offenbar multiplikativ abgeschlossen. Für Kardinalzahlen κ > ω gilt κ = ωκ = ωωκ, also ist κ multiplikativ abgeschlossen nach dem Charakterisierungssatz für multiplikativ abgeschlossene Ordinalzahlen.
Hier und im Folgenden verwenden wir, dass für die Ordinalzahlexponentiation stets gilt, dass |αβ| = ||α||β||. Dieses nichttriviale Ergebnis hatten wir aus der direkten Darstellung der Ordinalzahlexponentiation von Hausdorff und Hessenberg gewonnen.
Korollar (Multiplikationssatz und Additionssatz für unendliche Kardinalzahlen)
Seien κ, μ unendliche Kardinalzahlen. Dann gilt:
κ + μ = κ · μ = max(κ, μ).
Beweis
Es genügt zu zeigen, dass κ · κ = κ für alle Kardinalzahlen κ ≥ ω gilt. Aber Γ|κ2 : κ2 → κ ist bijektiv, da κ multiplikativ abgeschlossen ist.
Dieses Korollar haben wir in ZF bewiesen. Mit (AC) erhalten wir:
Korollar (Multiplikations- und Additionssatz)
Sei M eine unendliche Menge. Dann gilt:
|M × { 0 } ∪ M × { 1 }| = |M × M| = |M|.
Weiter erhalten wir, wieder in ZF:
Satz (ordinaler Exponentiationssatz)
Seien α, β ∈ On mit αβ ≥ ω (ordinalzahlarithmetisch). Dann gilt:
|αβ| = |α| · |β|.
Beweis
Sei κ = |α| · |β|. Dann ist ω ≤ κ ≤ αβ. Mit Ordinalzahlexponentiationen gilt dann:
κ = |κ| ≤ |αβ| ≤ |(2α)β| = |2α · β| = |2κ| = |κ| = κ.
Teilmengen bestimmter Größe
Wir betrachten die folgenden Mengensysteme:
Definition (Teilmengen einer bestimmten Kardinalität, [ x ]κ, [ x ]< κ)
Für alle x und alle Kardinalzahlen κ seien:
[ x ]κ | = { y ⊆ x | |y| = κ } |
[ x ]< κ | = { y ⊆ x | |y| < κ } |
[ x ]≤ κ | = { y ⊆ x | |y| ≤ κ }. |
Beispiele
(a) | [ ω1 ]ω ist die Menge aller abzählbar unendlichen Teilmengen von ω1. |
(b) | [ ω1 ]< ω ist die Menge aller endlichen Teilmengen von ω1. |
(c) | [ ω1 ]≤ ω ist die Menge aller abzählbaren Teilmengen von ω1. |
Satz (die Mächtigkeit von [ x ]κ)
Sei x eine unendliche Menge und sei κ = |x|. Dann gilt für alle μ ≤ κ:
|[ x ]μ| = κμ
Beweis
zu |[ x ]μ| ≤ κμ:
Wir definieren h : [ x ]μ → μx durch:
h(y) = „ein bijektives f : μ → x“ für alle y ⊆ x mit |y| = μ.
Dann ist h injektiv, und damit |[ x ]μ| ≤ |μx| = κμ.
zu κμ ≤ |[ x ]μ|:
Es gilt μκ ⊆ [ μ × κ ]μ. Damit erhalten wir:
κμ = |μκ| ≤ |[ μ × κ ]μ| = |[ κ ]μ| = |[ x ]μ|.
Zur Berechnung der Mächtigkeit von [ x ]< κ definieren wir:
Definition (κ< λ)
Für alle Kardinalzahlen κ, λ sei κ< λ = supμ < λ κμ.
Satz
Für alle x und κ, λ ∈ Kard mit |x| = κ ≥ λ ≥ ω gilt |[ x ]< λ| = κ< λ.
Beweis
Wegen [ x ]< λ = ⋃μ < λ [ x ]μ und |[ x ]μ| = κμ gilt
κ< λ = supμ < λ κμ ≤ |[ x ]< λ|.
Die andere Ungleichung folgt aus
|⋃μ < λ [ x ]μ| ≤ |λ × κ< λ| = κ< λ.
Die Gimelfunktion
In ZFC können wir noch folgende Verstärkung der Cantoschen Ungleichung κ < 2κ zeigen:
Satz
Sei κ ≥ ω eine Kardinalzahl. Dann gilt κ < κcf (κ).
Beweis
Wegen κ ≤ κcf (κ) genügt es κ ≠ κcf (κ) zu zeigen. Sei also 〈 fα | α < κ 〉 eine Folge von Funktionen fα : cf (κ) → κ. Wir finden ein g : cf (κ) → κ mit g ≠ fα für alle α < κ. Dies genügt.
Sei hierzu 〈 αβ | β < cf (κ) 〉 s. a. k. in κ. Wir definieren für β < cf (κ):
g(β) = „das kleinste Element von κ − { φα(β) | α < αβ }“.
Ein solches g existiert, da |{ fα(β) | α < αβ }| ≤ |αβ| < κ. Dann ist g ≠ fα für alle α < κ, denn für alle α < κ existiert ein β < cf (κ) mit α < αβ, und dann ist g(β) ≠ fα(β) nach Definition von g.
Korollar
Seien κ, μ Kardinalzahlen mit κ ≥ 2, μ ≥ ω. Dann gilt μ < cf(κ μ).
Beweis
Sei τ = κ μ. Annahme, cf (τ) ≤ μ. Dann ist
τ cf (τ) ≤ τ μ = κ μ · μ = κ μ = τ,
im Widerspruch zu τ < τcf (τ) nach dem obigen Satz.
Übung
Für alle Kardinalzahlen μ ≥ ω ist μ ≠ 2cf (μ).
Ist also 2ω = ℵλ für einen Limes λ, so gilt cf (λ) > ω nach dem Korollar. Damit sind ℵω, ℵo + ω, usw. als mögliche Werte für 2ω ausgeschlossen. Dagegen ist z. B. 2ω = ℵω1 immer noch möglich. Mit der Erzwingungsmethode kann man zeigen, dass die möglichen Werte von 2ω alle unendlichen Nachfolgerkardinalzahlen und alle Limeskardinalzahlen mit überabzählbarer Konfinalität sind. Damit können wir in ZFC nicht mehr über 2ω herausfinden als cf (2ω) ≠ ω.
Definition (Gimelfunktion)
Für eine Kardinalzahl κ ≥ ω sei ג(κ) = κcf (κ).
Die Gimelfunktion wächst höchstens so stark wie die Exponentiation zur Basis 2:
κcf (κ) ≤ (2 κ)cf (κ) = 2 κ · cf (κ) = 2κ.
Weiter gilt für reguläre κ, dass κ cf (κ) = 2 κ, denn
2 κ = 2 cf (κ) ≤ κ cf (κ) = κ κ ≤ (2 κ) κ = 2 κ · κ = 2κ.
Offenbar fallen die Gimelfunktion und die Exponentiation zur Basis 2 zusammen, falls (GCH) gilt. Ohne (GCH) brauchen wir eine zusätzliche Voraussetzung.
Definition (starke Limeskardinalzahl)
Ein Limeskardinalzahl κ heißt starker Limes, falls 2μ < κ für alle μ < κ.
Starke Limeskardinalzahlen sind also abgeschlossen unter der Exponentiation zur Basis 2.
Beispiele
(a) | ℵ0 ist ein starker Limes. |
(b) | Unter (GCH) ist jede Limeskardinalzahl ein starker Limes. |
(c) | Ist κ0 ≥ ω und κn + 1 = 2κn für alle n ∈ ω, so ist κ = supn κn ein starker Limes. |
Für starke Limeskardinalzahlen gilt:
Satz (Gimelfunktion für starke Limeskardinalzahlen)
Sei κ ≥ ω ein starker Limes. Dann gilt κ cf (κ) = 2κ.
Beweis
Sei 〈 xα | α < cf (κ) 〉 eine Zerlegung von κ mit |xα| < κ für alle α < cf (κ). Dann gilt (mit 2|xα| < κ für die erste Ungleichung):
2κ | = |κ2| |
= |⋃α < cf (κ) xα 2| | |
= |⨉α < cf (κ) xα2| | |
≤ |⨉α < cf (κ) κ| | |
= κ cf (κ) ≤ 2κ |
Insgesamt haben wir also: Ist κ cf (κ) < 2κ, so ist κ eine singuläre Limeskardinalzahl und es gibt ein μ < κ mit 2μ ≥ κ.
Diese Überlegungen führen zur singulären Kardinalzahlhypothese. Sei κ ≥ ω eine singuläre Limeskardinalzahl. Dann ist 2cf (κ) ≠ κ. Ist nun 2cf (κ) > κ, so ist
2 cf (κ) ≤ κ cf (κ) ≤ (2 cf (κ))cf (κ) = 2cf (κ),
also fällt die Gimelfunktion an der Stelle κ mit der Exponentiation zur Basis 2 an der Stelle cf (κ) zusammen. Der andere Fall führt zu folgender Hypothese, die eine schwache Form von (GCH) für die betrachteten singulären Limeskardinalzahlen ist :
Singuläre Kardinalzahlhypothese (SCH)
Sei κ eine singuläre Limeskardinalzahl mit 2cf (κ) < κ. Dann gilt κcf (κ) = κ+.
Modulo großer Kardinalzahlen ist (SCH) unabhängig von ZFC. (SCH) gilt in jedem Modell von (GCH) und ist daher relativ konsistent zu ZFC. Die Verneinung von (SCH), d. h. die Existenz eines singulären κ mit 2cf (κ) < κ und κcf (κ) ≥ κ++, ist dagegen eine sehr starke Hypothese, für deren Realisierung in einem Modell wir große Kardinalzahlen brauchen.
Allgemeine Summen und Produkte
Wir führen nun noch eine Summation und Produktbildung über beliebige Indexmengen ein.
Definition (allgemeine Summe und allgemeines Produkt)
Sei 〈 κi | i ∈ I 〉 eine Folge von Kardinalzahlen. Wir setzen:
∑i ∈ I κi = ∑ 〈 κi | i ∈ I 〉 = |⋃i ∈ I κi × { i }|
∏i ∈ I κi = ∏ 〈 κi | i ∈ I 〉 = |⨉i ∈ I κi|
Mit der Summenschreibweise können wir „κ ist singulär“ so ausdrücken:
„Es gibt ein β < κ und eine Folge 〈 κα | α < β 〉 von Kardinalzahlen κα < κ, sodass κ = ∑α < β κα“.
Die kleinstmögliche Länge β einer solchen Folge ist gerade die Konfinalität von κ.
Zwischen Summe und Produkt besteht die folgende Ungleichung:
Satz (Satz von König-Zermelo)
Seien 〈 κi | i ∈ I 〉 und 〈 μi | i ∈ I 〉 Folgen von Kardinalzahlen mit κi < μi für alle i ∈ I. Dann gilt
∑i ∈ I κi < ∏i ∈ I μα.
Der Beweis ist eine Variante der Cantorschen Diagonalisierung:
Beweis
Seien M = ⋃i ∈ I κi × { i } und N = ⨉i ∈ I μi. Die Ungleichung |M| ≤ |N| ergibt sich aus der Injektivität von f : M → N mit f((α, i))(i) = α + 1 und f(α, i)(j) = 0 für i ≠ j. Um |M| < |N| zu zeigen, sei f : M → N injektiv. Wir definieren g ∈ N „diagonal“ durch
g(i) = „das kleinste β ∈ μi mit: β ≠ f((α, i))(i) für alle α ∈ κi“.
Ein solches β existiert, da κi < μi nach Voraussetzung.
Dann ist g ∉ rng(f) und damit f nicht surjektiv.
Übung
Zeigen Sie mit Hilfe des Satzes von König-Zermelo:
(i) | κ < 2κ für alle κ, |
(ii) | κ < κcf (κ) für alle κ ≥ ω, |
(iii) | μ < cf(κ μ) für alle κ ≥ 2, μ ≥ ω. |
Wir wenden uns nun der Aufgabe zu, allgemeine Summen und Produkte zu berechnen. Der Hauptsatz über die Summenberechnung ist:
Satz (Summenformel)
Sei 〈 κi | i ∈ I 〉 eine unendliche Folge von Kardinalzahlen mit κi > 0 für alle i ∈ I. Dann gilt ∑i ∈ I κi = |I| · κ, wobei κ = supi ∈ I κi.
Beweis
zu ≤:
Es gilt ∑i ∈ I κi ≤ |I × κ| = |I| · κ.
zu ≥:
Es gilt |I| ≤ ∑i ∈ I 1 ≤ ∑i ∈ I κi. Nach Definition von κ ist aber auch κ ≤ ∑i ∈ I κi, und damit ist
|I| · κ = max(|I|, κ) ≤ ∑i ∈ I κi.
Eine einfache Produktformel existiert in ZFC nicht. Für spezielle Folgen können wir aber eine nützliche Regel aufstellen:
Satz (Produktformel für kardinale Längen)
Sei μ eine unendliche Kardinalzahl, und sei 〈 κα | α < μ 〉 eine schwach aufsteigende Folge von Kardinalzahlen κα > 0. Weiter sei κ = supα < μ κα.
Dann gilt ∏α < μ κα = κ μ.
Beweis
zu ≤ :
Es gilt ∏α < μ κα ≤ ∏α < μ κ ≤ κμ.
zu ≥ :
Sei 〈 xγ | γ < μ 〉 eine Zerlegung von μ mit sup xγ = μ für alle γ < μ.
Zur Existenz einer derartigen Zerlegung:
Ist g : μ · μ → μ bijektiv, so definiert xγ = g″({ γ } × μ) für alle γ < μ eine Zerlegung wie gewünscht.
Aufgrund der Assoziativität und Kommutativität des Produkts gilt dann:
(+) ∏α < μ κα = ∏γ < μ ∏α ∈ xγ κα ≥ ∏γ < μ κ = κ μ.
Die Ungleichung gilt wegen supα ∈ xγ κα = κ.
Ist κn = 1 für alle n ∈ ω und κω = ω, so ist ∏α ≤ ω κα = ω ≠ ωω, sodass obige Formel also nicht für Folgen einer beliebigen Länge anwendbar ist. Eine natürliche Frage ist aber, ob wir statt der kardinalen Länge der Folge eine Limeslänge zulassen können. Wir definieren:
Definition (Gültigkeit der Produktformel)
Sei λ eine Limesordinalzahl. Die Produktformel gilt für λ, falls gilt:
Ist 〈 κα | α < λ 〉 eine schwach aufsteigende Folge von Kardinalzahlen κα > 0, und ist κ = supα < λ κα, so ist ∏α < λ κα = κ |λ|.
Ist 〈 αi | i < cf (λ) 〉 s. a. k. in λ, so gilt ∏i < cf (λ) καi = κcf (λ) nach der Produktformel für die Kardinalzahl cf (λ). Damit gilt stets:
(#) κcf (λ) ≤ ∏α < λ κα ≤ κ |λ|.
Folgende Fälle der Produktformel sind in ZFC beweisbar:
Satz (Produktformel für additiv abgeschlossene Längen)
Die Produktregel gilt für
(i) | alle additiv abgeschlossenen Limesordinalzahlen λ, |
(ii) | alle abzählbaren Limesordinalzahlen λ. |
Beweis
zu (i): Wir argumentieren wie im Beweis der Produktregel für Kardinalzahlen, verwenden aber die Paarungsfunktion &|λ2 : λ2 → λ zur Definition der Zerlegung 〈 xγ | γ < λ 〉. Aufgrund der Monotonie-Eigenschaften von & gilt sup xγ = λ für alle γ < λ, und damit bleibt die Produktberechnung (+) gültig.
zu (ii): Sei 〈 κα | α < λ 〉 schwach aufsteigend gegen κ. Wegen λ abzählbar ist cf (λ) = ω. Sei also 〈 αn | n < ω 〉 s. a. k. in λ. Dann ist
∏α < λ κα ≥ ∏n < ω καn = κω = κ|λ|,
wobei im vorletzten Schritt die Produktregel für ω verwendet wird.
Die Argumentation mit Paarungsfunktionen wie im Beweis von (i) können wir nicht weiter ausreizen:
Übung
Ist λ eine Limesordinalzahl und g : λ2 → λ eine Bijektion, die monoton in beiden Argumenten ist, so ist λ additiv abgeschlossen.
Den allgemeinen Fall formulieren wir nun als Vermutung:
Tarski-Vermutung (TV)
Die Produktregel gilt für alle Limesordinalzahlen λ.
Es zeigt sich: (SCH) impliziert (TV), aber (TV) ist modulo großer Kardinalzahlen unabhängig von ZFC. Genauer existieren Modelle von ¬(TV), in denen die Produktregel für den ersten möglichen Fall λ = ω1 + ω falsch ist.
Zur Berechnung der Exponentiation
Nach der Diskussion der Berechnung von Summe und Produkt zeigen wir nun noch einige Formeln für die Exponentiation κλ unendlicher Kardinalzahlen. In diesem Kontext ist die Aleph-Notation bequem.
Satz (elementare Regeln für die Exponentiation)
Seien α, β ∈ On. Dann gilt:
(i) | α ≤ β impliziert ℵℵβα = 2ℵβ |
(ii) | β < α, ℵα regulär impliziert ℵℵβα = ∑γ < ℵα |γ|ℵβ |
(iii) | ℵℵβα + 1 = ℵℵβα · ℵα + 1 (Hausdorff-Formel) |
(iv) | α Limes, ℵβ < cf (ℵα) impliziert ℵℵβα = ∑γ < α ℵℵβγ |
(v) | α Limes, ℵβ ≥ cf (ℵα) impliziert ℵℵβα = (supγ < α ℵℵβγ)cf (α) |
Beweis
zu (i):
2ℵβ ≤ ℵℵβα ≤ (2ℵα)ℵβ = 2ℵα · ℵβ = 2ℵβ.
zu (ii):
Für jedes f : ℵβ → ℵα ist rng(f) beschränkt in ℵα, da ℵα regulär.
Also gilt ℵβℵα = ⋃γ < ℵα ℵβγ. Somit ℵℵβα ≤ ∑γ < ℵα |γ|ℵβ.
Andererseits gilt
∑γ < ℵα |γ|ℵβ = ℵα · supγ < ℵα |γ|ℵβ ≤ ℵα · ℵℵβα = ℵℵβα.
zu (iii):
Nach (ii) gilt ℵℵβα + 1 = ℵα + 1 · supγ < ℵα + 1 |γ|ℵβ = ℵα + 1 · ℵℵβα.
zu (iv):
Wie in (ii), denn ℵβ < cf (ℵα) folgt rng(f) beschränkt in ℵα für alle Funktionen f : ℵβ → ℵα.
zu (v):
Sei 〈 αδ | δ < cf (α) 〉 s.a.k. in ℵα. Dann gilt:
ℵℵβα | ≤ (∏δ < cf (α) ℵαδ)ℵβ = ∏δ < cf (α) ℵℵβαδ |
≤ ∏δ < cf (α) supγ < ℵα ℵℵβαδ = (supγ < ℵα ℵℵβαδ)cf (α) | |
≤ (ℵℵβα)cf (α) = ℵℵβ · cf (ℵα)α = ℵℵβα. |
Wir verwenden diese Formeln für den Beweis des folgenden Satzes von Jech (1973), der eine rekursive Berechnung von ℵℵβα bei fest gehaltenem β ermöglicht:
Satz (rekursive Berechnung von ℵℵβα)
Seien α, β ∈ On. Dann gilt:
(1) | α ≤ β impliziert ℵℵβα = 2ℵβ. |
(2) | Existiert ein γ < α mit ℵℵβγ ≥ ℵα, so ist ℵℵβα = ℵℵβγ. |
(3) | Sei β < α und ℵℵβγ < ℵα für alle γ < α. Dann gilt:
|
Beweis
zu (1): Ist klar nach (i) aus dem Satz oben.
zu (2): Dies folgt mit ℵℵβα ≤ (ℵℵβγ)ℵβ = ℵℵβγ ≤ ℵℵβα.
zu (3): Ist α = α′ + 1, so ist nach Voraussetzung ℵℵβα′ < ℵα. Nach der Hausdorff-Formel gilt dann
ℵℵβα = ℵℵβα′ + 1 = ℵα · ℵℵβα′ = ℵα.
Sei also α ein Limes. Nach Voraussetzung gilt supγ < α ℵℵβγ = ℵα.
1. Fall: ℵβ < cf (ℵα).
Nach (iv) aus dem Satz oben gilt
ℵℵβα = ∑γ < α ℵℵβγ = ℵα.
2. Fall: ℵβ ≥ cf (ℵα).
Nach (v) aus dem Satz gilt
ℵℵβα = (supγ < α ℵℵβγ)cf (ℵα) = ℵcf (ℵα)α.
Bemerkung
Aus dem Satz folgt, dass die Werte von ℵℵβα in drei Typen zerfallen:
ℵℵβα = 2ℵβ oder
ℵℵβα = ℵα oder
ℵℵβα = ℵcf (ℵγ)γ für ein γ ≤ α mit cf (ℵγ) ≤ ℵβ < ℵγ.
Unter der allgemeinen Kontinuumshypothese gilt:
ℵcf (ℵα)α = ℵα + 1 für alle α ∈ On.
Denn mit (GCH) gilt
ℵα < ℵcf (ℵα)α ≤ 2ℵα · cf (ℵα) = 2ℵα = ℵα + 1.
Wir erhalten also:
Korollar (ℵℵβα unter (GCH))
Es gelte (GCH). Seien α, β ∈ On. Dann gilt:
(i) | ℵℵβα = ℵα, | falls ℵβ < cf (ℵα) |
(ii) | ℵℵβα = ℵα + 1, | falls cf (ℵα) ≤ ℵβ < ℵα |
(iii) | ℵℵβα = ℵβ + 1, | falls ℵα ≤ ℵβ |
Als Anwendung zeigen wir, dass die Produktformel für Anfangsstücke der Aleph-Reihe gilt:
Satz (Produktformel für die Aleph-Reihe)
Sei λ unendliche Limesordinalzahl. Dann gilt ∏β < λ ℵβ = ℵ|λ|λ.
Beweis
Wir zeigen die Aussage des Satzes durch Induktion über alle Limesordinalzahlen λ ≥ ω. Dabei verwenden wir:
(#) ℵcf (λ)λ ≤ ∏β < λ ℵβ ≤ ℵ|λ|λ
Induktionsanfang λ = ω:
Es gilt ∏n < ω ℵn = ℵωω nach der Produktregel für ω.
Induktionsschritt von λ nach λ + ω :
ℵ|λ|λ + ω | ≤ (∏n < ω ℵλ + n)|λ| = ∏n < ω ℵ|λ|λ + n |
=Hausdorff-Formel ∏n < ω (ℵ|λ|λ · ℵλ + n) | |
= (ℵ|λ|λ)ω · ∏n < ω ℵλ + n | |
= ℵ|λ|λ · ∏n < ω ℵλ + n | |
=I. V. ∏β < λ ℵβ · ∏n < ω ℵλ + n | |
= ∏β < λ + ω ℵβ |
Die Ungleichung ∏β < λ + ω ℵβ ≤ ℵ|λ|β gilt dabei nach (#).
Limesschritt λ (d.h. λ ist ein Limes von Limesordinalzahlen):
Ist λ eine Kardinalzahl, so folgt die Aussage aus der Produktregel für Kardinalzahlen. Sei also |λ| < λ. Sei 〈 λi | i < cf (λ) 〉 s. a. k. in λ mit:
(i) | λi ist eine Limesordinalzahl für alle i < cf (λ). |
(ii) | |λi| = |λ| für alle i < cf (λ). |
1. Fall: ℵ|λ|λi ≥ ℵλ für ein i < cf (λ). Dann ist
ℵ|λ|λ = ℵ|λ|λi =I. V. ∏β < λi ℵβ ≤ ∏β < λ ℵβ.
Aus (#) folgt die Behauptung.
2. Fall: ℵ|λ|λi < ℵλ für alle i < cf (λ).
Es gilt cf (ℵλ) = cf (λ) ≤ |λ|. Also gilt ℵ|λ|λ = ℵcf (λ)λ nach dem rekursiven Berechnungssatz. Aus (#) folgt die Behauptung.
Eine Analyse des Beweises zeigt:
Übung
Sei (TV) falsch, und sei λ die kleinste Limesordinalzahl, für die die Produktregel verletzt ist. Dann gilt λ = |λ| + ω.