3.Primzahlmuster

Dem Leser, der die Abstandstabelle betrachtet hat, ist vielleicht aufgefallen, dass gewisse zusammenhängende Teilfolgen wie zum Beispiel

2, 4, 2  oder  6, 6, 2, 6

häufiger auftreten, während andere wie zum Beispiel

2, 2  oder  4, 8

nur einmal oder gar nicht erscheinen. Wir definieren hierzu:

Definition (Primzahlmuster)

Sei (a1, …, ak) ein k-Tupel positiver natürlicher Zahlen. Wir sagen, dass das Muster (a1, …, ak) in der Abstandsfolge der Primzahlen auftaucht, wenn es ein n gibt derart, dass

gn = a1,  gn + 1 = a2,  …,  gn + k − 1 = ak.

Weiter sagen wir, dass das Muster (a1, …, ak) in den Primzahlen vorhanden ist, wenn es ein p gibt, sodass alle Zahlen

p,  p + a1,  p + a1 + a2,  …,  p + a1 + … + ak

Primzahlen sind.

 Der Leser beachte, dass bei der zweiten Form Primzahlen übersprungen werden dürfen, bei der ersten nicht. Taucht ein Muster in der Abstandsfolge auf, so ist es in den Primzahlen vorhanden. Die Umkehrung ist nicht offensichtlich.

Beispiele

(1)

Das 1-Tupel (2) entspricht den Primzahlzwillingen.

(2)

Die aufeinanderfolgenden Primzahlen 13, 17, 19, 23, 29 zeigen, dass das Muster (4, 2, 4, 6) in der Abstandsfolge auftaucht.

(3)

Die Primzahlen 13, 19, 29 zeigen, dass das Muster (6, 10) in den Primzahlen vorhanden ist.

 Da wir nicht einmal wissen, ob die 2 unendlich oft als Abstand zwischen zwei Primzahlen auftaucht, können wir weitergehende Fragen, ob zum Beispiel das Muster 4, 2, 4 unendlich oft in den Primzahlen vorhanden ist, erst recht nicht beantworten. Besser sieht es bei negativen Ergebnissen aus, die besagen, dass gewisse Muster höchstens endlich oft oder gar nicht vorhanden sind. Ein typisches Beispiel ist:

Satz (die Muster (2, 2), (4, 4) und (8, 14))

Die Muster (2, 2) und (4, 4) sind in den Primzahlen jeweils genau einmal vorhanden. Das Muster (8, 14) ist in den Primzahlen nicht vorhanden.

Beweis

Die Primzahlen 3, 5, 7 zeigen, dass das Muster (2, 2) vorhanden ist. Seien nun n, n + 2, n + 4 natürliche Zahlen mit n > 3. Dann besitzt n den Rest 0, 1 oder 2 bei Division durch 3. Im ersten Fall ist n durch 3 teilbar, im zweiten n + 2, im dritten n + 4. Damit ist eine der drei Zahlen durch 3 teilbar. Analoges gilt für 3, 7, 11 und n, n + 4, n + 8 mit n > 3. Das Muster (8, 14) kommt nicht vor, da in 3, 11, 25 die letzte Zahl nicht prim ist und in n, n + 8, n + 22 stets eine Zahl durch 3 teilbar ist.

 Die Reste von 2 und 2+ 2 bei Division durch 3 bilden die Menge { 1, 2 }, also alle Reste außer der 0. Diese Überlegungen motivieren:

Definition (zulässiges Muster)

Ein k-Tupel (a1, …, ak) positiver natürlicher Zahlen heißt ein zulässiges Muster der Länge k, falls für alle Primzahlen p gilt:

Es gibt ein r  ∈  { 1, …, p − 1 }, das kein Rest der Zahlen b1 = a1, b2 = a1 + a2, …, bk = a1 + … + ak bei der Division durch p ist.

 Die Zulässigkeit von (a1, …, ak) können wir leicht überprüfen. Wir bilden zunächst die Partialsummen b1, …, bk. Nun berechnen wir für alle Primzahlen

p = 2, 3, 5, 7, 11, …  mit  p ≤ k + 1

die Menge { r1, …, rk } der Reste von b1, …, bk bei Division durch p. Ergibt sich dabei { 0, …, p − 1 } oder { 1, …, p − 1 } für ein p, so ist das k-Tupel nicht zulässig. Andernfalls ist das k-Tupel zulässig. Denn für p > k + 1 ist die Menge { 1, …, p − 1 } aus Mächtigkeitsgründen keine Teilmenge von { r1, …, rk }.

Beispiele

(1)

Das 1-Tupel (1) ist nicht zulässig, da für p = 2 die Menge der Reste gleich { 1 } ist.

(2)

Das Tupel (2, 2) ist nicht zulässig, da für p = 3 die Menge der Reste von 2, 4 gleich { 1, 2 } ist.

(3)

Das Tupel (2, 4) ist zulässig. Die Mengen der Reste von 2, 6 sind

{ 0 } für p = 2,  { 0, 2 } für p = 3.

(4)

Das Muster (6, 6, 2, 6) ist zulässig. Die zu überprüfenden Mengen der Reste von 6, 12, 14, 20 sind:

{ 0 } für p = 2,  { 0, 2 } für p = 3,  { 0, 1, 2, 4 } für p = 5.

 Wir können nun viele Muster ausschließen:

Satz (unzulässige Abstandsmuster)

Sei (a1, …, ak) nicht zulässig. Dann ist das Muster (a1, …, ak) in den Primzahlen höchstens endlich oft vorhanden, d.h. es gibt höchstens endlich viele Primzahl-Folgen der Form

(+)  q,  q + b1,  q + b2,  …,  q + bk  mit  b1 = a1, …, bk = a1 + … + ak.

Beweis

Da das Muster nicht zulässig ist, gibt es eine Primzahl p, sodass die Reste von b1, …, bk bei Division durch p die Menge { 1, …, p − 1 } umfassen. Ist nun q > p eine Primzahl, so hat q einen von Null verschiedenen Rest r bei Division durch p. Ist nun i derart, dass bi den Rest p − r  ∈  { 1, …, p − 1 } bei Division durch p besitzt, so ist q + bi durch p teilbar. Dies zeigt, dass q ≤ p gilt, wenn alle Zahlen in (+) prim sind.

 Das Primzahltripel (3, 5, 7) illustriert die Bedingung q > p des Beweises: Das Tupel (2, 2) ist nicht zulässig mit p = 3. Analoges gilt für Primzahltupel (2, 3) und das unzulässige Muster (1).

 Auf der positiven Seite können wir aufgrund der vielen offenen Fragen lediglich Beispiele für Primzahlfolgen angeben, die zulässige Muster erfüllen.

Beispiele (ohne Überspringen)

Die ersten Beispiele für einige zulässige Muster in der Abstandsfolge der Primzahlen lauten:

(1)

Muster (2,  4) bis n = 1000:

(5,  7,  11),  (11,  13,  17),  (17,  19,  23),  (41,  43,  47),

(101,  103,  107),  (107,  109,  113),  (191,  193,  197),  (227,  229,  233),

(311,  313,  317),  (347,  349,  353),  (461,  463,  467),  (641,  643,  647),

(821,  823,  827),  (857,  859,  863),  (881,  883,  887).

(2)

Muster (2,  6,  4) bis n = 1000:

(29,  31,  37,  41),  (59,  61,  67,  71),  (71,  73,  79,  83),

(269,  271,  277,  281),  (431,  433,  439,  443)

(3)

Muster (4,  2,  4,  2) bis n = 1000:

(5,  7,  11,  13,  17),  (11,  13,  17,  19,  23),  (101,  103,  107,  109,  113)

(4)

Muster (10,  2,  6,  4,  2) bis n = 100000:

(13669,  13679,  13681,  13687,  13691,  13693),

(62119,  62129,  62131,  62137,  62141,  62143)

Beispiele (mit Überspringen)

Die ersten Beispiele für das Vorhandensein dieser Muster in den Primzahlen sind:

(1)

Muster (2,  4) bis n = 1000:  wie oben

(2)

Muster (2,  6,  4) bis n = 1000:

(5,  7,  13,  17),  (11,  13,  19,  23),  (29,  31,  37,  41),

(59,  61,  67,  71),  (71,  73,  79,  83),  (101,  103,  109,  113), 

(269,  271,  277,  281),  (431,  433,  439,  443)

(3)

Muster (4,  2,  4,  2) bis n = 1000:  wie oben

(4)

Muster (10,  2,  6,  4,  2) bis n = 100000:

(19,  29,  31,  37,  41,  43),

(1279,  1289,  1291,  1297,  1301,  1303),

(13669,  13679,  13681,  13687,  13691,  13693),

(62119,  62129,  62131,  62137,  62141,  62143),

(75979,  75989,  75991,  75997,  76001,  76003),

(88789,  88799,  88801,  88807,  88811,  88813)

 Das zulässige Muster (2) entspricht den Primzahlzwillingen. Primzahlpaare (p, p + 4) des zulässigen Musters (4) heißen auch Primzahlcousins. Die ersten Beispiele für Primzahlcousins sind

(3, 7),  (7, 11),  (13, 17),  (19, 23),  (37, 41),  (43, 47),  (67, 71),  (79, 83),  (97, 101).

Die zulässigen Muster (2, 4) und (4, 2) führen zu den Primzahldrillingen der beiden Typen

(p, p + 2, p + 6)  und  (p, p + 4, p + 6).

Beispiele für diese Drillinge sind (5, 7, 11) bzw. (7, 11, 13).